Leichen bluten nicht - Roland Benito-Krimi 6. Inger Gammelgaard Madsen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Inger Gammelgaard Madsen
Издательство: Bookwire
Серия: Roland Benito
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711668580
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Fragen geantwortet. Es kann ganz einfach nicht stimmen, dass sie tot ist!«

      Roland war kurz davor, sie daran zu erinnern, dass Maja ihr, wie sie selbst erwähnt hatte, ein paar Mal ›entglitten‹ sei, aber er wollte Isabella nicht in ein schlechtes Licht rücken und noch weniger Kurt erneut unterbrechen. Er war vor Aufregung schon ganz rot im Gesicht, kein gutes Zeichen.

      »Wir haben es also offensichtlich mit Mord zu tun. Der Täter muss gefasst werden. Und zwar umgehend!«, fuhr Kurt fort und ignorierte Isabellas kleinen Einwand. Sie schaute nach unten auf den Tisch und schüttelte verständnislos den Kopf.

      »Was habt ihr bei den Vernehmungen gestern herausgefunden?« Kurt sah Roland an und gab damit den Ball weiter. Er schenkte sich Kaffee in seinen Plastikbecher ein, ohne den Blick von ihm abzuwenden.

      Roland öffnete eine Flasche kaltes Wasser und schaute in seine Notizen.

      »Isabella hat Maja Andersen befragt, aber die konnte ihren Vergew… den Täter«, verbesserte er sich, »nicht beschreiben. Sie war ins Bett gegangen und eingeschlafen, als sie plötzlich überfallen und vergewaltigt wurde. Es lässt sich schwer feststellen, ob er sie vergewaltigt hat, bevor er sich mit einem bislang unbekannten Gegenstand an ihr vergangen hat. Die Verletzungen waren jedenfalls so stark, dass die Gebärmutter des Mädchens entfernt werden musste. Aufgrund einer inneren Blutung musste es sehr schnell gehen, sodass die technischen Untersuchungen nicht so gründlich durchgeführt werden konnten … markante Verletzungen an den Handgelenken und Knöcheln zeigen, dass sie gefesselt war.«

      Kurt Olsen verzog das Gesicht, Hafids dunkle Augen ruhten aufmerksam und besorgt auf Roland, Isabella schaute immer noch auf den Tisch, Niels drehte seinen Kaffeebecher in den Händen, Kim starrte Löcher in die Luft und Mikkel machte sich Notizen.

      »Wir wissen also immer noch nicht, was er benutzt hat?«, fragte er. Er hatte einen schläfrigen Ausdruck in den Augen und offenbar Zeit gehabt, gestern Nachmittag zum Friseur zu gehen. Er hatte nun eher eine Glatze als einen Bürstenschnitt. Vielleicht hatte Isabella ihm mit dem Rasierer geholfen, überlegte Roland.

      »Leider nicht. In ihrer Wohnung wurde nichts gefunden. Die Techniker haben überall gesucht nach … vielleicht sollten wir es jetzt die Mordwaffe nennen … und Maja Andersen konnte nicht sagen, was es war. Sie hat während des Tathergangs das Bewusstsein verloren.«

      »Was sagt die Rechtsmedizin denn über diesen …« Kurt Olsen fuchtelte mit der Hand in der Luft, während er nach dem Wort suchte, »… Gegenstand?«

      »Den Verletzungen nach zu urteilen ist er hart, ziemlich groß und vielleicht scharfkantig. Natalie meint, er sei vielleicht scharf und viereckig, aber sie kann es nicht mit Sicherheit sagen, daher haben wir keine Ahnung, wonach wir suchen sollen.«

      »Scheißdreck!«, murmelte Kim und erhielt einen schnellen, zustimmenden Blick von Isabella.

      »Ich habe im Wartezimmer des Krankenhauses mit Majas Freundin gesprochen, Nanette Sunds. Sie hat einen Schlüssel für Majas Wohnung und behauptet, die Tür sei abgeschlossen gewesen, sodass sie aufschließen musste, um reinzukommen. Maja hat den Täter also entweder selbst hineingelassen oder er hatte auf andere Weise Zugang zu der Wohnung. Du hast gestern Nachmittag mit Nanette gesprochen, oder, Isabella? Hast du etwas Neues erfahren?«

      Isabella schluckte hörbar und riss sich zusammen. Als sie begann zu sprechen, war ihre Stimme ein wenig belegt, aber dann war es, als ob sie sich warmredete.

      »Es stimmt, das Nanette einen Schlüssel zu Majas Wohnung hat und umgekehrt, wir müssen wohl einfach glauben, dass Nanette aufgeschlossen hat.«

      »Es gab ja auch keine Einbruchspuren, deswegen ist es wohl am wahrscheinlichsten, dass sich der Täter, als Maja vom Spinning nach Hause gekommen ist, bereits in der Wohnung aufgehalten und irgendwo versteckt hat, bis sie eingeschlafen war«, sagte Niels.

      Isabella warf ihm einen warnenden Blick zu. Sie mochte es ebenso wenig unterbrochen zu werden wie Kurt Olsen.

      »Majas Freund, Carsten Hald, ist bei Nanette aufgetaucht, während ich da war, also konnte ich auch mit ihm sprechen. Er wirkte aufrichtig erschüttert darüber, dass Maja vergewaltigt wurde und bereute, nicht bei ihr geblieben zu sein, und was, wenn sie nun …« Sie stockte und schielte zu Kurt Olsen, der die Stirn runzelte. Für persönliche Meinungen zu diversen Fällen gab es keinen Platz in seinem arbeitsreichen Alltag, und Isabella wusste das nur zu gut. Frauen seien zu emotional, das vergeude wertvolle Zeit und beeinträchtige die Objektivität, hatte er sie einmal zurechtgewiesen.

      »Alle gaben unabhängig voneinander dieselbe Erklärung ab, daher wirkt sie sehr glaubwürdig«, schloss sie.

      »Die Fingerabdrücke in der Wohnung waren nur Majas eigene und die einiger Freunde. Hatten die alle ein Alibi für die Nacht von Sonntag auf Montag?«

      Isabella nahm einen Schluck Wasser aus ihrem Glas, bevor sie nickte.

      »Ich habe es noch nicht geschafft, sie alle zu überprüfen, aber bei all denen, die ich befragt habe, stimmt es.«

      »Okay, du checkst noch den Rest. Wir müssen herausfinden, wie sich der Täter Zutritt zu Majas Wohnung verschafft hat, ohne dass sie es bemerken konnte.«

      Hafids Goldkettenarmband rasselte, als er sich die dunklen Haare aus der Stirn strich. »Ja, wie ist er verflixt nochmal reingekommen, ohne die Tür aufzubrechen? Sie hat doch im dritten Stock gewohnt und außerdem gibt es an der Haustür eine Gegensprechanlage. Habt ihr daran gedacht?«, fragte er.

      »Die Gegensprechanlage! Ja, aber dann muss irgendjemand den Täter wohl hereingelassen haben, als er geklingelt hat. Habt ihr mit den Nachbarn gesprochen?« Kurt Olsen öffnete hektisch den obersten Knopf seines Hemdes und riss ihn dabei beinahe ab, sodass einige weiße, lockige Haare auf seiner Brust sichtbar wurden.

      »Mit denen, die wir angetroffen haben. Ein Paar war verreist, aber dann kommen sie ja sowieso nicht infrage«, schlussfolgerte Hafid logisch.

      »Nein, nicht, wenn sie vor Sonntagnacht verreist sind. Dieses Paar habt ihr also nicht erreicht?«

      »Ich jedenfalls nicht«, antwortete Hafid und schaute die anderen fragend an, aber niemand hatte etwas dazu zu sagen.

      »Okay, um die kümmert ihr euch gleich. Und nun zu unserem anderen Fall mit der verschwundenen Leiche. Wie weit ist die Aufklärung da? Der Bürgermeister hat heute Morgen angerufen, er wartet auf meinen Rückruf. Was soll ich ihm sagen?«, seufzte Kurt Olsen resigniert und rieb sich seinen verschwitzten Nacken.

      »Wir warten auf die Ergebnisse der DNA-Analyse der Haare, damit wir wissen, woher sie stammen«, entgegnete Roland.

      »Ja, aber, zum Teufel, von wem können die denn sonst stammen als von der Leiche?«

      »Sie stammen nicht von einem Menschen, meinen die Techniker.«

      Aber Roland war es auch leid, auf Antwort zu warten. Er sah die langwierige Analysearbeit vor allem als Zeitverschwendung, aber so war nun einmal das Procedere. Die Analyse des Bluts aus Maja Andersens Schlafzimmer lag auch noch nicht vor. Aber konnte es von jemandem anders als ihr stammen? Beweise waren das einzige, was sie herbeischaffen sollten. Dokumentierte Beweise, andernfalls würde jeder Verteidiger sie vor Gericht auseinandernehmen. Vielleicht hatten sie auch Glück, und das Blut gehörte zu Majas Täter, also hieß es, geduldig abzuwarten.

      »Hat die Familie ihn nicht im Sarg liegen gesehen? Aufbahrung in der Kapelle ist doch recht üblich geworden«, schnarrte Kurt Olsen weiter.

      Roland schüttelte den Kopf. »Die Familie hatte sich entschieden, auf den Bestatter zu hören, der davon abgeraten hat. Er muss nach dem Unfall keinen besonders schönen Anblick geboten haben. Besonders sein Gesicht war ziemlich in Mitleidenschaft gezogen. Sie konnten ihn nicht ordentlich schminken, daher …«

      Alle saßen schweigend da und starrten auf einen unsichtbaren Punkt in der Mitte über dem Tisch.

      »Wie kommen wir weiter?«, fragte Kim schließlich und richtete die Brille, die den verschwitzten Nasenrücken herunterrutschte. Noch ein heißer Morgen hatte die Temperaturen weiter hochgeschraubt, und im