Ich fand bei dieser Feierlichkeit ziemlich viel Landvolk versammelt, und hatte daher die beste Gelegenheit ihre Landestracht zu studieren. — Die Weiber und Mädchen sind ganz in schwarzem groben Wollzeuge gekleidet. Der Anzug selbst besteht aus einem langen Rocke, einem Spenser und einer gefärbten Schürze. Der Kopf ist mit einer schwarzwollenen Männerschlafhaube bedeckt, die in einer umgestülpten Spitze endigt, an welcher eine lange Quaste von Seide oder Wolle hängt, die bis an die Schulter hinab fällt. Dieser einfache Kopfputz steht recht gut, da Alt und Jung eine Fülle von Haaren hat, die malerisch um Kopf und Hals und Nacken fällt. Sie tragen das Haar ungebunden, und nicht länger als bis an die Schulter, — bei Manchen ist es auch etwas weniges gelockt. — Unwillkührlich fielen mir die poetischen Schilderungen der Dichter ein, wenn sie begeistert von den goldgelockten Engelsköpfchen ihrer Ideale schwärmten. — Ja, die Haare sieht man hier wohl auf solche Weise tragen, und von Skalden mögen auch unsere Dichter jene Schilderungen entlehnt haben. — Was aber die schönen Gesichtchen betrifft, die- da heraus lächeln und schmachten, die blieben ein ungeschmälertes Verdienst ihrer Fantasie.
Putz sieht man sehr wenig. Unter der ganzen Versammlung bemerkte ich nur vier Weiber oder Mädchen, die etwas geschmückter waren, als die andern. — Bei diesen waren die Leisten des Spensers und der Gürtel mit einer zwei Zoll breiten in Silber gestickten Guirlande geziert, der Rock war von feinem schwarzen Tuche, und unten mit einer färbigen, handbreiten, seidenen Borte besetzt. Um den Hals hatten sie eine Art steifer, handbreiter Kragen, von schwarzem Sammt, mit einer Guirlande in Silber gestickt, und auf dem Kopfe trugen sie, nebst einem umgebundenen schwarzseidenen Tüchelchen, noch einen ganz sonderbaren Aufsatz. Dieser Aufsatz bestand in einem Halbbogen, der am Hinterkopfe befestiget war, und 5—6 Zoll hoch frei über der Stirne schwebte. Er war mit weißem Perkail in gelegten Falten überzogen. Seine Breite mag rückwärts 1½ Zoll betragen, gegen vorne erweitert er sich aber auf 5—6 Zoll.
Die Männer fand ich beinah so gekleidet wie unsere Bauern. Sie trugen dunkle Tuchhosen, Spenser und Westen, einen Filzhut oder eine Pelzkappe, und nur statt der Stiefel ein Stück Schaf- Kuh- oder Seehundsfell, in Form von Schuhen, mittelst eines Riemens um den Fuß befestiget. — Diese Art Fußbekleidung tragen auch die Weiber, ja sogar die Kinder der Kaufleute und Beamten.
Gar so ärmlich und abgerissen gekleidete Leute, wie man deren nur zu viele in großen Städten findet, sah ich hier nur höchst selten, — — ohne Schuhe und gute warme Strümpfe, gar Niemanden.
Die bessern Stände—Kaufleute, Beamte u.dgl. sind französisch, und zwar ziemlich nach der Mode gekleidet. Es fehlt da weder an Seiden- noch an andern Stoffen. Manches wird von England, das meiste von Dänemark herüber gebracht.
Am Geburtstage des Königs, der alljährlich beim Stiftsamtmanne gefeiert wird, soll es recht pomphaft zugehen; da erscheinen die Frauen in Seide, die Mädchen in weißen Linnen, — die Beleuchtung besteht aus Milli-Kerzen.
Ein spekulativer Kopf hat auch eine Art Clubb errichtet. Er hält nämlich ein oder zwei Zimmer, wo sich die Städter des Abends versammeln und Theewasser, Butterbrod, auch eine Flasche Wein oder eine Bowle Punsch erhalten können. Im Winter veranstaltet er in diesem Locale sogar Bälle, die Eintrittskarte à 20kr. Da versammeln sich die Honoratioren und Handwerksleute, kurz: Alles, was nur irgend Lust hat. Da soll es ganz republikanisch zugehen. Der Schuster führt die Gattin des Stiftsamtmannes zum Tanze, und der Stiftsamtmann dagegen die Frau oder Tochter des Schusters oder des Bäckers u.s.w. Die Credenz besteht in Theewasser und Butterbrod, und die Beleuchtung in Talglichtern. Das Gräßlichste soll aber die Musik sein, eine Art Violine mit drei Saiten und eine Pfeife.
Im Sommer machen die Honoratioren häufige Reitpartieen, bei welchen es aber durchaus nicht an Lebensmitteln aller Art fehlen darf. Meistens steuern Alle zusammen; die Einen geben die Weine, die Andern Kuchen, die Dritten Kaffee u.s.w. Die Damen reiten auf schönen englischen Sätteln, sie tragen hübsche Reitkleider und recht nette Männer-Filzhütchen mit grünen Schleiern. — Doch finden natürlich alle diese Unterhaltungen nur in Reikjavik statt, denn außer diesem Städtchen gibt es, wie schon gesagt, in ganz Island keinen einzigen Ort, der aus mehr als höchstens 2—3 Kaufläden, und 5—6 Kothen bestände.
In Reikjavik fand ich zu meinem größten Erstaunen in den verschiedenen Familien sechs Quer-Fortepianos, und hörte Walzer von unserm beliebtesten Compositeur, auch Variationen von Herz und Einiges von Liszt, Wilmers und Thalberg, — aber wie gespielt? ! Ich glaube kaum, daß diese Herren ihre Compositionen erkannt haben würden.
Schließlich muß ich noch Einiges über das Reisen in diesem Lande bemerken.
Die beste Zeit hiezu ist vom halben Juni bis höchstens Ende August. Früher sind die Ströme durch das viele Schneewasser zu sehr angeschwollen und reißend, und daher sehr gefährlich sie zu durchreiten. Auch manches Schneefeld, das die Sonne noch nicht ganz vertilgte, und Schluchten und Lava-Massen deckt, muß der Reisende überschreiten. Da ist nun die Gefahr nicht minder groß. Man sinkt beinahe bei jedem Tritte ein, und muß noch Gott danken, wenn nicht die ganze, bereits mürbe Decke einbricht. — Im Monat September fangen oft schon die heftigen Stürme und Regen an, und auch Schneegestöber ist da täglich zu gewärtigen.
Ein Zelt, Lebensmittel, Kochgeschirr, Polster, Decken und warme Kleider sind höchst nothwendig. — Mir würde dieß zu viel Unkosten verursacht haben; ich hatte nichts dergleichen bei mir, — war daher auch den schrecklichsten Entbehrungen und Mühen ausgesetzt, und mußte oft die angestrengtesten Ritte machen, um ein Kirchlein, oder eine Kothe zur Nachtherberge zu erreichen. Acht bis zehn Tage lebte ich oft nur von Käse und Brod, und die Nächte brachte ich meist auf Kisten oder Bänken zu, wo ich oft vor Kälte kein Auge schließen konnte.
Gegen den Regen, der hier gar häufig fällt, ist es am besten sich mit einem Regenmantel und einem glanzledernen Matrosenhute zu versehen. Ein Regenschirm ist ganz unnütz , denn gewöhnlich ist der Regen von Sturm, oder wenigstens von einem starken Winde begleitet; — dazu an manchen Stellen das schnelle Reiten, und man kann sich wohl vorstellen, daß da von einem Offenhalten des Schirmes gar nie die Rede sein kann.
Ich fand überhaupt das Reisen in diesem Lande viel beschwerlicher als im Oriente. Mir wenigstens waren die schrecklichen Stürme und Winde, die scharfe Luft, der häufige Regen und die Kälte bei weitem unerträglicher, als die orientalische Hitze. Von dieser bekam ich weder je aufgesprungene Lippen, noch Schuppen auf der Haut des Gesichtes. — Hier bluteten mir schon am fünften Tage die Lippen, und im Gesichte bekam ich später Schuppen, wie wenn ich den Rothlauf gehabt hätte. Eine sehr unangenehme Sache ist ferner das Reiten mit den langen Frauenkleidern, denn man muß stets warm angezogen sein, und da schlagen sich die schweren, oft noch vom Regen triefenden Kleider derart um die Füße, daß man beim Auf- und Absteigen vom Pferde im höchsten Grade unbeholfen ist. Das Schrecklichste aber ist, während der Regenzeit auf einer Wiese die Ruhestunde halten zu müssen. Die langen Kleider saugen da auch noch das Wasser vom nassen Grase auf, und man hat dann wirklich oft nicht einen einzigen trocknen Faden mehr an sich.
Kälte und Wärme scheinen in diesem Lande einen ganz besondern Eindruck auf den Fremden zu machen. Die Kälte kam mir empfindlicher, die Hitze drückender vor, als ich beide bei demselben Stande des Thermometers in meinem Vaterlande fühlte.
Die Wege sind im Sommer über alle Verwunderung gut; man kann größtentheils scharf reiten. Zu befahren sind sie jedoch nicht, theils sind sie zu schmal, theils trifft man auch auf einzelne sehr schlechte Stellen. Es gibt daher auf der ganzen Insel keinen Wagen.
Gefährlich ist der Weg nur, wenn er durch Sümpfe und Moor, oder über Lavafelder führt. — Von letzteren hat man besonders jene zu fürchten , die mit weißem Moose überdeckt sind. Unter diesen gibt es oft recht abscheuliche Löcher, in welche das Pferd nur zu leicht mit dem Fuße gerathen kann. — Auch an den Höhen hinauf und hinunter gibt es viele fürchterliche Stellen. In Sümpfen