Unsere heutige Reise ging nicht weit, darum machten wir uns erst um 10 Uhr auf den Weg, und zwar in Begleitung mehrerer Franken, welche im Dienste des Paschas stehen. Sie führten uns in den an der Straße liegenden Park, welcher der Sultanin Mutter gehört, und wo im Sommer gewöhnlich der Pascha von Acre residirt. Nach einer halben Stunde gelangten wir hin. Der Garten ist nicht übel, enthält aber außer Citronen-, Orangen-, Granaten- und Cypressen-Bäumen nicht viel Anderes. Die Blumenflor war ebenfalls nicht sehr ausgezeichnet, sie wies uns nicht einmal alle die Gattungen von Blumen, die wir in unseren Gärten zu sehen gewohnt sind, viel weniger fremdartige oder seltene Gewächse. Einige Kioske sind auch vorhanden, aber Alles in einem jämmerlichen Zustande.
Das Wohnhaus des Pascha's außerhalb des Gartens ist schon freundlicher. Wir machten ihm unsere Aufwartung, wurden sehr artig empfangen und mit den üblichen Getränken bedient. Kaum erfuhren die hohen Damen im Harem, daß eine Frankin auf ihrem Gebiete sei, so sandten sie eine Botschaft an mich, um mich zu einem Besuche einzuladen. Ich nahm diese Einladung mit Vergnügen an, weil sie meiner Neugierde sehr zusagte. Ich wurde in einen andern Theil des Hauses geführt, dort trat ich dann in ein mittelgroßes Gemach, dessen Boden mit Matten und Teppichen überdeckt war, und. an dessen Seiten Polster lagen, auf welchen die verschiedenartigsten Schönheiten, vermutlich aus allen Weltgegenden zusammengerafft, zwölf bis fünfzehn an der Zahl, saßen. Eine derselben war ziemlich alt, und vermuthlich die eigentliche Frau, denn alle übrigen deuteten auf sie. Die Jüngste darunter mochte achtzehn bis neunzehn Jahre zählen und war Mutter eines ungefähr acht Monate alten Kindes, mit welchem Alle spielten, wie mit einer Puppe, das arme kleine Geschöpf ging von einer Hand in die andere. Die Kleidung dieser Damen war gerade so, wie ich sie an den Töchtern des Konsuls in Jaffa beschrieben habe. Von ausgezeichneten Schönheiten, wenn man die hier sehr verehrte Beleibtheit nicht dafür hält, sah ich nicht viel, wohl aber eine Einäugige, eine in diesem Lande nicht ungewöhnliche Erscheinung. Sklavinnen erblickte ich da von allen Schattirungen. Die Eine hatte einen Ring durch die Nase gezogen, eine andere hatte blau bemahlte Lippen. Alle aber, Frauen und Sklavinnen, schwarz gefärbte Augenlieder und Augenbraunen, so auch die Nägel, und die innere Fläche der Hand von dem Safte der Hänna-Wurzel lichtbraun gefärbt.
Unwissend und neugierig sind die Orientalinnen im höchsten Grade; sie können weder lesen noch schreiben, von der Kenntniß einer fremden Sprache ist schon gar keine Rede. Eine außerordentliche Seltenheit ist es, wenn eine unter ihnen Goldstickereien zu machen versteht. Wenn man mich zufälliger Weise an meinem Tagebuche schreiben sah, kamen Männer, Weiber und Kinder heran, betrachteten mich und mein Buch von allen Seiten, und gaben ihre Verwunderung durch Zeichen kund.
Beschäftigung und Arbeit scheinen die Damen des Harems für entehrend zu halten, denn ich sah sie weder hier, noch an anderen Orten etwas Anderes thun, als mit unterschlagenen Beinen auf den Polstern oder Teppichen sitzen, Nargile rauchen, Kaffee trinken und schwatzen. Auch ich mußte mich gleich zu ihnen auf einen Polster kauern, wo sie mich dann alle umgaben, und durch Zeichen um Vieles zu fragen versuchten. Sie nahmen meinen runden Strohhut und setzten ihn auf den Kopf, dann befühlten sie den Stoff meines Reisekleides; am meisten staunten sie aber über meine kurz abgeschnittenen Haare [Ich schnitt mir nämlich die Haare kurz ab, weil ich auf einer solchen Reise wohl selten Zeit und Gelegenheit gehabt hätte, selbe gehörig zu ordnen und zu pflegen.], bei deren Anblick diese armen Geschöpfe vielleicht gar dachten, die Natur habe den Europäerinnen den langen Haarwuchs versagt. Sie fragten mich pantomimisch, wie das zuginge, und jede der Frauen besah und befühlte meinen Kopf. Auch meine Magerkeit schien sie sehr zu befremden. Sie reichten mir ihre Nargile und boten mir Getränke und Näschereien. Die Unterhaltung war im Ganzen nicht sehr groß, weil wir keinen Dragoman an der Seite hatten, der unsere Gespräche übersetzt hätte. Wir mußten nur Jedes errathen, was das Andere sagen wollte, und am Ende saß ich stumm unter ihnen und war froh, als ich nach einer Stunde zur Fortsetzung der Reise abgeholt wurde. Ich war in der Folge noch in mehreren, mitunter auch in bedeutenderen Harems, allein ich fand überall dasselbe. Der Unterschied bestand höchstens darin, daß ich in manchem Harem schönere Frauen oder Sklavinnen fand, daß sie reicher gekleidet oder eingerichtet waren. Aber überall traf ich dieselbe Unwissenheit, Neugierde und Trägheit. Im Ganzen mögen sie glücklicher seyn, wie wir Europäerinnen, dieß schließeich theils aus ihrer Beleibtheit, — theils aus ihren ruhigen Gesichtszügen. Ersteres stellt sich doch gewöhnlich nur bei ruhigen oder zufriedenen Gemüthern ein, und ihre Züge sind so ohne allen bestimmten, ausgesprochenen Charakter, daß ich sie unmöglich großer Empfindungen und Leidenschaften, weder im Guten noch im Bösen, fähig halte. Ausnahmen gibt es überall, folglich auch unter ihnen; ich sage nur, was ich im Durchschnitte bemerkte.
Wir ritten diesen Tag in Allem nur sieben Stunden. Wir kamen an einem schönen Orangenhaine vorüber, außerdem ging der Weg immer knapp am Meere im tiefen Sande, nur ein einziges Mal hatten wir eine schreckliche Passage über den weißen Berg, dessen Fuß sich in's Meer verläuft. Diesen glücklich überschritten, gelangt man in die Nähe der schönen ausgedehnten Wasserleitung, welche ich ebenfalls bei der Reise nach Jaffa von der Barke aus bemerkte, und die einen Theil dieses schönen freundlichen Thales durchzieht.
Das Städtchen Sur, unser heutiges Ziel, konnten wir nicht betreten, weil es, der Pest wegen, abgesperrt war. Wir zogen also vorüber und schlugen unsere Zelte nahe an einem Dorfe auf, bei welchem sich große, herrliche, in Felsen gehauene Wasserbehälter befinden, von denen das überfließende Wasser vier bis fünf Klafter tief hinabstürzt, ein Mühlrad in Bewegung setzt und sich dann als Bach durch das Thal schlängelt.
20. Juni 1842.
Nach fünf Uhr Morgens saßen wir wieder zu Pferde, und kamen nach einigen Stunden an den schönen Fluß Mischmir, der zwar so breit, aber bei weitem nicht so wasserreich wie der Jordan, nach demselben aber der bedeutendste ist, den man auf dieser Reise antrifft, und zugleich eine der seltensten und lieblichsten Erscheinungen in diesen wahrhaft wasserarmen Gegenden bleibt. Sein Wasser war rein wie Krystall.
Nach zehnthalb Stunden erreichten wir Saida, wo wir in's Kloster ritten, weil in all' diesen Orten kein Gasthof ist. Das Klösterchen nebst der winzigen Kirche liegt am Ende eines großen Hofes, der so voll von Menschen, Pferden und besonders Soldaten war, daß wir lange Zeit brauchten, um durchzudringen. Als wir endlich den Aufgang ins Kloster erkämpft hatten, bekamen wir den Bescheid: es sei kein Raum für uns. — Was war zu thun? Wir mußten noch froh seyn, bei einer griechischen Familie ein Zimmerchen zu erhalten, wo wir die Nacht zubringen konnten; doch war von Betten keine Rede, sondern wir mußten auf den Steinplatten schlafen. Im Hofe war ein halbes Lager aufgeschlagen, in welchem nebst einer Menge Arnauten, zwölf Prachtpferde des Emirs [Dieser Emir konnte sich auf dem Libanon nicht erhalten, und wurde nach Konstantinopel beschieden, man harrte noch immer auf seine Wiederkehr, obwohl er zur Zeit unseres Besuches über ein halbes Jahr abwesend war.] vom Libanon, lauter ächte Araber, kampirten.
Die Arnauten, das Militär, sind überall gefürchtet, mehr aber von den Freunden, als vom Feinde. Sie betragen sich sehr lärmend und gegen das Volk höchst anmaßend. Sogar einer der Herren Grafen wurde, als er ausging, nicht von einem aus dem Volke, sondern von einem solchen militärischen Kerl insultirt. Diese schlecht disciplinirten Truppen sind überall versammelt, um bei der geringsten Unruhe, die zwischen den Drusen und Maroniten ausbricht, darein zu schlagen. Ich glaube aber, die Arnauten sind viel mehr zu fürchten, als die Drusen und Maroniten, denn später zogen wir durch das ganze Gebiet der Letztern, ohne von ihnen nur im Geringsten beleidigt oder beunruhigt zu werden. Das wäre wahrscheinlich nicht der Fall gewesen, wenn wir einer Schar dieser wilden Jäger begegnet hätten.
Unter dem türkischen Militär sind die Arnauten am schönsten gekleidet, und gleichen mit ihren kurzen, weißen, sehr faltenreichen Röcken von Leinwand oder Kammertuch, mit den weißleinenen, eng anliegenden Hosen, der Binde um die Mitte und dem weißen oder rothen Spencer, ganz den Albanesen.
21. Juni 1842.
Heute hatten wir den angestrengtesten Tag, wir machten zwar auch nicht mehr als zehn Stunden, allein diese zehn Stunden in einem Ritte, ohne auch nur ein Viertelstündchen auszuruhen, und noch dazu bei einer Hitze von 33 Grad. Wir ritten in einer Sandwüste, die sich von Saida bis Beirut und in der Breite gewiß eine Stunde weit gegen das Gebirge erstreckt. Die einförmige Steppe wird nur durch