Persönlichkeit führt. Dietmar Hansch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dietmar Hansch
Издательство: Bookwire
Серия: Dein Business
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783862009633
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Aus dem Vorhandensein bestimmter genetisch geprägter Verhaltensneigungen kann keine Entschuldigung oder Rechtfertigung für ein Verhalten abgeleitet werden, das andere Menschen schädigt.

       Weitere wichtige Erbantriebe

      Die für die Themenstellung unseres Buches wichtigsten Erbantriebe sind:

      • Ruhe- und Schlafantrieb

      • Neugier- und Spielantrieb

      • Sexualantrieb

      • Eifersuchtsantrieb

      • Fürsorge- und Kooperationsantrieb

      • Aggressionsbereitschaft

      • Angstantrieb und Stressreaktion

      • Macht-, Status- und Kontrollantrieb

      • Bereitschaft zur Unterordnung

      Welche Bedeutung haben diese Antriebe heute für uns?

       Ruhe- und Schlafantrieb

       Zu wenig Bewegung

      Sind alle anderen Erbantriebe entspannt, setzt der Ruheantrieb ein: Es entsteht das Bedürfnis, sich auf ein warmes, weiches Plätzchen zu betten und dort möglichst wenig zu tun – sich zum Beispiel auf der Couch räkeln und fernsehen. Auch dies war für unsere Vorfahren sinnvoll: Es sparte Energie und verminderte Risiken – heute verschärft es das Problem, dass viele Menschen als Folge ihres Bewegungsmangels übergewichtig sind.

       Neugier- und Spielantrieb

       Körper und Umwelt lernend erkunden

      Insbesondere Kinder und Jugendliche entwickeln einen Drang, ihre Umgebung zu erkunden und die Möglichkeiten des eigenen Körpers im Bewegungsspiel auszutesten und zu erweitern. Aber die Neugier ist nicht auf die Kindheit beschränkt. Auch im Erwachsenenalter werden viele Menschen noch von der Suche nach Abwechslung und neuen Reizen umgetrieben.

       Sexualantrieb

       Warum die Neigung zum Seitensprung so verbreitet ist

      Einer der stärksten Erbantriebe ist der Sexualantrieb – über das ganze Drumherum muss man sich seit Oswald Kolle nicht mehr verbreiten. Da die Evolution auf eine möglichst hohe Nachkommenzahl abzielt, ist unser Bedürfnis nach immer neuen sexuellen Reizen ziemlich stark – bei den Männern meist noch etwas mehr als bei den Frauen (hierfür lassen sich evolutionstheoretische Gründe anführen, siehe Buss 1994). Daraus erwächst eine mehr oder weniger starke Neigung zu Seitensprüngen, und das selbst vor dem Hintergrund fester und harmonischer Beziehungen.

      Nach dem 30. Präsidenten der USA wird das als »Coolidge-Effekt« bezeichnet – offenbar ist es nicht erst seit der Clinton/Lewinsky-Affäre üblich, Probleme der menschlichen Sexualität am Beispiel der amerikanischen Präsidenten zu erläutern. Die zugrunde liegende Anekdote möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: Präsident Calvin Coolidge und seine Frau besichtigten eine Regierungsfarm, wobei es das Protokoll aus irgendwelchen Gründen wollte, dass beide getrennt durch die Anlagen geführt wurden. Als Mrs. Coolidge die Hühnerställe gezeigt wurden, fragte sie, ob der Hahn mehr als einmal täglich kopuliere. »Dutzende Male«, antwortete der Führer. »Sagen Sie dies bitte dem Präsidenten«, bat daraufhin Mrs. Coolidge. Als der Präsident wenig später durch die Hühnerställe ging und er über das Treiben des Hahns aufgeklärt wurde, fragte er: »Jedes Mal dieselbe Henne?« »Oh nein, Mr. President, immer eine andere!« »Sagen Sie dies meiner Frau«, bat der Präsident.

       Eifersuchtsantrieb

       Egoistische Gene

      Natürlich wäre es für unsere Gene, die nur an ihrer eigenen Ausbreitung interessiert sind, fatal, wenn unsere materiellen Ressourcen an fremde Kinder mit fremden Genen »verloren« gingen, anstatt dem Überleben unserer eigenen Kinder zu dienen. Deshalb pflanzten uns unsere Gene die Eifersucht ins Herz: Die Eifersucht des Mannes soll verhindern, dass er nach einem unbemerkten Seitensprung seiner Frau irrtümlich die Kinder eines fremden Konkurrenten durchfüttert. Die Eifersucht der Frau soll vermeiden, dass ihren Kindern die Ressourcen und der Schutz des Vaters verloren gehen, sollte er sich dauerhaft einer Geliebten zuwenden.

       Fürsorge- und Kooperationsantrieb

       Vor allem bei Verwandtschaft und Gegenleistung

      Viele überlebenswichtige Aufgaben schultern sich gemeinsam besser als allein, zum Beispiel die Aufzucht der Kinder oder die Jagd auf große Tiere. Um die entsprechenden wechselseitigen sozialen Verhaltensweisen in der Familie beziehungsweise in der Steinzeithorde sinnvoll aufeinander abzustimmen, mussten sich komplizierte Systeme erblicher Empfindungen und Verhaltensimpulse entwickeln. Zu ihnen zählen zum Beispiel: Empfindungen und Verhaltensweisen der partnerschaftlichen und elterlichen Liebe und Fürsorge, Verhaltensweisen der Kinder, die elterliche Zuwendung erzeugen (z.B. herzergreifendes Weinen), Mitgefühl und Hilfsbereitschaft, Bedürfnisse nach sozialen Beziehungen und Geborgenheit in einer Gruppe, Dankbarkeit sowie Schuld- und Schamempfinden.

      Auch dieser Antrieb ist leider nicht frei von »genetischem Egoismus«: Es gibt nachweislich Tendenzen, die Hilfe auf genetisch Verwandte zu beschränken, die ja quasi einen Teil der eigenen Gene als Kopie in sich tragen (Geschwister beispielsweise haben zu 50 Prozent übereinstimmende Gene). Außerdem richtet sie sich noch an gut bekannte Hordenmitglieder, von denen man Gegenleistungen erwarten kann, nach dem Prinzip »Wie du mir, so ich dir«. Tiere, Kinder und auch Erwachsene können gegenüber Fremden und Ausgestoßenen recht kalt und grausam sein.

       Gerechtigkeitsempfinden

      Gleichwohl ist in diesem Kontext wohl ein Gefühl für die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung entstanden. Dieser »Reziprozitätsinstinkt«, der auf gleichwertigen Austausch drängt, ist sicher eine wichtige Basis unseres Fairness- und Gerechtigkeitsempfindens.

       Aggressionsbereitschaft

       Wut bei Widerstand

      Die Erbgefühle Ärger und Wut, unter Umständen verbunden mit der Ausübung von Gewalt, werden ganz allgemein ausgelöst, wenn unser Verhalten auf Widerstände trifft. Dies können Gegenstände sein wie ein Baumstamm auf dem Wege oder ein eingerostetes Schloss, aber auch Lebewesen: ein angreifender Hund oder ein Mitmensch, von dem wir glauben, dass er uns in irgendeiner Weise behindert oder uns Böses will.

       Angstantrieb

       Urängste

      Werden der Widerstand oder die Bedrohung aber zu groß, entstehen Angst und Fluchtbereitschaft. Für Gefahrensituationen, denen bereits unsere Vorfahren häufig ausgesetzt waren, tragen wir eine angeborene Angstbereitschaft in uns. Dies betrifft vor allem die folgenden Dinge beziehungsweise Situationen:

      • große Höhen

      • Feuer

      • Raubtiere

      • Blut

      • Schlangen

      • Insekten

      • tiefes Wasser

      • Unwetter

      • Dunkelheit

      • große Entfernung zum schützenden Heim

      • enge Räume ohne Ausgang

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