Die Templer im Schatten 2: Blutregen. Stefan Burban. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefan Burban
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783864027642
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Das könnte euch umbringen. Beherrscht euch! Besinnt euch auf eure Aufgabe und eure Pflicht! Ihr gehört zum Templerorden im Schatten. Vergesst das niemals!«

      Der Mann erhob sich und senkte beschämt das Haupt. Er brachte kein Wort heraus, sondern neigte den Kopf in stiller Zustimmung nach vorne.

      Ein solches Schlachtfeld wirkte auf einen Vampir wie Alkohol oder Opium auf einen Sterblichen. Das Blut nährte ein fast unstillbares Verlangen. Christian war insgeheim froh, dass es nur einer war, der seinem Durst beinahe nachgegeben hätte. Es hätte durchaus schlimmer kommen können.

      Auf einen Wink Christians trat Karl näher. »Sie kamen von Norden«, erklärte er ohne Umschweife. »Ungefähr dreißig Mann zu Fuß und halb so viele Berittene. Sie haben die Menschen bei der Abendandacht in der kleinen Dorfkirche überrascht.«

      Christian kannte seinen Freund lange genug, um zu wissen, dass dieser noch nicht fertig war mit seinem Bericht. Er wartete geduldig, bis der ehemalige Johanniter fortfuhr.

      »Das ist noch nicht alles«, meinte Karl. »Sieh dir den Hals der Frau an.«

      Christian drehte sich halb um. Sein Blick glitt zielsicher über den Körper der ermordeten Dorfbewohnerin. Er wusste sofort, worauf sein Freund hinauswollte.

      Am Hals der Frau, genau dort, wo die Schlagader verlief, prangten zwei nahezu kreisrunde Löcher im Fleisch. Christian wandte sich von Ekel erfüllt ab. »Es waren Vampire dabei«, flüsterte er.

      Karl nickte. »Den Spuren nach nur einer. Vermutlich der Anführer.«

      Christian rieb sich über das nur unzureichend rasierte Kinn. »Und die anderen? Blutsklaven vielleicht?«

      »Ist anzunehmen. Warum sonst sollten sie einem Vampir folgen?«

      Christian schnaubte. »Du weißt, wieso. Vampire fanden schon immer großen Gefallen daran, Menschen für ihre Drecksarbeit einzusetzen. Das hier ist möglicherweise nicht anders. Du weißt, wie es läuft: Wenn der Preis stimmt, wird es immer Abschaum geben, der die eigenen Leute verrät.«

      Karl nickte langsam. »Wie gehen wir vor? Der Duft der Angreifer liegt noch immer in der Luft. Wir könnten sie verfolgen und erledigen. Ich hätte gute Lust, ein paar Hälse zu brechen.«

      Christian hob den Blick gen Himmel. »Verführerischer Gedanke, aber nein. Die Sonne geht bald wieder auf. Wir sind zwar in der Nähe von Nottingham, werden die Stadt aber wohl nicht vor Tagesanbruch erreichen. Ich halte es für sinnvoller, eines der Gasthäuser aufzusuchen, die Matthew erwähnt hat.«

      Karl verzog die Miene. »Schade. Die Menschen hier verdienen Gerechtigkeit. Und wenn das nicht zu erreichen ist, dann doch wenigstens Rache.«

      »Keine Sorge, Bruder. Wir werden sie nicht vergessen. Ihre Zeit wird kommen.«

      Karl sah sich vielsagend um. »Was ist mit den Leichen? Nehmen wir uns die Zeit, sie zu beerdigen?«

      Christian verzog schmerzhaft berührt die Miene. »Auch darauf müssen wir verzichten. Es wäre für jeden, der vorüberkommt, ein sicheres Zeichen, das wir hier waren. Und wir wissen nicht, ob uns die unbekannten Angreifer von diesem Schiff gestern Nacht immer noch folgen. So leid es mir tut, aber wir müssen diese Menschen liegen lassen.«

      Karl erwiderte nichts darauf und trottete mit gesenktem Kopf verdrossen davon. Christian konnte ihm das sehr gut nachempfinden. Das hier waren hart arbeitende, einfache Leute gewesen. Und irgendjemand hatte es für nötig befunden, mit verachtenswerter Beiläufigkeit ein Exempel an ihnen zu statuieren. Aus welchem Grund auch immer.

      Christian straffte seine muskulöse Gestalt. Er hatte allerdings jedes Wort ernst gemeint. Diese Menschen würden ihre Gerechtigkeit bekommen. Er würde dieses Massaker nicht vergessen – und ganz sicher würde er es nicht vergeben.

      Die kleine Truppe erreichte etwa eine halbe Stunde vor Tagesanbruch einen kleinen Gasthof. Der Stallknecht machte große Augen, dass eine Gruppe Ritter ohne Pferde das Anwesen betrat und sich sofort in den Schankraum begab.

      Karl warf ihm eine kleine Münze zu, die vermutlich mehr wert war, als er in einem ganzen Jahr verdiente. Der Stallknecht bedankte sich überschwänglich und zog sich rückwärts in den Stall zurück, sich immer wieder so tief verneigend, dass Christian sich wunderte, warum er nicht mit der Stirn auf den Boden schlug.

      Der Schankraum war relativ klein, aber warm und – was noch wichtiger war – der Wirt war kein Freund von Sonnenlicht. Alle Läden waren geschlossen. Die einzigen Lichtquellen stellten Kerzen auf den Tischen, ein paar an der Wand angebrachte Kerzenhalter sowie ein prasselndes Feuer im Kamin dar. Über dem Feuer briet ein ganzes Schwein. In früheren Zeiten hätte der Geruch Christian das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Nun jedoch löste er fast schon Übelkeit aus.

      Der Schankraum war gut besucht. Außer einigen Tagelöhnern, die hier ihren spärlichen Lohn ausgaben, saßen noch einige Söldner an zwei Ecktischen.

      Die Templer um Christian hielten den Kopf gesenkt oder so weit wie möglich im Schatten einer Kapuze verborgen. Niemand sollte ihre gelben Augen sehen. Die Söldner musterten die Neuankömmlinge aufdringlich. Sie waren offenbar auf Streit aus, doch die grobschlächtigen Kerle widmeten sich wieder ihrer Mahlzeit, als keiner der Ritter die unausgesprochene Herausforderung annehmen wollte.

      Der Wirt eilte herbei und wischte sich die Hände an seiner vor Fett triefenden Schürze ab. Christian fragte sich, ob die Hände dadurch nicht vielleicht schmutziger werden würden, als sie zuvor gewesen waren.

      »Darf ich den Herren etwas Bier und ein Stück vom Spanferkel anbieten?«, erklärte er eifrig. »Ganz frisch und ganz heiß.«

      Christian schüttelte den Kopf. »Nur Wasser.«

      Der Schankwirt stutzte. »Wasser? Für Euch alle?«

      »Du hast ihn gehört«, meinte Matthew und funkelte den Wirt böse an. Dabei blitzten seine gelben Augen unter der Kapuze hervor. Auf einen strengen Blick Karls senkte der Ritter das Haupt erneut. Es war aber schon zu spät.

      Der Wirt erbleichte auf der Stelle. »Nur Wasser«, stotterte er. »Sehr wohl, die Herren.« So schnell seine kurzen Beine ihn trugen, eilte er davon.

      Einige der Templer befingerten nervös ihre Waffen. Christian warf Karl einen schnellen Seitenblick zu. »Eine seltsame Reaktion.«

      Karl runzelte die Stirn. »Von dem? Dem Wirt?«

      Christian nickte. »Die meisten sind verwundert, verwirrt oder neugierig, wenn sie zum ersten Mal unsere Augen bemerken. Aber er hatte Todesangst.«

      Karl merkte auf. Die Erkenntnis zeichnete sich auf dessen Gesicht ab. »Er wusste, was Matthews Augen bedeuten.«

      Christian presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie erschienen wie ein einzelner blutleerer Strich. »Der Wirt hat schon einmal Vampire gesehen. Er wusste sofort, was die Augenfarbe bedeutet.« Christian sah sich unter diesem Gesichtspunkt noch einmal im Schankraum um. Die Sonne war bereits aufgestiegen. Man konnte schmale Streifen Licht durch die Fensterläden aufblitzen sehen. Dennoch machte niemand auch nur Anstalten, sie zu öffnen, um etwas Licht hereinzulassen.

      Christian stieß einen derben Fluch aus. »Meine Freunde, ich befürchte, wir sind direkt in die Höhle des Löwen marschiert.«

      Karl griff unter dem Tisch nach dem Heft seines Schwertes, aber Christian beugte sich hinüber und packte ihn am Arm. »Noch nicht. Kein Streit, wenn es nicht notwendig ist.«

      »Aber es sind Vampire hier«, zischte Karl. »So muss es sein. Die Fensterläden sind ihretwegen verschlossen.«

      »Warten wir erst einmal ab. Ich will keinen Kampf, wenn wir es vermeiden können.«

      »Wer immer die sind, sie werden nicht unbedingt auf unserer Seite sein.«

      »Sehr gut möglich, aber wir finden vielleicht mehr heraus, wenn wir auf Besonnenheit setzen statt auf rohe Gewalt.«

      Eine junge Frau Anfang zwanzig kam aus der Küche mit einem Tablett voller Krüge. Sie trug sie an den Tisch, stellte sie ab und machte sich davon, um