Wir können hiernach verstehen, woher es gekommen ist, daß der Mensch und alle übrigen Wirbelthiere nach demselben allgemeinen Plane gebaut sind, warum sie die gleichen Stufen früherer Entwicklung durchlaufen und warum sie gewisse Rudimente gemeinsam beibehalten haben. Folgerecht sollten wir offen die Gemeinsamkeit ihrer Abstammung zugeben: irgend eine andere Ansicht sich zu bilden, hieße annehmen, daß unser eigener Bau und der sämmtlicher Thiere um uns her nur eine Falle sei, um unser Urtheil gefangen zu nehmen. Die Richtigkeit dieser Folgerung wird noch bedeutend verstärkt, wenn wir die Glieder der ganzen Thierreihe und die Thatsachen ihrer Verwandtschaft oder Classification, ihrer geographischen Verbreitung und geologischen Aufeinanderfolge betrachten. Es ist nur unser natürliches Vorurtheil und jene Anmaßung, die unsere Vorfahren erklären hieß, daß sie von Halbgöttern abstammten, welche uns gegen diese Schlußfolgerung einnehmen. Es wird aber nicht lange dauern, und die Zeit wird da sein, wo man sich darüber wundern wird, daß Naturforscher, welche mit dem Bau und der Entwicklung des Menschen und anderer Säugethiere in Folge eingehender Vergleichungen bekannt waren, haben glauben können, daß jedes derselben die Folge eines besonderen Schöpfungsactes gewesen sei.
Fußnote
3 Die Großhirnwindungen des Menschen. 1868, p. 96. Die Schlussfolgerungen dieses Schriftstellers ebenso wie die, zu denen Gratiolet und Aeby in Bezug auf das Gehirn gelangt sind, werden in dem dem ersten Theile des vorliegenden Werks angefügten Anhange von Prof. Huxley erörtert werden.
4 Leçons sur la Physiol. 1866, p. 890, nach dem Citat bei Dally, L'ordre des Primates et le Transformisme. 1868, p. 29.
5 Dr. W. Lauder Lindsay hat diesen Gegenstand ziemlich ausführlich behandelt im »Journal of Mental Science«, July, 1871, und in der »Edinburgh Veterinary Review«, July, 1858.
6 Einer meiner Kritiker (British Quarterly Review, Octob. 1, 1871, p. 472) hat das, was ich hier gesagt habe, in sehr starker und verächtlicher Weise kritisiert; da ich aber nicht den Ausdruck »Identität« brauche, sehe ich nicht ein, daß ich hier einen großen Irrthum begangen hätte. Zwischen der Thatsache, daß dieselbe oder eine sehr ähnliche Infection oder Ansteckung bei zwei verschiedenen Thieren dieselbe Wirkung hervorruft, und der Prüfung zweier verschiedener Flüssigkeiten mit demselben chemischen Reagens scheint mir eine sehr starke Analogie zu bestehen.
7 Naturgeschichte der Säugethiere von Paraguay. 1830, p. 50.
8 Dieselben Geschmackseigenthümlichkeiten kommen manchen noch niedrigeren Thieren zu. Mr. A. Nicols hat, wie er mir mittheilt, in Queensland in Australien drei Individuen von Phascolarctus cinereus gehalten; ohne daß es ihnen irgendwie gelehrt worden wäre, entwickelte sich bei ihnen ein starker Geschmack für Rum und für Tabakrauchen.
9 Brehm, Thierleben. 2. Aufl. Bd. 1, p 147, 155. Über den Ateles, p. 194. Wegen anderer analoger Angaben s. p. 72, 194.
10 Dr. W. Lauder Lindsay in: Edinburgh Veterinary Review, July, 1858, pag. 13.
11 In Bezug auf Insekten s. Dr. Laycock, On a general law of vital periodicity. British Associat. 1842. Macculloch sah einen Hund an dreitägigem Wechselfieber leiden. Silliman's Americ. Journ. of Science. XVII, 305. Ich werde später auf diesen Gegenstand zurückkommen.
12 Die Beweise hiefür habe ich gegeben in der Schrift: »Über das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication.« 2. Aufl. Bd. II, p. 17 d. Übers.; Weiteres könnte noch hinzugefügt werden.
13 »Mares e diversis generibus Quadrumanorum sine dubio dignoscunt feminas humanas a maribus. Primum, credo, odoratu, postea aspectu. Mr. Youatt, qui diu in Hortis Zoologicis (Bestiariis) medicus animalium erat, vir in rebus observandis cautus et sagax, hoc mihi certissime probavit, et curatores ejusdem loci et alii e ministris confirmaverunt. Sir Andrew Smith et Brehm notabant idem in Cynoeephalo. Ulustrissimus Cuvier etiam narrat multam de hac re, qua ut opinor nihil turpius potest indicari inter omnia hominibus et quadrumanis communia. Narrat enim Cynocephalum quendam in furorem incidere aspectu feminarum aliquarum, sed nequaquam accendi tanto furore ab omnibus. Semper eligebat juniores et dignoscebat in turba et advocabat voce gestuque.«
14 Diese Bemerkung machen in Bezug auf Cynocephalus und die anthropomorphen Affen Geoffroy St. Hilaire und Fr. Cuvier, Hist. natur. des Mammifères. Tom. I. 1824.
15 Huxley, Stellung des Menschen in der Natur, p. 38 (Übers.).
16 Huxley, ebendaselbst p. 75.
17 Der menschliche Embryo (obere Figur) ist nach Ecker, Icones physiol., 1851-1859, Tab. XXX. Fig. 2. Dieser Embryo war zehn Linien lang, so daß die Zeichnung sehr vergrößert ist. Der Hundeembryo ist nach Bischoff, Entwicklungsgeschichte des Hunde-Eies. 1845. Taf. XI, Fig. 42 B. Diese Zeichnung ist fünfmal vergrößert; der Embryo war 25 Tage alt. Die inneren Eingeweide sind weggelassen und die Uterinanhänge in beiden Figuren entfernt worden. Mich führte Prof. Huxley auf diese Abbildungen, dessen Werke »Stellung des Menschen in der Natur« die Idee, sie hier zu geben, entnommen ist. Auch Haeckel hat analoge Figuren in seiner Schöpfungsgeschichte gegeben.
18 Prof. Wyman, in: Proceed. Americ. Acad. of Sciences. Vol. IV. 1860, p. 17.
19 Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. I, p. 533.
20 Die Großhirnwindungen des Menschen. 1868, p. 95.
21 Anatomy of Vertebrates. Vol. II, p. 553.
22 Proceed. Soc. Nat. Hist, Boston, 1863. Vol. IX, p. 185.
23 Die Stellung des Menschen in der Natur, p. 74.