Mein erster Stadionbesuch. Jannis Linkelmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jannis Linkelmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783895338960
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meinem ersten Stadionbesuch sah ich voller Ehrfurcht auf Fritz Walter und seinen Bruder Ottmar. Aber auch Spieler wie Willi Hölz, die Brüder Werner und Ernst Liebrich und die unvergessenen Werner Kohlmeyer und Hans Christmann habe ich noch heute vor Augen. Fast keiner von ihnen lebt heute noch. Ihre Art und Weise, Fußball zu spielen, zog mich in den Bann. Das Spielergebnis geriet für mich schnell in den Hintergrund. Viel zu fasziniert war ich von den flüssigen Spielzügen und den athletischen Spielern. In meinem Heimatort war ich bereits mit 15 ein bekannter Fußballer, aber die damaligen »Teufel« haben mir gezeigt, was es heißt, wirklich guten Fußball zu spielen.

      Wenn ich heute meine Eindrücke beschreiben darf, kann ich es nur als etwas sehr Großes und Einmaliges beschreiben, dieses Spiel gesehen zu haben. Und was es in mir ausgelöst hat, den großen Fritz Walter damals spielen gesehen zu haben, kann ich bis heute kaum in Worte fassen.

      Nachdem das Spiel viel zu schnell vorbei war, haben wir uns wieder auf unsere Räder geschwungen und sind Richtung Vogelbach geradelt. Total euphorisch tauschten wir uns über das Gesehene und Erlebte aus. In dieser Saison scheiterte der FCK zu meiner großen Trauer im Endspiel am 1. FC Nürnberg und meinem späteren Nationalmannschaftskollegen Max Morlock. Niemals hätte ich gedacht, dass ich je an diesen Ort, den Betzenberg, als Spieler zurückkehren würde.

      Die Eindrücke dieses Stadionbesuchs haben mein Leben schon damals maßgeblich beeinflusst. Noch mehr strengte ich mich im Training an. Noch kritischer wurde ich mit meinen eigenen Leistungen und meinen Defiziten. Noch weiter wurde mein Wille zum Siegen gesteigert. Das Erlebte setzte bei mir unglaubliche Kräfte frei und ich konnte meine Mannschaft zwei Spielzeiten in Folge mit jeweils 30 bis 40 Toren unterstützen.

      Und so kam es, dass ich bei einem Spiel von Beobachtern des FCK angesprochen wurde. Just in dieser Begegnung gelangen mir sechs Tore in der zweiten Halbzeit und die »Scouts« waren begeistert. Von da an sollte ich plötzlich zum Training nach Kaiserslautern kommen. Das war damals sehr aufwendig, aber auch eine große Ehre.

      Mit gerade mal 17 Jahren kam ich so zu den Junioren des FCK. Eine enorme Herausforderung, schließlich waren meine Mitspieler und Gegner alle zwischen 18 und 21 Jahre alt, teilweise noch älter und schon richtige gute Fußballer. Ich hatte damals Mitspieler, die sich ein jeder Stürmer nur wünschen kann. Sie unterstützten mich, wo sie nur konnten, und so gelangen mir in beinahe jedem Spiel drei, vier oder auch fünf Tore. Eine Zeit, in der sich meine Freude am Fußball weiter gesteigert hat und ich immer mal wieder heimlich davon geträumt habe, das Gesehene aus meinem Stadionbesuch wahr werden zu lassen. Fritz Walter und die erste Mannschaft des FCK schienen auch damals noch unerreichbar.

      Aber das sollte sich schlagartig ändern. Und so kam ein knappes halbes Jahr später der Moment, von dem ich bei meinem ersten Stadionbesuch nicht mal zu träumen gewagt hätte: Plötzlich stand ich neben Fritz Walter auf dem Platz. Meine Leistungen bei den Junioren hatten sich im Verein herumgesprochen und ich nahm ab sofort am Training der Oberliga-Mannschaft teil. Mein Traum wurde endgültig war, als ich mit 18 Jahren das erste Freundschaftsspiel mit meinen damaligen Idolen spielen durfte. Es war ein unglaubliches Gefühl, welches man kaum in Worte fassen kann. Einerseits dieser Stolz, neben solchen großen Spielern auf dem Platz stehen zu können, andererseits aber immer wieder die Angst, einen Fehler zu machen.

      Aber alle Sorgen erwiesen sich als unbegründet. Die Mannschaft und besonders Fritz Walter machten mir den Einstieg wirklich leicht und unterstützten mich in allen Bereichen. In kaum einem Team hätte sich ein so junger Spieler so gut fortentwickeln können. Während ich in der Saison 1950/51 noch als Rechtsaußen um Tore für die deutsche Meisterschaft kämpfte, wechselte ich in der Saison 1952/53 ins Mittelfeld. So wurde aus dem ehemals 15-jährigen Jungen aus Vogelbach ein fester Bestandteil des 1. FC Kaiserslautern. Während ich ein paar Jahre zuvor noch voller Ehrfurcht von der Tribüne auf meine Idole herunterschaute, war ich wenig später sogar Teil des »Lauterer Blocks« der Nationalmannschaft geworden. Gemeinsam mit Fritz Walter absolvierte ich alle Spiele der Weltmeisterschaft 1954, an deren Ende »Das Wunder von Bern« als unvergessener Triumph stand.

      Mein Weg zum erfolgreichen Gewinn der Weltmeisterschaft 1954, ist und bleibt daher untrennbar mit meinem ersten Stadionbesuch verbunden …

      Kurz urlaub mit Muttern

       Gisela Schenke

      geb.: 1963

      Schriftstellerin

       Fan von Borussia Mönchengladbach

      Ich liebe Fußball, und ich liebe ihn von Kindesbeinen an. Und Borussia Mönchengladbach ganz besonders, obwohl ich in Süddeutschland aufgewachsen bin und immer noch dort lebe. Seit den 1970er Jahren bin ich ein großer Fan, aber ohne selbst Mitglied des Vereins zu sein oder Fan-Artikel zu besitzen.

      Sehr aufmerksam verfolge ich die Entwicklung der Borussia. Ich kann mich noch gut an ihre letzten drei Meisterschaft en Mitte der 1970er Jahre erinnern. Erfolgstrainer war damals der große Hennes Weisweiler, dessen Stil und Aura bis heute unvergessen bleiben. Meine Lieblingsspieler waren »Kalle« Del’Haye, Christian Kulik und Allan Simonsen.

      Es sollte aber noch viele Jahre dauern, bis ich mein erstes Stadionerlebnis am legendären Bökelberg in Mönchengladbach haben sollte. Zunächst machte mir meine Mutter im Jahr 1977 die große Freude, einen gemeinsamen Kurzurlaub in Mönchengladbach zu verbringen, um den Spielern endlich einmal näher sein zu können. Leider waren zu diesem Zeitpunkt aber keine Bundesligaspiele, denn es war Sommerpause, die Saison fing folglich erst einige Wochen später an. Es war aber schon Vorbereitungszeit, die Spieler hatten also das Training bereits wieder aufgenommen, aber ich traute mich damals nicht zu fragen, ob man dabei zuschauen darf. Dennoch konnten wir uns das Stadion am Bökelberg von außen ansehen. Obwohl wir das eigentliche Gelände nicht betreten haben, strahlte das Stadion dennoch einen unglaublichen, fast mystischen Zauber auf uns aus.

      So warteten wir dann auf das Trainingsende, bis die Mannschaft das Gelände verließ. Es bot sich die Gelegenheit, einige Fotos zu machen, ich war hin und weg, wahnsinnige Glücksgefühle kamen beim Anblick der Spieler in mir auf.

      Das erste Live-Spiel meiner Gladbacher erlebte ich 1986 im Münchner Olympiastadion. Der damalige Trainer der Münchner hieß Udo Lattek, auf Seiten der Gladbacher saß Jupp Heynckes auf der Bank. Leider verloren meine Borussen mit 1:3. Es war dennoch schön und beeindruckend, sie mal direkt im Stadion erleben zu dürfen. Die ganz große Bedeutung hatte der Stadionbesuch für mich nicht, da es ja ein fremdes Stadion war. Also zumindest überkamen mich nicht solche emotionalen Empfindungen wie vor dem verschlossenen Bökelberg. Meine Borussia im eigenen Stadion zu erleben, ist halt was ganz Besonderes. Auch die Stimmung im weiten Olympiastadion war eine ganz andere als auf dem engen heimischen Bökelberg.

      Es dauerte dann noch fast zehn Jahre, bis es zur Heimpremiere bei der Borussia kam. Es war der 12. April 1995. Heute noch denke ich sehr viel darüber nach und bin immer wieder glücklich, dort ein Spiel erlebt haben zu dürfen. Es war das Halbfinale des DFB-Pokals gegen den 1. FC Kaiserslautern. Trainer der Gladbacher war damals Bernd Krauss, bei Kaiserslautern trainierte Friedel Rausch. Wir fuhren zu viert hin, allesamt heißblütige Fans der Borussia. Die Ankunft am Stadion in Mönchengladbach war sehr aufregend für mich. Die vielen Fans verbreiteten mit ihren Gesängen eine großartige Stimmung, ohne Aggressivität, einfach nur friedlich und euphorisch. Als dann die Mannschaft namentlich vom Stadionsprecher vorgestellt wurde, gab es bei jedem einzelnen Spieler einen großen Aufschrei, bei der Erwähnung einiger Stars sogar einen Sturm der Begeisterung. Meine Lieblingsspieler waren zum damaligen Zeitpunkt Torhüter Uwe Kamps und der Stürmer Heiko Herrlich.

      Ich kann mich noch genau erinnern: Das Spiel war an Spannung kaum zu überbieten, ein offener Schlagabtausch, der uns nicht auf den Sitzen hielt. Nach 90 Minuten stand es immer noch 0:0, es musste also in der Verlängerung eine Entscheidung fallen. Die Angst, die Partie könnte im Elfmeterschießen entschieden werden, wuchs von Minute zu Minute. Für beide Teams stand ja sehr viel auf dem Spiel, nichts Geringeres als der Einzug ins deutsche Pokalfinale. Doch in der 101. Minute dann die Entscheidung: Ich werde diesen Augenblick nie vergessen.