Zum Baden wird diese Quelle weniger benützt, höchstens kommen einige Kinder oder Bauern in der Absicht dahin. — Als Heilmittel kennt man sie gar nicht.
Die Schwefel-Quellen und Schwefel-Berge zu Krisuvik.
Der vierte Juni war zur Abreise bestimmt. — Es gab nur noch etwas Brod, Käse, Zucker und Kaffee einzupacken, dann wurde gesattelt und um sieben Uhr glücklich die Reise angetreten.
Ich war allein mit meinem Führer, der, wie alle seine hiesigen Standesgenossen, gerade nicht am liebenswürdigsten war. — Er war sehr träge, sehr interessirt und kümmerte sich nur höchst ungern um mich und meine Pferde, desto mehr um Brandwein, den man leider im ganzen Lande findet.
Die Gegend zwischen Reikjavik und Havenfiord hatte ich bereits bei meiner Ankunft in Island gesehen.
In der jetzt vorgerückten Jahreszeit war sie etwas freundlicher; zwischen den Lavablöcken sproßten Erdbeerpflanzen, doch noch ohne Blüthen, blaue geruchlose Veilchen und schönes acht bis zehn Zoll hohes Farrenkraut. Ueberhaupt war hier, trotz der geringen Entfernung, die Vegetation üppiger, als bei Reikjavik, denn da fand ich gar keine Erdbeerpflanzen, und die Veilchen waren noch nicht in der Blüthe. — Ich glaube, daß dieser Unterschied der Vegetation von den mächtigen Lavawänden herrühren mag, deren es bei Havenfiord eine große Menge gibt, und die den zarten Pflanzen und Kräutern als Schutz gegen die rauhen Winde dienen. Besonders sah man Gras und die oben genannten Pflanzen in den kleinen Vertiefungen, welche aus Lavamassen gebildet sind, herrlich gedeihen.
Eine Stunde hinter Havenfiord sah ich das erste Birkengestrüpp, das sich aber nur zu einer Höhe von 2—2½ Fuß erhob. Auch Heidelbeerpflanzen und eine Menge kleiner Schmetterlinge , von einer und derselben Farbe, und wie es mir schien, auch von derselben Gattung umgaukelte Pflanzen und Gestrüpp.
Bewundernswürdig und wahrhaft überraschend sind die mannigfaltigen Formen und Bildungen der Lavafelder. So klein diese Reise auch ist — denn man gelangt in zehn Stunden ganz bequem nach Krisuvik — so ist sie doch über alle Beschreibung lohnend. — Ich konnte nur schauen und bewundern. Ich vergaß darüber alles Andere, fühlte weder Kälte noch Sturm, ließ mein Pferd nach Gefallen sich mit möglichster Langsamkeit den Weg selbst suchen, und wäre dadurch bald von meinem Führer getrennt worden.
Einer der merkwürdigsten Lavaströme lag in einem langen und breiten Thale. — Der Lavastrom, ungefähr eine halbe Meile lang, und von einer bedeutenden Breite, durchzog die ganze Mitte, und schien wie hergezaubert, da in der Nähe kein Berg zu sehen war, mit dem er hätte in Verbindung stehen können. Er schien die Decke eines unermeßlichen Kraters zu sein, und war nicht aus einzelnen Steinen und Blöcken, sondern aus einer dichten 10—12 Fuß hohen und etwas porösen Felsenmasse gebildet, die hin und wieder von fußbreiten Rissen durchfurcht war.
Ein anderes noch größeres Thal, von mehreren Meilen im Umfange, war mit wellenartigen Lava-Massen derart angefüllt, daß ich ein versteinertes Meer zu erblicken wähnte. — Und aus der Mitte dieses Meeres erhob sich ein hoher, schwarzer Berg, der zu der ihn umgebenden lichtgrauen Lavamasse — einen herrlichen Gegensatz bildete. — Anfangs dachte ich, die Lava wäre von diesem Berge ausgeströmt, doch sah ich, daß er von allen Seiten glatt und rein, und oben in der Form eines Zuckerhutes vollkommen geschlossen war. — Auch die andern Gebirge, die das Thal umfaßten, waren geschlossen, und ich suchte vergebens die Spur eines Kraters.
Nun kamen wir zu einen: kleinen See und bald darauf zu einem größeren, welcher Kleinfarvatne heißt. — Beide waren von Bergen eingeschlossen , die sich oft steil in die Fluthen senkten, und den Tritten der Pferde keinen Raum gestatteten. — Wir mußten auf schauderhaften Wegen die Berge bald erklimmen, bald wieder über selbe hinab klettern, oder uns an den Abhängen fortwinden, — ja an manchen Orten sogar von den Pferden steigen und auf Händen und Füßen in die Tiefe kriechen. — Kurz: diese Stellen, die bei anderthalb Meilen dauerten, gaben den syrischen durchaus nichts nach, ja sie waren beinahe noch schlechter.
Uebrigens versicherte man mich, daß ich auf allen meinen künftigen Reisen in diesem Lande keine ähnlichen Stellen mehr finden würde, und somit bin ich mit den Wegen Islands vollkommen ausgesöhnt, denn selbst auf dieser Tour, die beständig über Lavafelder führte, waren weiterhin die Pfade meistens gut.
Nachdem wir nun schon bei sechs Meilen zurückgelegt hatten, kamen wir endlich in ein freundliches Thal, und bald sahen wir, sowohl dem Thale, als auch den es umgebenden Höhen kleinere und größere Rauchwolken entsteigen. — Dieß waren die Schwefel-Quellen und Schwefel-Berge.
Kaum konnte ich erwarten, das noch eine halbe Meile entfernte Krisuvik zu erreichen. — Einige ganz unbedeutende Seen waren noch zu passiren; endlich um 6 Uhr Abends gelangten wir an Ort und Stelle.
Seit früh Morgens hatte ich nichts genossen, als ein Stückchen Brod und etwas Käse; — dennoch gönnte ich mir nicht die Zeit erst Kaffee zu kochen; ich stieg vom Pferde, nahm meinen Führer und trat alsogleich die Wanderung nach den rauchenden Bergen an. — Anfangs führte der Weg über sumpfige Stellen und Wiesengrund, bald ging es aber an das Besteigen der Berge, das durch den elastischen, nachgebenden Boden sehr beschwerlich wurde. — Jeder Fuß drückte sich tief ein, und man mußte sehr besorgen, irgendwo einzubrechen, was in der Nähe dieser dampfenden und kochenden Quellen durchaus nicht angenehm gewesen wäre. — Endlich erreichte ich die Höhe, und sah ziemlich viele Becken voll kochenden Wassers, und auf allen Seiten, auf den Höhen und in den Thälern aus zahllosen Ritzen Dampfsäulen aufsteigen. Besonders aus einer Ritze eines Berges wirbelte eine gar mächtige Dampfwolke empor. — Auf der Seite des Windes konnte ich dieser Stelle ganz nahe kommen. — Der Boden war nur hie und da lauwarm, und ich konnte mehrere Augenblicke die Hand an die Spalten halten, aus denen der Dampf hervor quoll. Von einem Krater war nichts zu sehen. — Das Brausen und Zischen des Dampfes und das Lärmen des Windes verursachten ein solch betäubendes Geräusch, daß ich froh war, bald wieder andern Boden unter meinen Füßen zu fühlen, und diesen Ort verlassen zu können. Es war mir als ob in dem ganzen Berge Alles kochte und sötte.
Die Aussicht von diesen Höhen war sehr schön; ich sah viele Thäler, Gebirge über Gebirge, und sogar jenen in dem Lavameere einzeln stehenden schwarzen Berg , an dem ich vor fünf bis sechs Stunden vorüber geritten war.
Nun stieg ich in das Thal hinab; das Lärmen und Brausen hörte ich schon nach einigen hundert Schritten nicht mehr. — Ich dachte, das Wunderbarste nun schon gesehen zu haben , doch kam mir auch hier unten im Thale noch manches Merkwürdige vor. — Da war ein Becken, von vielleicht fünf bis sechs Fuß im Durchmesser, angefüllt mit beständig aufkochendem Brodem.— Dieser Brodem glich vollkommen einer feinen , lichtgrauen, im Wasser aufgelösten Lehmmasse.
Aus einem andern Becken, von höchstens zwei Fuß im Durchmesser, wirbelte fortwährend eine Dampfsäule mit solchem Getöse und solcher Gewalt auf, daß ich wie betäubt zurück wich und jeden Augenblick die Decke gesprengt zu sehen vermeinte. Dieses Becken liegt in einem