Unsere Liebe auf deiner Haut. E.M. Lindsey. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: E.M. Lindsey
Издательство: Bookwire
Серия: Irons and Works
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958238480
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Derek die Stirn. »Geht es ihm gut?«

      »Ja«, sagte sie und schniefte. »Er hat einen eingewachsenen Zehennagel, aber er wollte nicht auf mich hören, als es vor zwei Wochen angefangen hat, sich zu entzünden. Deshalb muss er nun die Schmerzen ertragen, wenn der Nagel entfernt wird, weil er es anscheinend besser wusste als seine Frau.«

      Derek wich zurück. »Da halte ich mich raus.«

      Kat lachte. »Weise Entscheidung. Ich habe mir deinen Terminplan angesehen. Ich könnte dir die Mädchen um zwei Uhr abnehmen. Du hast um drei jemanden, richtig?«

      Derek nickte. »Ja, es ist nur eine Beratung. Danach Konturen bei einem meiner Stammkunden. Das wird um die zwei Stunden dauern. Danach um halb sechs einen Termin für Schattierungen, was den Rest des Nachmittags in Anspruch nehmen wird. Wieso? Brauchst du mich?«

      »Nee«, meinte sie und winkte ab. »Tony wird wahrscheinlich weiterarbeiten wollen, wenn er zurück ist. Du weißt doch, wie er ist, wenn seine Planung durcheinandergerät.«

      »Daran ist er selbst schuld«, sagte Derek pflichtschuldig.

      Kat zwinkerte ihm zu und winkte ab, dann ging er durch die Türen, während er immer noch Maisys Hand hielt. Ein Schopf aus lavendelfarbenem Haar neben kurzen, spitzen schwarzen Locken sagte ihm, dass Emily und ihr Mann Marcus gemeinsam an ihren Skizzen arbeiteten, und er entdeckte Mat, der sich über seinen Zeichentisch neben seinen bereits verpackten Materialien beugte.

      »Hey, Mann«, sagte Derek zu Mat und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

      Mat schaute lächelnd auf und kitzelte Maisy unter dem Kinn. »Hey, Kleine. Hast du mich vermisst?«

      »Nein«, sagte sie freiheraus.

      Mats Augen weiteten sich schockiert und er sah aus wie ein getretener Hund, was Derek einfach zu niedlich fand. Mat und er standen sich wahrscheinlich am nächsten, denn sie hatten gemeinsam mit der Ausbildung angefangen und hatten einen ähnlichen Stil. Manche ihrer Kunden kamen nur zu ihnen beiden. Mat gehörte nicht zu der Art Mensch, an die Derek gewöhnt war ‒ er war ruhig und ging Konflikten aus dem Weg. Doch allmählich war Derek mit ihm warm geworden und abgesehen von Sam war er der Mensch, dem Derek die meisten seiner Probleme anvertraute.

      Dabei half es, dass Mat selbst Probleme hatte. Vor Jahren war er in einen Autounfall mit einem betrunkenen Fahrer verwickelt gewesen und hatte sechs Monate im Koma gelegen. Nachdem er wieder aufgewacht war, hatte er praktisch alles neu erlernen müssen, wenn auch nicht durchweg erfolgreich. Während seines Krankenhausaufenthaltes war er wieder auf die Füße gekommen und hatte wieder gelernt zu sprechen, aber geschriebene Wörter und Zahlen konnte er immer noch nicht verstehen ‒ er meinte, dass das alles wie das Alphabet von Außerirdischen aussehen würde, und keine Therapie hatte es geschafft, das rückgängig zu machen. Aber er konnte zeichnen. Das war ein wichtiger Teil seiner Therapie in der Reha-klinik gewesen.

      Zum Zeitpunkt des Unfalls war er verheiratet gewesen, aber der Stress war seiner Frau zu viel geworden und sie hatte ihn verlassen, als er gerade aus der Klinik entlassen worden war. Nach der Scheidung war er nach Fairfield gezogen ‒ er konnte große Städte nicht ertragen, aber er brauchte auch die Möglichkeit, in der Menge verschwinden zu können. So hatte er Tony und Kat kennengelernt und so nahm alles seinen Gang. Der Laden von Tony und Kat war perfekt für einen tätowierten Künstler, dessen Gehirn ihm nicht erlaubte, seine eigene Buchhaltung zu machen oder sich um seine Terminplanung zu kümmern. Er passte zu Irons and Works, als wäre er schon von Anfang an dabei. Sein Privatleben behielt Mat größtenteils für sich und niemand drängte ihn, nach vorn zu blicken, obwohl Derek nicht umhinkonnte, sich zu fragen, ob sein Freund allmählich unter der Last der Einsamkeit zusammenbrach. Doch es stand ihm nicht zu, sich dazu zu äußern, deshalb behielt er seine Sorgen für sich.

      »Sie ist schlecht gelaunt«, erklärte er und schob Maisy in Richtung der Schwingtür, die zur Lobby führte. »Na los, geh zu Sage«, sagte er zu ihr. »Er wartet mit Jazzy auf dich.«

      Maisy erstrahlte und rannte in die Lobby, wo Dereks Bruder das kleine Mädchen freudig begrüßte. Als er sicher war, dass sie in guten Händen war, drehte er sich wieder zu Mat und lächelte.

      »Nimm das nicht persönlich, Mann.«

      »Tue ich nicht«, erwiderte Mat, aber sein Tonfall sagte etwas ganz anderes. »Wie geht es dir? Du hast wieder diesen Blick.«

      Derek seufzte. Es gefiel ihm gar nicht, dass man ihm seine Gefühle so sehr ansehen konnte, aber er log seine Familie im Laden nicht an. »Ich hatte eine harte Nacht. Hab in einem dieser Geldautomatenräume festgesessen, als der Strom ausgefallen ist. Da hatte ich eine schlimme Panikattacke.«

      Mat stand auf und berührte Derek an der Schulter. »Scheiße, alles okay? Soll ich dir heute ein paar deiner Kunden abnehmen? Ich kann einige Termine verlegen, wenn du etwas Zeit brauchst.«

      Derek lächelte ihn an. »Danke, aber es geht schon. Ich war nicht allein. Der Typ, der mit mir eingeschlossen war, hat mich abgelenkt. Und auf May aufzupassen, hilft mir mit dem Rest. Sam musste nach Denver, um für diese Idioten mal wieder Männchen zu machen, deshalb ist sie mehr oder weniger für den Rest des Tages bei mir.«

      Mat zog die Augenbrauen zusammen und sein Blick verdüsterte sich. »Ernsthaft?«

      »Ernsthaft«, sagte Derek seufzend. »Eine weitere psychiatrische Beurteilung, und er sagt, dass Mays Sozialarbeiterin ‒ oder ihr Boss oder so ‒ will, dass er noch einen Kurs macht, um zu beweisen, dass er sich trotz seiner Behinderung um ein Kind kümmern kann.«

      »Diese verdammten Wichser«, knurrte Mat.

      »Da hast du recht.« Derek löste seine zu Fäusten geballten Hände, als seine Muskeln begannen, vor Anspannung zu brennen. »Aber ich habe versprochen, nichts zu sagen. Ich vermute, dass sie noch ein paar Schlipsträger herschicken werden, um sicherzugehen, dass wir nicht mit Drogen dealen oder Jungfrauen opfern. Da sollten wir vorbereitet sein.«

      Mat verdrehte die Augen. »Ich sage Tony Bescheid, wenn er wieder da ist.«

      »In Ordnung.« Derek lachte, als Jasmines freudiges Kreischen den stillen Raum erfüllte. »Ich sollte mich auf den Weg machen, bevor die Prinzessinnen eine Revolution anzetteln, weil es zu lange dauert, bis sie ihr Mittagessen bekommen. Arbeitest du heute lange?«

      »Die ganze Nacht. Sage hat mich gebeten, ihm heute die Laufkundschaft abzunehmen. Ich bin also da.«

      »Ich kann dir nachher was mitbringen, wenn du willst. Schreib mir einfach eine Nachricht.« Derek legte die Hand an Mats Nacken und drückte ihn kurz, dann trat er zurück und ging zu der niedrigen Schwingtür. Er fand seinen Bruder vor, der Jasmine am Fußknöchel fünf Zentimeter über der weichen Ledercouch hielt, während das kleine Mädchen freudig quietschte. »Wenn Tony das sieht, schneidet er dir die… Walnüsse… ab und überreicht sie dir in einem Glas.«

      Sage lachte auf, dann drehte er das Mädchen wieder um und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Tony vertraut mir voll und ganz. Aber egal. Wer hat Hunger?« Dabei gebärdete er mit einer Hand und sowohl Jasmine als auch Maisy klatschten in die Hände, während er sie hinausführte.

      Basil ignorierte seine Schwester bewusst, während er sich ganz auf seine Blumenarrangements konzentrierte. Im Frühling hatten sie am meisten zu tun ‒ es gab den Muttertag, Schulabschlüsse, Hochzeiten und religiöse Feiern, weshalb sie von morgens bis abends ausgelastet waren. Dass er auf diese Weise sein Geld verdienen konnte, dämpfte seinen Unmut darüber, dass er in so einer kleinen Stadt wie aus dem Bilderbuch leben musste. Sie war peppig und modern, aber es war eine typische Kleinstadt, was in seinen Augen bedeutete, dass die Einwohner sich übergroße Mühe gaben, so zu tun, als hätten sie kein Problem mit Gehörlosigkeit. Es amüsierte ihn immer wieder, dass hörende Leute glaubten, ihr Gebrüll würde ihm helfen, sie zu verstehen, oder wenn sie lautlos sprachen und ihre Worte übertrieben artikulierten, oder wie sie einfach nicht akzeptieren wollten, dass er nicht von den Lippen las.

      Ein paar Dinge verstand er, aber die Leute wollten einfach nicht einsehen, dass es ihm, der von Geburt an gehörlos war, schwerfiel, das Konzept der Sprache zu verstehen. Er fand Englisch