Gesammelte Werke: Science-Fiction-Romane + Abenteuerromane + Erzählungen. Dominik Hans. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dominik Hans
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075831552
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nicht. Nicht eher, als bis du …«

      »Was sahst du?«

      »Ich sah, wie du den Rosenstrauß dem Pferd vor die Füße schleudertest, daß es den Sprung verfehlte und seine Reiterin unter sich begrub.«

      »Das sahst du?«

      »Ja, das sah ich.«

      »Und was weiter? Folgst du mir deshalb?«

      »Deshalb? Ich weiß nicht … Ich weiß nur, daß ein Schreck mich faßte, als diese Hand die deine war.«

      »Was sagst du? Was willst du damit sagen?«

      Er fühlte, wie ihre Finger sich in seinen Arm gruben.

      »Nichts, Juanita! Ich will nichts sagen. Als ich dich erkannte, da war es mir, als ob ich dir folgen … als ob ich dich sprechen müßte.«

      »Du sprichst in Rätseln, Klaus. Was soll das alles?«

      Er fühlte, wie ihr Gesicht im Dunkeln sich an das seine heran schob.

      Er fühlte ihren warmen Atem, der sich stoßweise aus der Brust rang.

      »Was das soll? Ich weiß es … nicht, Juanita.«

      Dann, mit einer brüsken Bewegung, schleuderte er ihre Hände ab.

      »Juanita! War das Absicht? Wolltest du das?«

      »Klaus! Bist du wahnsinnig oder trunken? Was sagst du da?«

      »Antworte! Du! War das … ?«

      Die Fäuste geballt, stand er vor ihr.

      »Antworte! Du!«

      »Du bist wahnsinnig, Klaus! Was kümmert mich die Fremde. Geh weg! Laß mich! Was kümmere ich dich? Was kümmerst du mich?«

      »Juanita!« Es war ein Ton aus tiefstem Herzensgrund. »Juanita! Du!

      Ich bitte dich … Ich bitte dich bei allem, was uns einst verband.«

      Ihre Hand hob sich leise … bittend … abwehrend.

      »Klaus! Was ist dir! Was denkst du?«

      »Ich weiß nicht, was ich denke, Juanita. Ich fürchtete …«

      »Was fürchtetest du, Klaus?«

      »Für dich fürchtete ich, für dich.«

      »Klaus!« Es war der Ton … jener alte, vertraute Klang. Seine starke Gestalt fiel zusammen, griff, wie nach einer Stütze suchend, nach ihrem Arm.

      »Juanita! Ich weiß, du schicktest mir jene Warnung, die das verglommene Feuer wieder anschürte.«

      »Klaus!« Sie legte ihre Hand auf die seine. »Klaus, du bist krank! Ich hörte von dem Unfall, der dich traf. War froh, als ich hörte, daß du vom Schacht weggegangen bist. Wärst du doch meiner Warnung gleich gefolgt. Du bist krank, Klaus! Ich fühle, wie dein Arm zittert. Wir werden jetzt zurückgehen. Ich werde dich begleiten, bis …«

      »Nein, Juanita! Nein! Ich bin nicht krank. Der Unfall dort … keine Bedeutung. Und doch!« Er faßte sie mit beiden Händen an den Schultern. »Du! Sage mir, was tatest du eben? Sag es mir! War das Absicht? Wolltest du das?«

      Seine Finger krampften sich in das weiche Fleisch ihrer Schultern, daß sie ächzend niedersank.

      »Klaus! Klaus! Du tust mir weh. Was tat ich, daß …«

      Sie war auf die Knie gesunken. Ein leises Wimmern kam aus ihrem Munde. Er kämpfte gegen den Drang, sich hinunterzubeugen, sie an sich zu reißen.

      »War es Absicht?« Er schrie es. »Sage es! Sage nein! Oder ich muß verzweifeln.«

      Tredrup beugte sich hinab und legte seine Hand um ihr Haupt.

      »Juanita! Sage es! Sage es …«

      Und dann fühlte er, wie ihr Haupt sich emporhob. Wie ein Hauch klang es.

      »Nein, Klaus!«

      »Nein?! O Gott, ich danke dir! Juanita!«

      Er riß sie in die Höhe und hielt sie in den Armen.

      »Nein! Juanita! Wie danke ich dir für dies kleine Wort. Wenn du wüßtest, was es für mich bedeutet.«

      Minuten verrannen. Er spürte am Beben ihrer Schultern die Bewegung, die in ihr stürmte. Er fühlte, wie die Erregung matter wurde, wie sie sich immer schwerer an seine Brust legte, die Arme seinen Nacken umschlangen. Er stand und vergaß … vergaß alles. Eine weiche Hand strich über sein Gesicht. Ein Kuß brannte auf seinen Lippen. Ein verzehrender Brand kam über ihn. Sein Arm preßte sie an sich. Und dann war sie ihm entglitten.

      Ein leiser Hauch: »Klaus, Klaus, du …«, drang an sein Ohr. Ein leichter Schritt verhallte im Dunkel des Weges, und dann war er allein.

      Die Sirenen heulten über der Grubenstadt Wibehafen: Zweite Schicht!

      Doch was war? Die Menge, die die Schächte umlagerte, dachte nicht an Einfahren. Sie brandete hin und her. Wirre Reden … gestikulierende Arme … laute Drohworte. Die Menschenmenge wuchs mit jeder Minute.

      Alles, was von der ersten Schicht zu Tage fuhr, gesellte sich dazu. Ein Arbeiter sprang auf eine Lore. Die Massen drängten sich um ihn. Seine laute, gellende Stimme drang weit über den Zechenplatz.

      »Kameraden! Keine Stunde länger hier! Lügner, die da drüben …« Er deutete mit der Faust nach dem Direktionsgebäude. »Wir wußten es besser, von Anfang an. Der Einbruch auf Sohle vier hat bewiesen, daß wir Recht hatten. Was mit Black Island geschah, wird sich hier wiederholen. Spitzbergen wird sich heben. Die Schächte werden zerquetscht werden, die Sohlen zusammenbrechen – ein Grab für die tausend Kameraden, die da drinstecken! Weg von hier! Wie sich die Gelegenheit bietet!«

      Tosendes Beifallsgebrüll von allen Seiten verschlang die letzten Worte.

      »Zu Schiff! Zu Schiff!« schrie die Menge.

      Im Verwaltungsgebäude waren die Direktoren versammelt. Blässe lag auf mehr als einem Gesicht. Das Erwartete war eingetreten.

      Die Tür öffnete sich. Der Chefingenieur trat herein. Mit einem Ruck wandten sich alle Köpfe ihm entgegen. Er genoß das unbegrenzte Vertrauen der Belegschaft. Sein Eingreifen allein konnte in letzter Stunde noch eine Wendung zum Guten bringen.

      Von allen Seiten flogen ihm Fragen entgegen. Ein Kopfschütteln ließ sie verstummen.

      »Unmöglich, meine Herren! Keine Macht der Erde, kein Gott bringt die Leute wieder in den Schacht. Das natürliche Einbrechen des Hangenden auf Sohle vier hat ihnen den letzten Rest der Besinnung geraubt.«

      Die Bestimmtheit, mit der diese Worte gesagt wurden, ließ jede weitere Frage verstummen. Der Chefingenieur sprach weiter.

      »Es heißt sich in das Unabänderliche fügen, meine Herren, und unsere Hoffnung auf eine vielleicht recht ferne Zukunft zu richten. Meine einzige Sorge ist, daß bis dahin die Notstandsarbeiten fortgeführt werden. Ich hoffe, daß es mir gelingen wird, das dazu nötige Personal halten zu können.

      Das wäre die Lage, soweit sie uns betrifft. Es wäre noch die Frage zu erledigen, wie dem zu erwartenden Ansturm auf die einlaufenden Schiffe am besten zu begegnen ist. Bei der Kopflosigkeit der Leute ist zu erwarten, daß sie die ersten ankommenden Schiffe in Massen stürmen werden. Es könnten sich da Szenen abspielen, die zum Chaos führen. Es wird unsere Aufgabe sein, die Flucht zu organisieren.«

      Murmeln … Fragen … Sprechen … die Abneigung war deutlich zu merken.

      »Jawohl, meine Herren! Unsere Sache ist es …« Die Worte, mit Schärfe gesprochen, ließen alle verstummen. »Ich werde die Aufgabe übernehmen und auch die Verantwortung tragen. Mit Hilfe der Besonnenen werde ich den Abtransport organisieren. – Noch einmal, meine Herren«, der Chefingenieur wandte sich zum Gehen, »fügen wir uns in das Unabänderliche. Der Sturm wird sich legen … früher oder später …«

      Als der Chefingenieur aus dem Verwaltungsgebäude