Malmedy - Das Recht des Siegers. Will Berthold. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Will Berthold
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711727348
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befahl Klausen gepreßt.

      Der Panzer schwenkte schwerfällig, aufheulend um seine eigene Achse. Aber da schwirrten gleich drei „Lightnings“ auf einmal heran.

      Wieblich, Saalbeck und Klausen sahen schmutzige Pilze aus der Erde wachsen. Eckstadt und der Munitionsschütze sahen nichts. Gar nichts. Ich möchte ’raus, dachte Eckstadt verkrampft. Er fühlte die schmierige Nässe auf seinem Rücken.

      Klausen ließ es bei der einen Wendung. Der Panzer holperte schwerfällig in den Wald zurück. Die anderen Tiger folgten ihm. Und die „Lightnings“ kamen noch tiefer, noch schneller, noch fetzender, noch tödlicher …

      Als der Obersturmführer die Augen wieder aufriß, surrten die Splitter in der Luft, klatschten gegen die Wände seines Tigers. Dann sah er die anderen Panzer brennen, dann seinen, einen vierten, einen fünften.

      Die Turmdeckel öffneten sich.

      Der dritte Tiger ging zuerst hoch. Er stieg einfach in die Luft, völlig zusammen und kompakt. Ein paar Meter über der Erde zerplatzte er. In der Mitte stand eine orangene Feuerkugel.

      „Arme Hunde“, knirschte Klausen. Dann riß er seinen Deckel auf.

      „Los, Wieblich“, brüllte er, „Fliegerabwehr!“

      Der Schütze schwenkte das MG hoch. Er fühlte den Rückstoß auf seiner Schulter, sah die herabregnenden Bomben, die auf ihn zukommenden Geschosse der Bordkanonen. Wieblich ließ sich einfach zurückfallen.

      Wie von einem Dampfhammer getroffen flog der Deckel wieder zu. Klausen brüllte auf. Der Schrei ging im Rasseln der Splitter, in den Aufschlägen der Bordgeschosse unter.

      Eckstadt übergab sich. Er sah, daß Klausen mit zerquetschtem Ellbogen kraftlos am Deckel hing. Sein übriger Körper war draußen geblieben.

      „’raus“, brüllte Wieblich als erster, „wir brennen!“

      Eckstadt sah nichts mehr. Dicke, gelbliche Schwaden hüllten alles ein. Von hinten, vom Motor schlug ihnen eine glühende Welle entgegen.

      „’raus … ’raus … ’raus …!“ schrie Wieblich.

      Mit einem schweren Brecheisen hantierten sie am Deckel. Genau an der Stelle, an der der Knochenbrei des Obersturmführers klebte. Wenn überhaupt noch etwas Spielraum zwischen dem verklemmten Deckel und dem Turm bestand, dann hier.

      Endlich gab das Luk nach.

      Jetzt erst bemerkten sie, daß der Tiger im Kreise auf einer Kette rollte.

      In dieser Sekunde kamen die „Lightnings“ zum drittenmal heran. Wieblich ließ sich nach draußen fallen. Mit affenartigen Sprüngen kam er um den Panzer herum und lief, den toten Winkel ausnützend, vor ihm her.

      Eckstadt blieb liegen, wo er hinfiel. Er schloß die Augen. Der Orkan raste über ihn hinweg.

      Nur Saalbeck ließ sich noch einmal in den Turm plumpsen.

      Die Bombe detonierte unmittelbar an Backbord des Tigers. Der Stahlkasten hob sich langsam und flog nach links. Er stand in hellen Flammen.

      „Mensch, hau ab“, brüllte Wieblich und rannte an Werner Eckstadt vorbei auf das nächste Gestrüpp zu.

      Saalbeck kroch aus dem umgefallenen Panzer. Ein Wunder, daß er noch lebte. Er sah aus wie gebadet. Benzin war über ihn gelaufen. Seine Füße brannten. Er schrie laut und unartikuliert und wälzte sich auf der Erde. Das Feuer züngelte an ihm hoch.

      „Hilf mir! Hilf mir!“ brüllte er zu Eckstadt.

      Werner lief auf ihn zu. Er warf ihn um, kratzte Schnee zusammen, schleuderte ihn auf Saalbeck.

      Da kamen die „Lightnings“ zum viertenmal.

      Eckstadt warf sich neben die brennende Fackel, neben den flammenden Saalbeck. Jetzt schossen die Flugzeuge nur noch mit Kanonen. Sie hatten keine Bomben mehr.

      Als Eckstadt den Kopf hob, sah er zehn Meter vor sich das verzerrte Gesicht des Obersturmführers Klausen. Er bat nicht, er wimmerte nicht. Er versuchte, sich mit unglaublicher Kraftanstrengung aus dem Tiger zu wälzen. Sein Gesicht war ganz schwarz.

      Werner wollte aufspringen, um ihm zu helfen.

      Da passierte es. Der Luftdruck schmiß ihn nach hinten. Er überschlug sich ein paarmal und blieb liegen. Er riß die Augen auf, fühlte seinen Körper ab, Stück um Stück. Es war ihm nichts passiert.

      Aber der Tiger detonierte endgültig. Werner kroch zurück zu Saalbeck. Der Panzerfahrer war zu einer kleinen, scheußlichen Puppe zusammengeschmort. Von Klausen konnte man nichts mehr sehen.

      Wie betäubt kroch Werner zu Wieblich in das Gestrüpp.

      Als die Maschinen endgültig verschwunden waren, suchten die beiden den Rest der Panzerkolonne ab. Sie fanden fünf ausgebrannte Wracks, elf Tote. Die anderen zehn waren so gründlich zerfetzt, verbrannt und zerrissen worden, daß nichts mehr von ihnen übrigblieb.

      Die drei unbeschädigten Panzer waren verschwunden.

      „Um so besser“, bemerkte Wieblich.

      „Wieso?“ fragte Eckstadt.

      „Na“, erwiderte der Panzerschütze, der aus der „Lötlampendivision“ hervorgegangen war, „jetzt können wir uns wenigstens nach hinten verpissen.“

      4. kapitel

      Diesmal landet Colonel Evans an der richtigen Stelle: im Kriegsverbrechergefängnis von Dachau. Ein baumlanger MP-Soldat führt ihn zum Kommandanten.

      „Freut mich, Sie zu sehen“, beginnt Oberst Bowler.

      Colonel Evans kommt gleich zur Sache.

      „Ist ja noch Zeit“, fährt der Kommandant fort, „der Prozeß beginnt erst in der nächsten Woche … Sie haben sich da auf eine schöne Sache eingelassen … Das sind ausnahmslos Verbrecher. Sie gehören gehängt. Und sie werden gehängt … Ich weiß nicht, was Sie noch wollen?“

      „Vielleicht haben Sie recht“, antwortet Evans. „Aber nur vielleicht. Ob ich die Verteidigung übernehme, hängt von einer Unterredung ab, die ich mit einem Ihrer Gefangenen führen möchte. Bitte rufen Sie den Häftling Werner Eckstadt.“

      „Sofort.“

      Man führt den Oberst ins Vernehmungszimmer. Nach fünf Minuten öffnet sich die Tür.

      Ein blasser, schmächtiger Mann wird in den Raum gestoßen. Er hat die Augen am Boden und hebt sie ganz langsam, zögernd, flackrig.

      „Sie sind Werner Eckstadt?“ fragt der Colonel.

      „Yes, Sir“, antwortet Werner auf englisch.

      „Ihr Fall interessiert mich. Vielleicht übernehme ich ihn.“ Colonel Evans steht auf, geht mit unruhigen Schritten im Raum auf und ab. „Damit wir uns recht verstehen“, er verharrt einen Moment und dreht sich nach Werner um, „wenn ich Sie bei einer einzigen Lüge fasse, ist es aus. Eine einzige Unwahrheit genügt.“

      „Jawohl, Sir.“

      „Sie waren im Malmedy-Einsatz?“

      Werner Eckstadt nickt.

      „Sie waren auf der Straße bei Werbomont?“

      „Auch das“, erwidert Werner.

      „Sie hatten mit der Erschießung wehrloser amerikanischer Soldaten nichts zu tun?“

      „No, Sir.“

      „Und Sie haben insgesamt drei Geständnisse unterschrieben?“ fährt Colonel Evans fort. „Sie haben in allen grausame Einzelheiten geschildert, wie Sie meine Landsleute ermordeten. Und diese Schilderung deckt sich genau mit den Berichten der Augenzeugen.“

      „Ja“, antwortet Werner Eckstadt.

      „Warum