Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ida Pfeiffer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
isbn: 9788027206223
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vermummen, den von schönen, reizenden Mädchen und Frauen ist wahrlich so wenig zu sehen, daß man sie wohl mit der Laterne suchen könnte. Sie haben alle eine braune garstige Haut, struppige Haare und nicht so volle Gestalten, wie die Türkinnen. An beiden Theilen des Kopfes, vom Scheitel bis unter das Kinn, tragen sie angefaßte Silbermünzen, jene, welche mit unbedecktem Gesichte gehen, haben gewöhnlich den Kopf in ein blauleinenes Tuch gewickelt.

      Djenin ist eine schmutzige, kleine Stadt, die wir in Augenschein nahmen, um uns den Platz zeigen zu lassen, wo die Königin Jezabel vom Fenster herabgestürzt und von den Hunden zerrissen wurde. Pallast und Fenster sind so ziemlich verschwunden; allein Hunde, die vielleicht auch heute noch bereit wären, einen köstlichen Königsbissen mit wahrer Begierde zu verschlingen, liegen überall in den Gässen. Nicht allein in Konstantinopel, auch in allen Städtchen Syriens fanden wir diese herrenlosen Hunde, nur in verhältnißmäßig kleinerer Anzahl.

      Wir lagerten uns auf eine oder zwei Stunden vor der Stadt an einer Kaffeeschank, unter freiem Himmel, unter welchem großen Naturdache auch eine gemauerte Feuerstelle errichtet war, auf welcher stets heißes Wasser bereit stand. Unweit davon waren einige Erderhöhungen aufgeworfen, welche als Divane dienten. Ein in Lumpen gehüllter Bube war mit Kaffeestoßen, und sein Vater, der Herr des Kaffeehauses, mit Kaffeebereiten und dem Bedienen der Gäste beschäftigt. Uns wurden Strohmatten auf die Erddivane gelegt, und ohne viel zu fragen, Kaffee und Argile gebracht. Im Hintergrunde stand ein großer, hoher, sehr schön gemauerter Stall, der mich ganz an die europäischen in großen Gasthäusern erinnerte.

      Nachdem wir uns hier ein Bischen erholt hatten, brachen wir auf, um unsere Tagereise zu endigen. Gleich außerhalb des Ortes hat man eine wunderschöne Fernsicht über die ungeheuere Hochebene Esdralon, bis zu dem großartigen Zirkel von Gebirgen, welcher dieß unermeßliche Thal umfängt. In weiter Ferne wies man uns den Berg Karmel, etwas näher den Berg Tabor. Die Gebirge sind auch hier ziemlich kahl, bestehen aber doch nicht mehr aus ganz nackten Felsen; besonders schön macht sich der, ganz abgesondert stehende, reich bewachsene Berg Tabor.

      Wir ritten gegen drei Stunden über die Ebene Esdralon, und hatten Muße genug, der hier vorgefallenen Begebenheiten zu gedenken. Man kann nicht leicht ein großartigeres Schlachtfeld sehen, als dieses, und begreift recht gut, wie sich hier ganze Völker bekriegen konnten. Von den Zeiten Nabuchodonosor's bis zu den Zeiten der Kreuzzüge, und von diesen bis zu Napoleon sah man hier die Heere aller Nationen versammelt, um ihre wahren oder eingebildeten Rechte zu erkämpfen, oder Eroberungen zu machen.

      Das Erdreich auf dieser Hochebene war durch die große anhaltende Hitze so schrecklich zerspalten und zerrissen, daß wir bei jedem Schritte unserer Pferde in Angst schwebten, sie möchten mit den Füßen zwischen die Spalten und Risse gerathen und sich selbe verstauchen, oder wohl gar brechen. Der Boden besteht aus schöner Erde ohne Steine, scheint aber meistentheils brach zu liegen, denn er war reich mit Unkraut und wildwachsenden Artischocken bedeckt. Die Dörfer liegen in weiter Ferne an den Gebirgen. Diese Ebene bildet einen Theil von Kanaan.

      Wir schlugen unser Nachtquartier außerhalb des elenden Dorfes Lagun an einer kleinen Cisterne auf, und schliefen die dritte Nacht auf harter Erde.

      14. Juni 1842.

      Heute ging es noch eine Stunde in dieser Ebene fort, auf welcher wir wieder einmal von den kleinen schrecklich lästigen Mücken, die wir das erste Mahl auf der Reise von Jaffa gegen Ramla trafen, sehr viel zu leiden halten. Sie verließen uns erst, als wir schon eine gute Strecke auf fürchterlichen Wegen, die Ebene begränzenden Berge erstiegen hatten, von deren Spitze wir Nazareth erblickten, am Ende eines ziemlich fruchtbaren Thales freundlich an einem Hügel erbaut. Im Hintergrunde sieht man den schön gelegenen Berg Tabor.

      Von dem Punkte, wo man Nazareth zuerst ansichtig wird, hat man noch anderthalb Stunden zu reiten, folglich von Lagun bis Nazareth vierthalb Stunden, und von Jerusalem sechs bis sieben und zwanzig Stunden.

      Nazareth.

      Wir kamen schon um 8 Uhr Morgens zu Nazareth an, und stiegen im Fremdenhause des Klosters der Franziskaner ab, wo uns die Geistlichen sehr zuvorkommend empfingen.

      Kaum hatten wir unsere Gemächer ein wenig in Augenschein genommen, und sie an Aussehen und Einrichtung jenen zu Jerusalem vollkommen ähnlich gefunden, so machten wir uns wieder auf den Weg, um alle merkwürdigen Plätze, vor Allem aber die Kirche zu besuchen, in welcher sich die Grotte der Verkündigung befindet. Diese Kirche, in welche uns ein Geistlicher begleitete, ist ebenfalls von der heiligen Helena erbaut, und nicht besonders groß. Im Hintergrund führt eine Treppe in die Grotte hinab, in welcher die heilige Maria durch den Engel die Botschaft des Herrn empfing. Drei kleine Granitsäulen sind in dieser Grotte noch sichtbar. Der untere Theil von einer derselben wurde durch die Türken zerstört, sie ist nur oben befestigt, daher behaupten Viele, sie schwebe ganz frei in den Lüften. Hätten diese Menschen weiter gesehen, als ihre Nase reicht, und nur einen Blick in die Höhe geworfen, sie würden schwerlich ein Wunder behaupten, daß nur in ihrer Einbildung existirt. — Ein ziemlich gutes Gemälde an der Wand stellt die Verkündigung vor. Die eigentliche Wohnung Maria's ist hier nicht zusehen, weil der Sage nach, ein Engel sie nach Loretto in Italien trug. Seitwärts gelangt man über einige Stufen zu der Grotte, in welcher die Nachbarin Maria's wohnte, die in Abwesenheit der Letzteren die Aufsicht über deren Wohnung führte und ihre häuslichen Geschäfte besorgte.

      In der Stadt liegt auch die Grotte, wo Josef's Werkstätte war; man hat sie in ihrem ursprünglichen Zustande gelassen, und nur einen ganz einfachen hölzernen Altar darin errichtet. Unweit davon findet man die Synagoge, wo Jesus das Volk belehrte, und die Pharisäer dadurch so erbitterte, daß sie ihn von einem Berge, gleich außerhalb des Städtchens, herabstürzen wollten. Zum Schlusse zeigte man uns noch einen ungeheuern Felsenblock, auf welchem Jesus das Abendmahl mit seinen Jüngern verzehrt haben soll.

      Des Nachmittags besuchten wir den Marien-Brunnen, gleich außerhalb Nazareth, am Wege nach Taberieh, er ist mit Steinen ummauert, und liefert reines frisches Wasser. Hieher ging die heil. Maria täglich mit dem Kruge, auch heute noch drängen sich alle Weiber und Mädchen zu diesem Brunnen, und wandeln mit Krügen auf der Achsel hin und zurück. Diejenigen, welche wir sahen, waren alle schmutzig und ärmlich gekleidet; viel gingen ohne Kopfbedeckung, was um so häßlicher ist, da ihnen die Haare ganz struppig wegstanden. Die ziemlich lebhaften Augen waren das Hübscheste an ihnen. Auch hier tragen sie angefaßte Silbermünzen von dem Scheitel bis unter das Kinn.Der heutige Tag war für mich ein Tag des Leidens, denn schon des Morgens, als wir von Lagun fortritten, fühlte ich mich sehr unwohl. Ich bekam unter Wegs heftige Kopfschmerzen, wiederholtes Erbrechen und starken Fieberschauer. Ich glaubte kaum Nazareth erreichen zu können. Das traurigste bei der Sache war, daß ich meine Unpäßlichkeit ebenfalls wieder, wie damals auf dem Wege nach Jerusalem, verbergen mußte, aus Furcht, zurückgelassen zu werden. Auch war der Wunsch, alle heiligen Orte in Nazareth zu besuchen, so lebhaft in mir, daß ich mit größter Anstrengung den ganzen Tag mit der Gesellschaft herumging, mich aber alle Augenblicke wegstahl, damit mein Zustand nicht offenbar werde. Als wir zu Tische gingen, erregte mir der Geruch der Speisen einen solchen Eckel und solche Uebelkeit, daß ich mir schnell das Sacktuch vor die Nase hielt und ein plötzliches Nasenbluten vorgab, um hinaus eilen zu können. Nur meiner braunen Gesichtsfarbe, die die Blässe meines Aussehens nicht durchschimmern ließ, verdankte ich es, daß mein Übelbefinden nicht bemerkt wurde. — Ich genoß den ganzen Tag über nichts; erst des Abends erholte ich mich ein wenig. Nun stellte sich auch die Eßlust ein, aber leider war nichts zu bekommen, als eine schlechte Hammelsuppe und eine Omelette in ranzigem Oel gebacken. Ach, est ist schon bitter, im gesunden Zustande auf einen solchen Imbiß angewiesen zu seyn, um wie viel mehr erst, wenn man krank ist. Ich ließ daher um etwas Wein und Brot bitten, und suchte mich dadurch ein Bischen zu stärken.

      15. Juni 1842.

      Heute war mir Gott sei Dank ziemlich wohl. Um 6 Uhr Morgens saß ich schon wieder zu Pferde, um an dem Ausfluge Theil zu nehmen, welcher für heute nach

      Tabarieh

      bestimmt war.

      An der Marienquelle und einem Berge, auf welchem einige Ruinen, Überreste