Des Keßels Wucht stand unbewegt.
34
Aber Modis Vater erfaßt' ihn am Rand,
Stieg vom Estrich in den untern Saal.
Aufs Haupt den Hafen hob sich Sifs Gemahl;
An den Knöcheln klirrten ihm die Keßelringe.
35
Sie fuhren lange eh lüstern ward
Odhins Sohn sich umzuschauen:
Da sah er aus Höhlen mit Hymir von Osten
Volk ihm folgen vielgehauptet.
36
Da harrt' er und hob den Hafen von den Schultern,
Schwang den mordlichen Miölnir entgegen
Und fällte sie all, die Felsungetüme,
Die ihn anliefen in Hymirs Geleit.
37
[Sie fuhren nicht lange, so lag am Boden
Von Hlorridis Böcken halbtodt der eine.
Scheu vor den Strängen schleppt' er den Fuß:
Das hatte der listige Loki verschuldet.
38
Doch hörtet ihr wohl (wer hat davon
Der Gottesgelehrten ganze Kunde?),
Welche Buß er empfing von dem Bergbewohner:
Den Schaden zu sühnen gab er der Söhne zwei.]
39
Kraftgerüstet kam er zum Göttermal
Und hatte den Hafen, den Hymir beseßen.
Daraus sollen trinken die seligen Götter
Ael in Oegirs Haus jede Leinernte.
9. Oegisdrecka
. Oegirs Trinkgelag.
Oegir, der mit anderm Namen Gymir hieß, bereitete den Asen ein Gastmal, nachdem er den großen Keßel erlangt hatte, wie eben gesagt ist. Zu diesem Gastmal kam Odhin und Frigg sein Weib. Thôr kam nicht, denn er war auf der Ostfahrt. Sif war zugegen, Thôrs Weib, desgleichen Bragi und Idun sein Gemahl. Auch Tyr war da, der nur Eine Hand hatte, denn der Fenriswolf hatte ihm die andre abgebißen, als er gebunden wurde. Da war auch Niörd und Skadi sein Weib, Freyr und Freyja, und Widar, Odhins Sohn. Auch Loki war da und Freys Diener Beyggwir und Beyla. Da waren noch viele Asen und Alfen.
Oegir hatte zwei Diener, Funafengr und Eldir. Leuchtendes Gold diente statt brennenden Lichtes. Das Ael trug sich selber auf. Der Ort hatte sehr heiligen Frieden. Alle Gäste rühmten, wie gut Oegirs Leute sie bedienten. Loki, der das nicht hören mochte, erschlug den Funafengr. Da schüttelten die Asen ihre Schilde und rannten wider Loki und verfolgten ihn in den Wald und fuhren dann zu dem Mal. Loki kam wieder und sprach zu Eldir, den er vor dem Saale fand:
1
Sage mir, Eldir, eh du mit einem
Fuße vorwärts schreitest,
Was für Tischgespräche tauschen hier innen
Der Sieggötter Söhne?
Eldir sprach:
2
Von Waffen reden und ruhmvollen Kämpfen
Der Sieggötter Söhne.
Asen und Alfen, die hier innen sind,
Keiner weiß von dir ein gutes Wort.
Loki.
3
Ein will ich treten in Oegis Hallen,
Selber dieß Gelag zu sehn.
Schimpf und Schande schaff ich den Asen
Und mische Gift in ihren Meth.
Eldir.
4
Wiße, wenn du eintrittst in Oegis Halle,
Selber dieß Gelag zu sehn,
Und die guten Götter übergießest mit Schmach,
Gieb Acht, sie trocknen sie ab an dir.
Loki.
5
Wiße das, Eldir, wenn mit einander wir
In scharfen Worten streiten,
Ueppiger werd ich in Antworten sein,
Was du auch zu reden weist.
Da ging Loki in die Halle. Jene aber, die darinnen waren, als sie ihn eingetreten sahen, schwiegen alle still.
Loki sprach:
6
Durstig komm ich in diese Halle
Loptr den langen Weg
Die Asen zu bitten, mir Einen Trunk
Zu schenken ihres süßen Meths.
7
Warum schweigt ihr still, verstockte Götter,
Und erwiedert nicht ein Wort?
Sitz und Stelle sucht mir bei dem Mal,
Oder heißt mich hinnen weichen.
Bragi. 26
8
Sitz und Stelle suchen dir bei dem Mal
Die Asen nun und nimmer.
Die Asen wißen wohl wem sie sollen
Antheil gönnen am Gelag.
Loki.
9
Gedenkt dir, Odhin, wie in Urzeiten wir
Das Blut mischten beide?
Du gelobtest, nimmer dich zu laben mit Trank,
Würd er uns beiden nicht gebracht.
Odhin.
10
Steh denn auf, Widhar, 29 dem Vater des Wolfs Sitz zu schaffen beim Mal, Daß länger Loki uns nicht lästere Hier in Oegis Halle.
Da stand Widar aus und schenkte dem Loki. Als er aber getrunken hatte, sprach er zu den Asen:
11
Heil euch, Asen, Heil euch Asinnen,
Euch hochheiligen Göttern all,
Außer dem Asen allein, der da sitzt
Auf Bragis Bank.
Bragi.
12
Schwert und Schecken aus meinem Schatze zahl ich
Und einen Baug (Ring) zur Buße,
Daß du den Asen nicht Aergerniss gebest:
Mache dir nicht gram die Götter.
Loki.
13
Ross und Ringe, nicht allzureich doch
Weiß ich dich, Bragi, der beiden!
Von Asen und Alfen, die hier inne sind,
Scheut Keiner so den Streit,
Flieht Geschoße Keiner feiger.
Bragi.
14