Wörterbuch des besorgten Bürgers. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

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Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783955755973
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Meinungsäußerung verharmlost werden. Das haben mittlerweile die meisten Beteiligten verstanden − Nazis und Besorgte, AfD und Pegida, weil sie genau das wollen; der lernfähige Teil der Öffentlichkeit, weil sie erkannt haben, was da passiert. Alle anderen sollten sich fragen, wo sie stehen. Anfangen könnte damit vielleicht der sächsische Verfassungsschutz. Anstatt entsprechende Diskussionen aufzunehmen, hat sich die Behörde entschlossen, gleich einen Begriffsapparat für ihre »Berichterstattung zur Asylthematik« zu entwickeln. »Asylbezogene Veranstaltungen« sind demnach dann »asylfeindlich«, wenn sie von »Rechtsextremisten« organisiert werden (image Extremismus). Ansonsten sind sie »asylkritisch«. Wie − so hat die Behörde messerscharf erkannt − Pegida, weshalb es da nichts zu beobachten gebe. Das scheint sächsische Staatsräson zu sein, denn der damalige Innenminister Markus Ulbig (CDU) geht noch einen Schritt weiter, wenn er von einem irgendwie legitimen »Mantel der Asylkritik« spricht, unter dem illegitime Gewalt und Rassismus verdeckt würden; oder wenn er den Kern der Probleme in der »Auseinandersetzung zwischen Asylgegnern und Asylbefürwortern« entdeckt. Man könnte bei diesen Verhältnissen eine ausgewiesene »Sachsenkritik« entwickeln − wenn man es nicht besser wüsste. [mr]

       Atheismus

      image christlich-jüdisch

       Aufwachen

      Wer aufwacht, hat vorher geschlafen. Nun, mit offenen Augen, ist wieder ein frischer Blick auf die Welt möglich. Der Aufgewachte durchschaut, was läuft. Er ist kritisch bis unbequem, denkt selbst und plappert nichts nach. Dahinter steckt eine bestechende Strategie: Dieser kritische Geist ist qua seines Durchblicks in der Lage, auch den größten Stuss auf der Palette des Verschwörungsdenkens als image Wahrheit zu verkaufen.

      Auf das Aufwachen folgt das Aufstehen. Den Aufstand − in Rekurs auf image 89 auch schon mal image Wende 2.0 genannt − können freilich nicht einzelne nachdenkliche Zeitgenossen stemmen. Dafür braucht es entflammte Massen. Das Leiden des Aufgewachten stammt nicht vom Spott der Zeitgenossen − der ist ihm Bestätigung. Er leidet daran, dass so viele noch schlafen und sich einlullen lassen. Würden alle aufwachen und aufstehen, dann könnte man sich wehren, zur Mistgabel greifen und den Eliten zeigen, was man von ihnen hält. So aber bleibt der Erwachte der einsame Rufer in der Wüste, der tagein, tagaus unermüdlich das Flämmchen der Erleuchtung am Leben erhält. [fr]

       Aussterben

      image Umvolkung

       Bahnhofsklatscher

      image Gutmensch

       BRD GmbH

      image Deutschland GmbH

       Bürger

      Besorgte sind immer auch Bürger − ausschließlich. Sie sind keinesfalls etwas anderes, beispielsweise Neonazis, Landtagsabgeordnete oder Rassisten, sind »weder rechts, noch links« (image Mitte), »weder für die eine, noch für die andere Seite«. Nach ihrem Selbstverständnis verkörpern sie eine neutrale Zone innerhalb allen politischen Geschehens und äußern aus diesem zentral gelegenen Vakuum lediglich ihre image Sorgen und image Ängste. Nun ist der Standort zwar recht bequem, sich mit »gesundem Menschenverstand« selbst aus jeglichem Kontext herauszunehmen und von einer behaupteten neutralen Position aus zu sprechen, das bleibt aber Verschleierungsstrategie oder schlichtweg idiotisch.

      Das Wort Idiot leitet sich vom altgriechischen Begriff für eine Privatperson ab, die zwar öffentliche Ämter wahrnehmen könnte, es aber nicht tut. Ihr Gegenstück war der polites − eine Figur, auf die bis heute Überlegungen zur Stellung des Bürgers in einer demokratischen Gesellschaft zurückgreifen. Die idiotische Sphäre war die des oikos, also der Wirtschaft im Sinne der Reproduktion und Überlebenssicherung. Als gäbe es eine begriffsgeschichtliche Kontinuität vom Idioten der griechischen Polis zum besorgten Bürger, begründen auch letztere ihren aufgewühlten Gemütszustand mit der Sorge ums alltägliche Überleben und verweisen auf die Cent-Stücke (image D-Mark), die vom vielen Umdrehen bereits abgegriffen sind. Im Zustand ihrer seelischen Aufwallung bemerken sie jedoch nicht, dass sie sich das Politische zueigen machen und es gleichzeitig ablehnen − und so zu dialektisch oszilierenden Subjekten werden.

      Dass der Bürger von seiner Begriffsherkunft den Verteidiger eines befestigten Zufluchtsorts bezeichnet, dürfte mehr zum besorgten Selbstverständnis passen, da man sich im Belagerungszustand wähnt (image Invasionsarmee). Hinderlich dagegen: Bereits im 12. Jahrhundert vollzog sich eine semantische Verschiebung hin zum Burgbewohner statt des Verteidigers. Darin spiegelt sich das Hauptdilemma der besorgten Rhetorik: Bürgerschaft setzt, im Gegensatz zur Herrschaft, ein Verständnis der Horizontalität voraus. Sie ist eine Assoziation der Freien und Gleichen, in welcher sich aus Herkunft, Gewohnheit und Tradition keine Vorteile ableiten lassen, ebenso wenig wie die Ungleichbehandlung jener, die aus vertrauten Mustern herausfallen. In ihrem Avantgarde-Anspruch (»Wacht endlich auf!«, image Aufwachen), der allen Kritikern die politische Unmündigkeit und Korrumpiertheit attestiert, schlägt sich dagegen vielmehr ein patriarchales Herrschaftsdenken nieder. [rs]

       Bürgerwehr

      Es »wird zeit das endlich die demos in bürgerwehr aufgeht«, fordert ein Kommentator, »und unser ja unser land das deutschland aufräumen und die regierung stürtzen und dan raus mit den migranten alle es ist unser land was sytehmatich von