• Im folgenden Abschnitt nehmen wir das Thema »Homosexualität« unter die Lupe, ein Thema, bei dem viele unsicher geworden sind. Wie eindeutig ist die Bibel in Bezug auf dieses Thema? Wie gehen wir, auch angesichts der derzeitigen gesellschaftlichen und juristischen Veränderungen, damit um? Und was heißt das für unseren Umgang mit betroffenen Menschen?
• Als Christen behaupten wir, dass alles Gott gehört. Das schließt auch uns selbst und unseren Besitz ein. Geld, Einfluss, Macht … Wie können wir lernen, Gott und nicht dem »Mammon« zu dienen? Darauf richten wir den Blick im neunten Kapitel.
Einstellungen
• Kapitel zehn vermittelt uns Einblicke in die Urgemeinde, als sie mit schwierigen Fragen konfrontiert wurde. Wie gelang es den Christen damals, Einheit zu bewahren und am Ende zu sagen: »Der Heilige Geist und wir haben beschlossen« (Apostelgeschichte 15,28)?
• In der Geschichte von den zwei Söhnen und dem entgegenrennenden Vater (»Der verlorene Sohn«, Lukas 15,11-32) zeigt Jesus uns, was bei Gott wirklich zählt: Beziehungen. Zugleich sehen wir, wie weit Gott ging, um die Beziehung zu uns wiederherzustellen. Dieses beeindruckende Gleichnis betrachten wir im elften Kapitel.
• Zuguterletzt beschäftigen wir uns mit der Begegnung Jesu mit einer Ehebrecherin und ihren scheinheiligen Richtern (Johannes 8,2-11). Als Gemeinden können wir von Jesus lernen, das Risiko der Gnade der Klarheit der Gesetzlichkeit vorzuziehen.
Das Ziel des Ganzen ist, dass wir als Gemeinden lernen, biblisch zu denken und verantwortlich zu handeln, wenn wir mit wichtigen ethischen Fragen konfrontiert werden. Was hätte Jesus getan? Was lehrt die Bibel? Wie gewinnen wir biblische Richtlinien? Wie können wir noch stärker eine verbindliche, eine bindende und lösende Gemeinschaft sein (s. Seite 45 f.)? Wie sieht ein Leben aus, das Gott gefällt? Wie können wir den besten Weg mit Normen und Freiheit entdecken?
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern viel Freude beim Lesen und Durcharbeiten dieses Buches, und ich wünsche jeder Gemeinde Erfolgserlebnisse, wenn sie die hier enthaltenen Vorschläge abwägt, sich zu eigen macht oder verbessert!
Tim Geddert Fresno, Kalifornien/USA, im Frühjahr 2004
GRUNDLEGENDES
Haben Sie schon einmal erlebt, dass jemand zu einer ethischen Frage eine Meinung vertrat, die Sie selbst für völlig falsch hielten – und dass Sie dann fassungslos hinnehmen mussten, dass diese Position auch noch als »biblisch« verteidigt wurde? Oder haben Sie schon einmal den Kopf geschüttelt, als Sie hörten, dass es tatsächlich Gemeinden gibt, (angeblich) gläubige Geschwister, die alle möglichen Standpunkte vertreten und Handlungen befürworten, die Sie selbst für völlig verkehrt und unbiblisch erachten? Oder umkehrt, haben Sie schon einmal mitleidig gelächelt, weil andere absolut harmlose oder gar positive Dinge als Sünde bezeichneten? Und wie gehen Sie, wie geht Ihre Gemeinde mit den ethischen Fragen um, die zur Zeit heikle Themen sind? Wie stehen Sie zu den Themen, bei denen die Meinungsunterschiede gewaltig sind und bei denen jede Seite davon überzeugt ist, dass die anderen Gott, den Menschen und der Lehre der Bibel untreu sind?
Es ist meine feste Überzeugung, dass solche Situationen uns weiterhin verblüffen, verwirren und frustrieren werden, solange wir unmittelbar in die Diskussionen ethischer Fragen einsteigen, ohne vorher gründlich zu prüfen, wo die Wurzeln unserer Meinungsunterschiede liegen. Denn dann würden wir entdecken, dass die Ursachen der meisten Meinungsunterschiede unter der Oberfläche liegen, also nicht bei den ethischen Fragen selbst, sondern bei viel tieferen Fragen – Fragen über das Wesen der Bibel, über die Art der Bibelauslegung, darüber, wie aus der Bibel ethische Richtlinien gewonnen werden – Fragen über unser Gemeindeverständnis, welche Rolle das Gemeinwohl im Leben eines Individuums spielen sollte (und umgekehrt), welche Rolle die Gemeinde in der Gesellschaft einnehmen sollte, wie genau wir unsere Überzeugungen gewinnen usw.
Im ersten Teil dieses Buches möchte ich einige dieser Themen grundlegend besprechen. Dazu gehören Themen wie: unsere »Hermeneutik« (Grundsätzliches zum Thema »Bibelauslegung und -anwendung«), die Grundzüge einer biblischen Ethik, das Wesen der christlichen Gemeinschaft und ihre ethische Verantwortung, die Rolle der Bergpredigt für diese Überlegungen. Ich werde dazu mehrere biblische Texte betrachten und mehrere ethische Fragen ansprechen.
Es ist jedoch nicht das Ziel dieses Abschnittes, endgültige Antworten anzubieten. Es geht vielmehr darum, grundsätzliche Überlegungen und Richtlinien zu überprüfen, die wir dann später anwenden können, wenn wir uns mit konkreten ethischen Fragen auseinandersetzen. Es ist nicht die Absicht dieses Buches, eine bestimmte Position als richtig zu erklären und alle anderen Positionen als falsch. Es geht mir darum, Dinge ans Licht zu bringen, die uns zeigen, wo wir aneinander vorbeireden. Diese Punkte können uns dann hoffentlich helfen, im Gespräch weiter zu kommen. Damit sollten wir besser in der Lage sein, die teilweise schwierigen Themen des zweiten Teiles dieses Buches anzupacken.
GRUNDLEGENDES
1. Gott spricht durch die Bibel: Warum hören wir so unterschiedlich?
Im ersten Kapitel will ich darstellen, wie ich selbst mit der Bibel umgehe. Nicht alle Meinungen über die Bibel, die fromm klingen, sind hilfreich, um aus der Bibel Wegweisungen zu gewinnen. Aber welche Haltungen in Bezug auf das Wesen der Bibel helfen? Was für ein Buch ist die Bibel überhaupt? Welche Ziele, welche Haltungen, welche Schritte können uns voranbringen?
Der Mittelweg
Es gibt Gemeinden, die die christlichen Traditionen der Vergangenheit relativ unkritisch über den Haufen werfen. Dabei passen sie sich all zu schnell der heutigen Kultur an. Die Bibel wird zwar zitiert, wenn sie heutige Einstellungen und Trends zu unterstützen scheint, aber stillschweigend zur Seite gelegt, wenn das nicht der Fall ist. Richtschnur für Glauben und Leben ist sie damit nicht.
Es gibt aber auch Gemeinden, die der Gefahr auf der anderen Seite erliegen. Sie halten die Traditionen ihrer kirchlichen Vergangenheit relativ unkritisch aufrecht, manchmal auf Kosten von Relevanz und Konsequenz. Manches wird als unumstößliche biblische Wahrheit und Wegweisung angesehen, was eigentlich Tradition ist oder früher einmal in einer bestimmten Situation eine angemessene Anwendung der biblischen Lehre war. Wenn wir Traditionen aufrechterhalten, ohne die Bibel heute zu befragen, dann ist sie auch nicht unsere Richtschnur.
Es geht also darum, den Mittelweg zu finden. Paulus empfiehlt: »Prüft alles, und behaltet das Gute!« (1. Thessalonicher 5,21). Und das ist tatsächlich der bessere Weg. Weder die heutige Kultur noch die Traditionen der Vergangenheit dürfen zum Maßstab werden. Maßstab ist die Bibel, und wenn wir sie angemessen betrachten, vermittelt sie uns Wegweisungen fürs Leben.
»Sola Scriptura«: Allein die Schrift
Gerade dieser Mittelweg ist manchmal aber ein schwerer Weg. Denn er bedeutet, mit der Bibel in der Hand sowohl die heutige Kultur als auch die kirchlichen Traditionen der Vergangenheit kritisch zu hinterfragen. Das ist gar nicht so einfach, denn von alleine beantwortet die Bibel unsere Fragen nicht. Der reformatorische Grundsatz Martin Luthers Sola Scriptura (allein die Schrift) bedeutet nicht, dass die Bibel automatisch alles von selbst erledigt.
Wir müssen unsere Richtlinien in der Bibel suchen und finden. Und dafür brauchen wir nicht nur Wissen über die Bibel, nicht nur eine gute Konkordanz oder die Bereitschaft, biblische Aussagen anzunehmen, sondern wir brauchen auch die richtige Einstellung zur Bibel. Wir benötigen eine gute Herangehensweise an die Bibel, brauchen die Bereitschaft, miteinander und voneinander zu lernen, wie sie richtig ausgelegt und angewendet werden soll – und das alles, obwohl wir die Bibel manchmal sehr