Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 2. Augustinus von Hippo. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Augustinus von Hippo
Издательство: Bookwire
Серия: Die Schriften der Kirchenväter
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783849659875
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zu werden? Bewirkt er etwa, daß er nicht stirbt? Aber doch wenigstens, daß er später stirbt. Er erlangt keine Sicherheit vor der zu leistenden Schuld, sondern verlangt nur einen Aufschub. Wie lange es auch hinausgeschoben werden mag, es wird kommen, was verschoben wird. Jenen Tod sollen wir fürchten, den die drei Männer fürchteten, da sie zum Könige sagten: „Mächtig ist Gott, uns auch aus diesem Feuer zu befreien, aber auch wenn nicht“1214. Da war die Furcht vor jenem Tode, den der Herr soeben androht, indem sie sagten: Aber auch wenn er nicht offen befreien will, so kann er im Verborgenen krönen. Daher sagt auch der Herr selbst, der Märtyrer machen und selbst das Haupt der Märtyrer sein wollte: „Fürchtet nicht diejenigen, welche den Leib töten, und nachher nichts mehr zu tun vermögen“. Wie nun vermögen sie nichts mehr zu tun? Wie, wenn sie nach der Tötung den Leib den wilden Tieren zur Zerfleischung und den Vögeln zur Zerreißung hinwerfen? Da scheint die Wut noch etwas tun zu können. Aber wem geschieht das? Dem, der abgeschieden ist. Der Leib ist da, aber es ist keine Empfindung mehr vorhanden; die Wohnstätte ist da, aber der Bewohner ist fort. Also nachher „vermögen sie nichts mehr zu tun“; denn dem Empfindungslosen tun sie nichts. „Sondern fürchtet den, der Macht hat, sowohl den Leib wie die Seele zu töten im Feuer der Hölle“1215. Siehe, von welchem Tode er sprach, da er sagte: „Wer mein Wort hält, wird den Tod nicht schauen in Ewigkeit“. Halten wir also, Brüder, sein Wort im Glauben fest: Wir werden zur Anschauung gelangen, wenn wir die Freiheit in ihrem Vollmaße erlangen werden.

       13.

      Jene erzürnten Toten und zum ewigen Tode Vorherbestimmten aber antworteten schmähsüchtig und sagten: „Jetzt erkennen wir, daß Du einen Teufel hast. Abraham ist gestorben und die Propheten“. Allein jenes Todes, den der Herr meinte, ist weder Abraham gestorben noch die Propheten. Diese nämlich sind gestorben, und leben; jene lebten, und waren gestorben. Denn als der Herr an einer andern Stelle den Sadduzäern antwortete, die wegen der Auferstehung eine Frage aufwarfen, sagte er dies: „Betreffs der Auferstehung der Toten habt ihr nicht gelesen“, wie der Herr aus dem Dornbusche zu Moses sprach: „Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? Er ist kein Gott der Toten, sondern der Lebendigen“1216. Wenn aber diese leben, so trachten wir so zu leben, daß wir mit ihnen leben können, wenn wir gestorben sind. „Wozu machst Du Dich selbst“, sprachen sie, daß Du sagst: „Der wird den Tod nicht schauen in Ewigkeit, der mein Wort hält“, da Du doch weißt, daß Abraham gestorben ist und die Propheten?

       14.

      „Jesus antwortete: Wenn ich mich selbst verherrliche, ist meine Ehre nichts; es ist mein Vater, der mich verherrlicht.“ Dies sprach er, weil sie gesagt hatten: „Wozu machst Du Dich selbst?“ Denn er bezieht seine Ehre auf den Vater, von dem er als Gott ist. Bisweilen machen die Arianer auch wegen dieses Wortes eine rechtswidrige Einwendung gegen unsern Glauben und sagen: Siehe, der Vater ist größer, da er ja den Sohn verherrlicht. Häretiker, hast du nicht gelesen, daß auch der Sohn sagt, er verherrliche seinen Vater1217? Wenn sowohl der Vater den Sohn verherrlicht, als auch der Sohn den Vater verherrlicht, so lege ab die Hartnäckigkeit, erkenne die Gleichheit, verbessere die Verkehrtheit.

       15.

      „Es ist“ also, sagt er, „mein Vater, der mich verherrlicht, von dem ihr sagt, daß er euer Gott ist, und ihr kennet ihn nicht.“ Sehet, meine Brüder, wie er zeigt, eben jener Gott sei der Vater Christi, der auch den Juden verkündet wurde. Ich sage dies deshalb, weil wieder einige Häretiker behaupten, der im Alten Testament verkündete Gott sei nicht der Vater Christi, sondern ein gewisser Fürst der bösen Engel. Die Manichäer sind es, die das behaupten, die Marcioniten sind es, die das behaupten. Es gibt vielleicht noch andere Häretiker, die anzuführen entweder nicht notwendig ist, oder die ich im Augenblick nicht alle im Gedächtnisse habe; genug, es gab solche, die das behaupteten. Darum gebet acht, damit ihr wisset, was ihr diesen erwidern sollt. * Den* nennt Christus der Herr seinen Vater, den jene ihren Gott nannten und nicht erkannten; denn wenn sie ihn erkannt hätten, würden sie seinen Sohn aufgenommen haben. „Ich aber“, sagt er, „kenne ihn.“ Den fleischlich Urteilenden konnte er auch darum anmaßend erscheinen, weil er sagte: „Ich kenne ihn“. Aber sehet, was folgt: „Wenn ich sagen würde: ich kenne ihn nicht, so wäre ich gleich wie ihr ein Lügner“. Also die Anmaßung darf man nicht so sehr vermeiden, daß man die Wahrheit preisgibt. „Aber ich kenne ihn und halte sein Wort“. Das Wort des Vaters redete er als Sohn, und er war das Wort des Vaters, das zu den Menschen redete.

       16.

      „Abraham, euer Vater, jauchzte, daß er meinen Tag sähe, und er sah ihn und freute sich.“ Ein bedeutsames Zeugnis gibt dem Abraham der Same Abrahams, der Schöpfer Abrahams. „Abraham jauchzte“, sagt er, „daß er meinen Tag sähe.“ Er fürchtete nicht, sondern „jauchzte, daß er ihn sähe“. Denn in ihm war die Liebe, welche die Furcht austreibt1218. Er sagte nicht: Er jauchzte, weil er ihn sah, sondern „er jauchzte, daß er ihn sähe“. Gläubig fürwahr jauchzte er in der Hoffnung, daß er ihn sähe in der Erkenntnis. „Und er sah ihn.“ Was hätte der Herr Jesus Christus mehr sagen können oder was hätte er mehr sagen sollen? „Er sah ihn“, sagt er, „und freute sich.“ Wer erklärt diese Freude, meine Brüder? Wenn jene sich freuten, welchen der Herr die fleischlichen Augen öffnete, welches war dann die Freude desjenigen, der mit den Augen des Geistes das unaussprechliche Licht sah, das ewige Wort, den fromme Herzen bestrahlenden Glanz, die unendliche Weisheit, den beim Vater bleibenden Gott, der einmal im Fleische kommen und doch nicht den Schoß des Vaters verlassen sollte? Das alles sah Abraham. Denn wenn er sagt: „meinen Tag“, so mag ja nicht feststehen, was er meinte, ob nämlich den zeitlichen Tag des Herrn, an dem er im Fleische kommen sollte, oder den Tag des Herrn, der keinen Aufgang und keinen Untergang kennt. Aber ich zweifle nicht, der Vater Abraham habe alles gewußt. Und wo werde ich das finden? Oder muß uns das Zeugnis unseres Herrn Jesu Christi genügen? Angenommen, wir können es nicht finden, weil es vielleicht sehr schwierig ist, einleuchtend darzutun, daß Abraham „jauchzte“, den Tag Christi zu sehen, und daß „er ihn sah und sich freute“. Und wenn wir es nicht finden, könnte etwa die Wahrheit lügen? Glauben wir nur der Wahrheit und zweifeln wir nicht im geringsten an Abrahams Verdiensten. Doch vernehmet eine Stelle, die mir inzwischen einfällt. Als Vater Abraham seinen Knecht absandte, um für seinen Sohn Isaak eine Frau zu werben, da verpflichtete er ihn durch einen Schwur, daß er den empfangenen Auftrag getreu erfülle und auch selber wisse, was er tun solle. Denn es handelte sich um eine wichtige Angelegenheit, als für den Nachkommen Abrahams eine eheliche Verbindung gesucht wurde. Aber damit der Knecht das erkennen möchte, was Abraham wußte, daß er nämlich Enkel nicht in fleischlicher Weise begehrte noch betreffs seines Geschlechtes an etwas Fleischliches dachte, sprach er zu dem Knechte, den er sandte: „Lege die Hand unter meine Hüfte und schwöre beim Gott des Himmels“1219. Was hat der Gott des Himmels mit der Hüfte Abrahams zu tun? Schon erkennet ihr das Geheimnis: durch die Hüfte das Geschlecht. Was war also jener Schwur als ein Hinweis darauf, daß aus dem Geschlechte Abrahams der Gott des Himmels im Fleische kommen werde? Toren tadeln den Abraham, daß er sagte: „Lege die Hand unter meine Hüfte“. Die das Fleisch Christi tadeln, tadeln die Handlung Abrahams. Wir aber, Brüder, wollen, wenn wir das verehrungswürdige Fleisch Christi erkennen, jene Hüfte nicht verachten, sondern im prophetischen Sinne verstehen. Denn ein Prophet war Abraham. Wessen Prophet? Seines Nachkommens und seines Herrn. Auf seinen Nachkommen wies er hin, indem er sprach: „Lege die Hand unter meine Hüfte“; auf seinen Herrn wies er hin, indem er beifügte: „und schwöre beim Gott des Himmels“.

       17.

      Unwillig erwiderten die Juden: „Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast den Abraham gesehen!“ Und der Herr darauf: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham* wurde, bin* ich“. Erwäge die Worte und erkenne das Geheimnis. „Ehe Abraham* wurde.“ Verstehe: „er wurde“ bezieht sich auf die menschliche Erscheinung, „ich bin“ aber auf das göttliche Wesen. „Er wurde“, weil Abraham ein Geschöpf ist. Er sagt nicht: Ehe Abraham war, war ich, sondern: Ehe Abraham wurde* (der nur durch mich werden konnte), „bin ich“. Auch so sagte er nicht: Ehe Abraham wurde, bin ich geworden.