Runder Tisch
Sie treffe sich regelmässig mit dem HR-Verantwortlichen, einem Mann, zum Gespräch, weil er sich für Frauen und Diversität engagiere. Sie wolle konkret wissen, was er mache, beispielsweise was die Bedingungen für Frauen seien, wenn sie Mutter würden, und was die Firma dann anbiete. Als Folge davon würde sie einen runden Tisch mit Frauen organisieren, die im Unternehmen in Führungspositionen seien, um dieses Thema weiter zu diskutieren.
Führungsproblem
Bei ihnen gebe es keine spezielle Beziehung zum HR, denn wenn es um personelle Schwierigkeiten gehe, sei es nicht nur ein HR-, sondern eigentlich ein Führungsproblem. Deshalb sei es wichtiger, in einem Verwaltungsrat ein Mitglied mit Führungserfahrung zu haben als eines mit einem HR-Hintergrund.
Radar – ein Viertel für Mitarbeiterthemen
Die Themen Mitarbeiter, Mitarbeiterentwicklung, Talententwicklung und Nachfolgeplanung sollten jährlich auf den Radar des Verwaltungsrates kommen, sonst würde man etwas falsch machen. Drei Viertel der Zeit beschäftige sich der Verwaltungsrat mit Investmententscheidungen, ob man eine Firma kaufe oder nicht, eine abstosse oder nicht, wo man investiere. Das sei natürlich wichtig, aber auch sehr männlich geprägt. Nur ein Viertel der Beschäftigung bleibe noch für Mitarbeiterthemen und ein bisschen Markenpflege. Sie würde gerne dem Thema Mitarbeiter ein höheres Gewicht geben; aus ihrer Optik komme dieses zu kurz, vor allem, weil es Firmen gebe, die keine andere Resource haben als den Menschen. Man delegiere dieses Thema zu oft an den operativen Bereich.
Affinität zu Frauenthemen
Wenn es um eine Neubesetzung in der Geschäftsleitung gehe, werde sie laufend vom HR beigezogen; das interessiere sie eben sehr. Auch der CEO rufe sie an, weil er wisse, dass sie zu Frauenthemen eine besondere Affinität habe. Sie mahne immer wieder, ob man genügend divers sei im Unternehmen, das heisse für sie speziell, ob es genügend weibliche Mitarbeiter habe. Immer wieder würden Frauen sie fragen, ob sie ihnen Zugang zu einer Anstellung in der Firma geben könnte. Schon deshalb habe sie ständigen Kontakt zum HR.
Verwaltungsräte äusserten sich dazu wie folgt:
Vergütungsausschuss
Als Präsident des Vergütungsausschusses habe man automatisch mehr Kontakt zum HR. Es gebe Extrasitzungen, Vorbereitungen für die Entlöhnung des Topmanagements, schon deshalb habe man eine engere Beziehung zum HR. Einzelne Verwaltungsratsmitglieder hätten auch einen HR-Hintergrund; man suche aber nicht gezielt danach.
Unternehmenskultur – Nachfolgeplanung
Es komme ein bisschen darauf an, was die Bedeutung des HR in einem Unternehmen sei, das sei sehr unterschiedlich und hänge auch von der Unternehmenskultur ab. Er sei in einem Verwaltungsrat, wo der Unternehmenserfolg eindeutig in der Unternehmenskultur liege, was heisse, die Mitarbeiter wachsen zu lassen, sie zu unterstützen und ihnen ein persönliches Umfeld zu geben. Auch dürften Fehler gemacht werden, nicht zuletzt um daraus etwas zu lernen. All das gehöre zu einer guten Unternehmenskultur. Im Verwaltungsrat seien drei ehemalige Mitarbeiter der Firma, die mit dieser Kultur aufgewachsen seien. Diese Leute seien sehr sensibel, was HR-Fragen anbelange und stehen dem Unternehmen natürlicherweise näher als externe Verwaltungsräte. Grundsätzlich würde er aber schon sagen, dass die Beziehung zum HR via CEO eine Aufgabe des Verwaltungsratspräsidenten als oberster Personalentwickler sei. Eine der grössten Aufgabe sei die Nachfolgeplanung der Konzernleitungsmitglieder.
Gefühl für Leute – Tellerrand
Das HR sei eine Stabsfunktion. Im Verwaltungsrat hätten meist drei Mitglieder eine langjährige grosse Führungserfahrung und tausende Leute geführt. Das sei, was man brauche: nicht primär HR-Kompetenz, sondern einfach das Gefühl für Leute. Eine Frau sei bei ihm Chefin des HR und auch in der Konzernleitung. Sie sei an der Hälfte der Verwaltungsratssitzungen dabei. Insofern sei das HR schon im Verwaltungsrat vertreten und könne Anliegen vorbringen. Zu den HR-Leuten habe er eine eigene Meinung: unter 100 von ihnen gebe es aus seiner Sicht etwa fünf, die man gebrauchen könne. Vielleicht seien Leute im HR tätig, die von ihrem Fach zwar eine Ahnung hätten, aber nicht über den Tellerrand hinausschauen könnten.
Rein administrative Aufgabe
Sie hätten keinen HR-Manager im Verwaltungsrat und auch niemanden, der sich des HRs speziell annehmen würde, obwohl sie eine grosse Firma seien. Das HR sei bei ihnen eine rein administrative Aufgabe.
Bestimmte Traktanden
Spitzenpositionen für die Geschäftsleitung würden immer klar vom Verwaltungsrat bestimmt. Die HR-Verantwortlichen würden zu bestimmten Traktanden eingeladen. Es sei keine Person im Verwaltungsrat speziell für den HR-Bereich zuständig.
4.Beziehungen des Verwaltungsrates zur Öffentlichkeit
Frage: Was für Beziehungen pflegt der Verwaltungsrat zur Öffentlichkeit?
Lassen Sie mich kurz ausholen. Ich bin der Auffassung, dass der Öffentlichkeit vermehrt erklärt werden sollte, wie die Wirtschaft und ein Finanzsystem funktionieren. Sachverhalte in der Wirtschaft, Erfolge, Misserfolge, Prognosen, Ereignisse, Ergebnisse, Entscheidungsgrundlagen, sollten so kommuniziert werden, dass die Menschen sie verstehen, sich eine Meinung bilden und besonders bei Abstimmungen qualifizierte Entscheidungen treffen können. Ein langfristiges Ziel sollte sein, aufklärend Einfluss zu nehmen, wie eine zum Nutzen von uns allen nachhaltige Wirtschaft funktioniert. Dazu braucht es Wirtschaftsvertreter, dazu zähle ich sämtliche Verwaltungsratsmitglieder, die in der Bevölkerung als glaubwürdig, vertrauensvoll und authentisch wahrgenommen werden und persönlich hin stehen, eine Meinung äussern und auch gewillt sind, aktiv den Kontakt zur Gesellschaft zu suchen. Es braucht Personen, ja Persönlichkeiten! Das wäre eine Idealvorstellung der Wirtschaft in ihrer Beziehung zur Bevölkerung.
Leider ist dies im Alltag nicht die Realität und führt mehr und mehr zu Spannungen in der Öffentlichkeit. Ein Beispiel dafür sind die ewigen Diskussionen um die Managerlöhne. Es ist einfach nicht nachvollziehbar, wie sich vereinzelte Manager Saläre in zweistelliger Millionenhöhe auszahlen können, während ihr Unternehmen fast keinen Gewinn macht und der Aktienkurs laufend am Sinken ist. Ich weiss, dass es nur wenige Firmen betrifft, wo die Manager so funktionieren. Aber die Aussenwirkung solcher Handlungen und Entscheidungen ist enorm und vergiftet die Stimmung landauf landab. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil sämtliche Manager medial pauschalisiert und unter den Generalverdacht gestellt werden, ungerechtfertigt hohe Boni und Abfindungen zu kassieren. Ich lese wenig in den Medien, dass es sich dabei fast immer um Einzelfälle handelt und der Leser doch lieber die Ausnahmen nicht verallgemeinern sollte. Also, bitte nicht alle Manager in denselben Topf!
Dieser «bitte-nicht-verallgemeinern»-Kommentar findet fast ausschliesslich medial Anwendung, wenn es sich um Religionen, Migranten, Länder, geschlechtliche Stereotypen handelt, aber nicht, wenn es sich um gierige Einzelfälle in der Wirtschaft handelt. Da wird in den Medien darauf losgeschrieben und Neid gefüttert. Mit der Folge, dass einerseits wirtschafts- und standortfeindliche Vorlagen verlangt werden und andererseits