Neunmalweise. Christoph Schmitter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christoph Schmitter
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783862567355
Скачать книгу
was mich nicht interessiert.“

      Und weil ich ihn kenne, weiß ich, dass das wahr ist. Es gibt wohl kaum einen Menschen, mit dem es leichter ist, über irgendwas zu quatschen.

      Im Jahr 1993 geschieht etwas Entscheidendes in seinem jungen Leben. Die Familie findet zu Gott. Die Mutter ist ihren katholischen Wurzeln immer treu gewesen, doch der Vater hat mit Religion bisher nichts am Hut. In einer evangelistischen Veranstaltung mit Billy Graham steht Papa gegen Ende des Vortrags plötzlich auf und verkündet der erschrockenen Familie „Wir gehen! … Wir gehen nach vorne!“, und er bekennt sich öffentlich zum Glauben an Jesus Christus.

      Von da an verändert sich das Leben der Familie sehr. Man schließt sich einer kleinen Gemeinde an, lernt andere Christen kennen und die Kinder sind beeindruckt von der positiven Kraft, mit der der Vater nun seinen Glauben lebt. Beziehungen zu Menschen waren schon immer wichtig; nun kommt die Beziehung zu Gott mit ins Spiel.

      Schon bald beginnen Mark und sein jüngerer Bruder sich ehrenamtlich in der Kirche zu engagieren. Als er 14 ist, gründen sie eine Jungschargruppe für Kinder. Später leiten sie den Teenkreis. Über Jahre nehmen sie an einem Sommercamp teil und am Ende gehören sie zum Leitungsteam.

       Das Telefon klingelt und unterbricht das Interview. „Hallo? … ja, sorry, ich hatte noch keine Zeit, zurückzurufen … ja, ich hab Zeit … wo? … bei dem Bäcker an der Ecke … okay, 14.30 Uhr, cool, bis dann.“ Ein Beziehungsmensch eben, denke ich lächelnd …

      In der Jugendzeit spielen Freunde eine große Rolle in Marks Leben. Er lernt Leute aus Würzburg und eine neue Gemeinde kennen. Es bildet sich eine Clique und ein junger Mitarbeiter sieht das Potenzial dieser Jugendlichen und investiert sich in sie. Begleitet sie. Hat Zeit. Einige dieser damaligen Freundschaften bestehen bis heute. Sie haben Mark sehr geprägt.

       „Braucht man Freunde, um sich selber kennenzulernen?“, frage ich und weiß, dass ich diese Frage einem Sozialpädagogen stelle. Er nickt: „In meinem Job führe ich mit Jugendlichen ein soziales Kompetenztraining durch. Und der Hauptpunkt dabei ist, dass sie lernen, Freundschaften zu leben. Denn Freunde sind wie ein Spiegel. In Beziehungen erlebst du dich selbst, bekommst eine direkte Rückmeldung auf dein Verhalten. Zu erleben, dass du für andere wichtig bist und dass andere für dich wichtig sind, ist absolut zentral im Leben.“

      Mark selbst empfindet es als sehr wichtig, dass er damals in Würzburg Kontakte ohne seinen Bruder knüpfen konnte.

       „Irgendwie ist mein Bruder immer der Angesagtere von uns beiden gewesen. Die Freunde, die ich hatte, hatte ich über meinen Bruder. Jetzt war das anders und ich merkte: Hey, ich allein bin ja auch cool.“ Und er lächelt über diese umwerfende Erkenntnis.

      Die Dynamik, die sich dann entwickelt, hält Mark eigentlich bis heute in Atem. Aus der Clique entsteht eine Jugendgruppe, aus der Jugendgruppe ein großes Gottesdienstprojekt, das vielen Jugendlichen hilft, wieder in Kontakt mit Gott und der Kirche zu kommen. Mark ist im Leitungsteam und erlebt den Flow, der entsteht, wenn ein paar Leute ein gemeinsames Ziel verfolgen.

      Er ist 22, als ein Freund ihm von einer noch verrückteren Idee erzählt. Der Pastor seiner Gemeinde hat den Traum, eine neue Kirche zu gründen. Eine Kirche für junge Leute. Eine Kirche im Kino. Mark ist sofort begeistert.

       „Mir war, als hätte ich mein Leben lang auf diese Möglichkeit gewartet. Als Jugendleiter hatten wir einen Ort geschaffen, an dem Jugendliche ihre Freunde mitbringen konnten. Aber ich selbst war kein Jugendlicher mehr. Diese Kirche nun würde ein Ort werden, an dem meine eigenen Freunde einen Zugang zum Glauben finden könnten.“

      Im Jahr 2003 wird die CityChurch gegründet, die Kirche, in der ich heute arbeite. Mark gehört zu den tragenden Leuten des Gründungsteams und ist bis heute ein Mann, der sehr viele Leute in unserer Kirche kennt und miteinander verbindet.

       „Das finde ich das Geniale an Kirche. Da kommen Leute zusammen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Aber weil sie ein gemeinsames Ziel haben, stellen sie etwas Tolles miteinander auf die Beine. Das macht für mich die Faszination von Gemeinschaft aus.“

      Mark ist ein Beziehungsmensch. Er investiert viel Zeit in seinen Freundeskreis und immer wieder auch in Menschen, die Hilfe brauchen. Seine WG hat schon einige Male Menschen aufgenommen, die übergangsweise ein Zuhause brauchten. Vor einigen Jahren boten sie einem jungen Mann ein Zimmer an, von dem vorher niemand geahnt hatte, dass er Job und Wohnung nur erfunden hatte und stattdessen unter der Brücke schlief. Diese Scheinexistenz hatte funktioniert, bis er im Knast landete. Mark und seine Mitbewohner nahmen ihn auf, bis er sein Leben auf der Reihe hatte. Heute hat er Frau und Kind und Mark sagt: „Ich glaube, dass Gemeinschaft Leben verändern kann.“

      Ich bin froh, Mark interviewt zu haben, denn sein Leben zeigt, welche Bedeutung den Beziehungen in unserem Leben zukommt: der Beziehung zu anderen Menschen, der Beziehung zu Gott und der Beziehung zu uns selbst.

       „Würdest du auch einen kritischen Gedanken in das Kapitel rein nehmen?“, fragt er. Ich nicke. „Was ich in letzter Zeit leider auch merke, ist dies: Ich habe zu oft das Leben anderer geteilt und zu wenig an mein eigenes gedacht. Ich habe oft den Schmerz anderer gespürt, doch den eigenen darüber ganz vergessen. Wenn du das Gleichgewicht nicht hältst zwischen den Beziehungen zu anderen und der Beziehung zu dir selbst, ist die Gefahr groß, dass du dich selbst verlierst. Ich werde da in Zukunft an einer besseren Balance arbeiten müssen!

      Und damit liefert er mir die Steilvorlage für das, was das LebensMuster der Triangel sagen will.

       LebensWelt

      Dieses Buch soll dem Leser helfen, sein Leben in Form zu bringen. Das ist eine ziemliche Anmaßung. Trotzdem werde ich auf den folgenden Seiten selbstbewusst mit so bedeutungsschweren Begriffen wie Charakter, Reife oder Persönlichkeit um mich werfen.

      Und immer wieder das große Wort Leben.

      LebensMuster.

      LebensBild.

      LebensWelt.

      Ich ahne es jetzt schon: Ich werde mich während dem Schreiben mehr als einmal fragen, ob diese Thematik nicht eine Nummer zu groß für mich ist, und vielleicht wirst du während des Lesens ab und zu denken, dass ich damit recht haben könnte. Immerhin: wir denken hier über nichts weniger als das Geheimnis des Lebens nach! Doch ich finde: diesem kommt man zweifellos schon sehr nahe, wenn man über Beziehungen nachdenkt.

      Beziehungen.

      Der Mensch ist ein soziales Wesen. Die meisten von uns mutmaßen, dass der Sinn des Lebens irgendwie mit dem zu tun hat, was zwischen uns passiert. Anders gesagt: der Sinn des Lebens hat mit Liebe zu tun.

      Nach nichts sehnen wir uns mehr.

      Nichts macht glücklicher. Nichts hinterlässt eine grausamere Lücke, wenn es fehlt.

      Liebe. Beziehungen. Seufz.

      Der christliche Glaube – wir werden im nächsten Abschnitt auf ihn zu sprechen kommen – scheint das zu bestätigen. Als Jesus einmal nach dem Geheimnis des Lebens gefragt wird, sagt er (nach einer kurzen Kunstpause, wie ich vermute):

      Dieses erste Kapitel und damit das erste LebensMuster ist also ein sehr grundlegendes. Es steht eigentlich nicht mit den noch folgenden acht Kapiteln in einer Reihe, sondern es ist so etwas wie das Fundament des Buches. Jedes der LebensMuster, so unterschiedlich sie scheinen mögen, hat letztlich dieses zum Ziel: gesundes Menschsein. Und ein gesunder Mensch ist einer, der liebt und sich geliebt weiß, oder nicht?

      Jedenfalls – wenn ich in meine LebensWelt schaue, dann ist unverkennbar, dass