All das passierte direkt vor mir wegen dem, wer ich bin. Ich bin Emma Alderisi, Ashers kleine Schwester und das Goldkind meiner reichen Eltern. Meine Mutter und Vater hatten hervorragende Arbeit geleistet, mich dazu zu erziehen, unmögliche Standards für Männer und die Welt im Allgemeinen zu haben, sodass ich mit vierundzwanzig noch immer Jungfrau bin.
Mein Blick schweift zu Jameson und ich beiße mir auf die Lippe. Er weiß davon natürlich nichts. Genauso wie er nicht weiß, dass ich, seit ich fünfzehn war, einen Plan habe.
Den Plan, dass Jameson mein Erster sein wird.
Unglücklicherweise weiß Jameson, trotz all meiner Flirtversuche, praktisch nicht, dass ich überhaupt existiere. Für ihn bin ich einfach nur Ashers unschuldige kleine Schwester.
Wenn er nur ansatzweise von dem wüsste, was in meinem Kopf vor sich geht…
Ja, ich weiß, dass Jameson so schwarz ist, wie ich weiß bin. Ich weiß, dass er die High School nie beendet hat. Ich weiß, dass er bis vor ein paar Jahren hinter einer Bar gearbeitet und gesurft hat und auf nichts anderes als das aus war.
Ich weiß, dass er fast ein Jahrzehnt älter ist als ich. Das weiß ich wirklich, wirklich.
Aber diese Fakten ändern nicht, wie ich für ihn empfinde. Wenn überhaupt lassen sie den verworrenen Knoten an Emotionen, den ich jedes Mal spüre, wenn Jameson auch nur in meine Richtung blickt, größer werden.
Mir gegenüber regt sich Jameson. Er ächzt und sein ganzes Gesicht zieht sich schmerzlich zusammen, ehe er auch nur seine umwerfenden braun-schwarzen Augen öffnet.
„Ffffffffuckkkkk“, flüstert er.
Dann öffnet er seine Augen. Er braucht eine Sekunde, um mich anzuschauen, doch als er es tut, weiten sich seine dunklen Augen. „Heilige Scheiße. Was zum Henker machst du in meinem Bett?“
Ich unterdrücke ein Grinsen. „Sieh dich um. Das ist eindeutig mein Bett.“
Er sieht sich um und flucht erneut.
„Was zur Hölle mache ich hier?“ Dann scheint sich seine Panik zu verdoppeln. „Oh Gott, wir haben nicht –“
Er spät unter die Decke, in die er gewickelt ist, und erbleicht. Darüber muss ich einfach kichern.
„Nein, wir haben nichts gemacht.“ Ich verdrehe die Augen. „Erstens warst du viel zu betrunken dafür. Und damit meine ich… richtig, richtig betrunken. Und zweitens würdest du dich daran erinnern, wenn wir Sex gehabt hätten.“
Der letzten Aussage füge ich ein kleines Grinsen hinzu. Die Erleichterung, die über sein Gesicht huscht, ist irgendwie witzig. Und auch irgendwie schmerzhaft, aber hauptsächlich lustig. Jameson stöhnt einfach nur und zieht sich das Kissen übers Gesicht.
„Ich bin vielleicht noch immer betrunken“, brummelt er, gedämpft von dem Kissen. „Meine Fresse, wenn Ash wüsste, dass ich gerade hier bin, würde er mich umbringen. Und wenn er dächte, ich hätte dich tatsächlich gevögelt? Er würde die Bar niederbrennen und dann unser Haus und dann würde er mich ermorden.“
Ich seufze. „Ja, ja. Ich kapier’s. Ich werde Asher nicht verraten, wo du übernachtet hast. Du sahst nur so aus, als bräuchtest du einen Ort zum Schlafen, der nicht das Cure war.“
Jameson zieht das Kissen von seinem Gesicht und blinzelt in das helle Sonnenlicht, das durch mein Schlafzimmerfenster scheint. „Das wäre nicht das erste Mal und es wird auch nicht das letzte Mal sein.“
„Hmm“, mache ich nichtssagend. „Nun, ich muss zur Jurabücherei. Ich kann dich hier liegen lassen, damit du weiterschlafen kannst…“
„Ne, ne“, wehrt er ab und stemmt sich mühsam nach oben. „Ich muss in die Gänge kommen. Ansonsten werde ich für immer in deinem Bett liegen bleiben. Das willst du nicht.“
Ich möchte sagen, Versprochen?, aber ich tue es nicht.
„Da du wach bist, wie wäre es mit Kaffee?“, frage ich. Ich muss mich sehr anstrengen, nicht meine Zunge zu verschlucken, als er aufsteht und mir einen langen Blick auf seinen muskulösen Hintern gewährt.
Bis zu genau diesem Moment hätte ich nie gedacht, dass ich mir überhaupt etwas aus Hintern mache. Es ist eine Offenbarung. Ich kann die leichte Bräunungslinie ausmachen, die er bekommt, weil er seinen Neoprenanzug häufig nur zur Hälfte anhat.
Nur allzu bald findet er seine Jeans und zieht sie über seine langen Beine. Keine Unterwäsche. Das ist ein anderer Fakt, den ich nicht so schnell vergessen werde.
Natürlich trägt er keine Unterwäsche. Wie unglaublich Jameson von ihm.
„Kaffee wäre super“, gähnt er und dreht sich um. „Hast du mein Shirt gesehen?“
Ich deute zur Lampe, wo sein Shirt gestern Nacht gelandet ist, als er sich ausgezogen hat. Er wendet sich ab, um es zu holen.
Ich stehe auf, da mir bewusst wird, dass ich vermutlich mehr als das übergroße T-Shirt und winzigen Schlafshorts, die ich anhabe, anziehen sollte. Zum Glück fragt Jameson als Nächstes nach dem Badezimmer.
„Den Flur runter auf der rechten Seite“, sage ich. Ich lasse einen leisen erleichterten Seufzer entweichen. Ich möchte Jameson verführen, aber ich will mich nicht einfach nackt vor ihm ausziehen. Das wäre merkwürdig.
Ich schlüpfe schnell in einen frischen BH und Slip und ein hellblaues Blümchenkleid. Als Jameson zurückkommt, binde ich meine Haare gerade zu einem unordentlichen seitlichen Zopf und schlüpfe in ein Paar Heels.
„Kaffee?“, fragt er und spät in den Raum.
„Geh in die Küche“, erwidere ich und scheuche ihn dorthin. „Nach links.“
Ich schnappe mir meine schwere Tasche mit den Büchern sowie mein Handy und folge ihm anschließend in die Küche. Die Küche ist winzig, die ganzen Gerätschaften haben nur die halbe Größe. Jameson sieht in meiner Miniaturküche urkomisch aus, wie ein Riese, der sich verirrt hat.
„Setz dich“, befehle ich und deute auf den einsamen Stuhl. Ich lasse meine Tasche von der Schulter gleiten und sie trifft mit einem dumpfen Rumms auf den Boden.
„Meine Fresse, was hast du da drin?“, will er wissen, während er Platz nimmt.
„Runen, Beschwörungsformeln. Du weißt schon, alles, das ich brauche, um meinen Hexenzirkel am Laufen zu halten“, antworte ich. Er lächelt für den Bruchteil einer Sekunde darüber, bevor er eine finstere Miene aufsetzt. Ich setze das Wasser auf und hole die French Press aus dem hohen Küchenschrank runter.
Nach meinem Morgen voller Lust und Nervosität fühlt sich das Ritual des Kaffeemachens beruhigend an. Ich messe die Bohnen ab und mahle sie, dann schütte ich sie mit dem heißen Wasser in die French Press.
Meine Mitbewohnerin Evie kommt in die Küche und bleibt abrupt stehen, als sie Jameson entdeckt. Evie ist ein umwerfendes Treuhandfondsmädel mit milchkaffeefarbener Haut, das manchmal Schichten im Cure übernimmt. Sie trägt nach wie vor das petrolfarbene Cocktailkleid, in dem ich sie gestern Abend gesehen habe und ihre Haare sind ein einziges Chaos.
„Uhhh…“, sagt sie und schaut von Jameson zu mir.
„Hey Evie“, begrüße ich sie beiläufig. Ich ignoriere einfach die Tatsache, dass es etwas merkwürdig ist, dass Jameson hier ist… und die Tatsache, dass Evie eindeutig die ganze Nacht fort war. „Ich mache Jameson gerade einen Kaffee. Willst du auch welchen?“
Ich fülle eine Tasse und reiche sie Jameson. Der Duft ist wundervoll und füllt den winzigen Raum, in dem wir uns befinden. Evie scheint etwas länger zu brauchen, um meine Worte zu verarbeiten. Sie schüttelt den Kopf, während ihr Blick nach wie vor von mir zu Jameson huscht.
„Ne“, sagt sie und rümpft leicht die