Autochthone Minderheiten und Migrant*innen. Sarah Oberbichler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sarah Oberbichler
Издательство: Bookwire
Серия: Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783706561075
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etablierte Arrangement durcheinandergebracht?

      (3) Ab wann wird Migration ein öffentlich diskutiertes Thema und in welchem Kontext? Welche politischen und historischen Ereignisse (regional, national, international) beeinflussen die Wanderungsbewegungen?

      (4) Wie wirkt sich die Zuwanderung auf die ethnische Debatte in Südtirol aus? Wie wirken sich die historischen Konflikte bzw. deren immer wieder aktualisierte Erinnerung (Italianisierung, Majorisierung) auf die Zuwanderung aus?

      Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, vorhandene Defizite in der Forschung auszugleichen, zentrale Argumentationsstrategien der Südtiroler Tageszeitungen zum Thema Migration offenzulegen sowie einen historischen Zugang zu schaffen. Zuwanderung ist aus wirtschaftlicher Sicht in Südtirol unverzichtbar geworden, jedoch ist das Land nach wie vor von einer notwendigen Integration der neuen Minderheit weit entfernt, politisch aber vor allem auch kulturell. In den Südtiroler Medien wird die wachsende Fremdenfeindlichkeit Jahr für Jahr spürbarer, wobei es sprachgruppenspezifische Unterschiede bei der Wahrnehmung gibt. Zu analysieren, wie es zur derzeitigen Situation kam, liegt im Hauptinteresse des vorliegenden Projektes.

      Basierend auf dem Vergleich der Tageszeitungen Alto Adige und Dolomiten und unter Berücksichtigung des auf Trennung ausgerichteten politischen Systems ergeben sich folgende zwei Thesen:

      Zweitens wird angenommen, dass sich die Zuwanderung in Südtirol mehr negativ als positiv auf das Zusammenleben der drei Sprachgruppen in Südtirol ausgewirkt hat und dass es nur bedingt zu einem Wir-Gefühl und Zusammenrücken der drei autochthonen Bevölkerungsgruppen gekommen ist.

      „a) […] die Ankunft von Gruppen mit einer betont unterschiedlichen Identität wird zur Folge haben, daß die Wahrnehmung der Ähnlichkeit unter den bodenständigen Gruppen verstärkt und die der Unterschiedlichkeit abgeschwächt wird;

      b) […] die bodenständigen Gruppen neigen dazu, die Wahrnehmung der Gemeinschaftlichkeit der Interessen (die an das gemeinsame Land gebunden sind) eher als die Unterschiedlichkeit zu verstärken […]

      Renzo Guberts Überlegungen und Fragen, wie sich Zuwanderung auf das Zusammenleben von unterschiedlichen bodenständigen Gruppen auswirken könnte, hatten durchaus seine Berechtigung. Mehr als Zukunftsprojektionen waren 1991 angesichts vernachlässigbarer Zuwanderung aber nicht möglich. 25 Jahre später sind wir durchaus in der Lage, mögliche Antworten auf derartige Überlegungen zu finden. Die vorliegende Forschungsarbeit unternimmt einen ersten Schritt in diese Richtung, rekonstruiert die Migrationsgeschichte seit 1990 und legt Diskurse über Migration offen.

      Grundlage für die Analyse bildet ein speziell für diese Untersuchung zusammengestelltes Korpus zum Thema Migration und Südtirol, das den Zeitraum von 1990 bis 2015 abdeckt und etwas mehr als 20.000 Zeitungsartikel und Leserbriefe der Dolomiten und Alto Adige umfasst. Bewusst wurden für die Analyse der Wahrnehmung von Migration die beiden auflagenstärksten Südtiroler Tageszeitungen herangezogen, da sie innerhalb der eigenen Sprachgruppe die wichtigsten Medien darstellen und dadurch meinungsbildend für breite