Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Chefarzt Dr. Norden Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740975135
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gesprochen. Anders als Dr. Norden behauptet, ist es durchaus möglich, dein Bein konservativ, also ohne Operation zu behandeln.« Er schlug die Bettdecke zurück. »Steh auf und zieh dich an. Du kannst gehen.«

      Elfriede rang noch mit der Fassung, als Dieter Fuchs das Wort ergriff.

      »Ich kann verstehen, dass du deiner Mutter diesen Eingriff ersparen willst«, bemerkte er grimmig in Volkers Richtung. »Aber ich dulde nicht, dass du den Chef dieser Klinik verunglimpfst. Dr. Nordens fachliche Kompetenz ist über jeden Zweifel erhaben.«

      Ein bösartiges Lächeln zuckte um Lammers’ Lippen.

      »Da warst du aber schon einmal anderer Meinung.«

      »Das tut jetzt nichts zur Sache.«

      Mit Genugtuung verfolgte Elfriede Lammers die Debatte, die ihretwegen entbrannt war. Selten wurde ihr so viel Aufmerksamkeit zuteil wie in dieser Klinik.

      »Ich sagte es gestern schon einmal: Deine Mutter ist eine erwachsene Frau und kann ihre eigenen Entscheidungen treffen.«

      »Nicht, wenn sie ständig von Verrätern wie dir becirct wird«, konterte Lammers.

      Der Verwaltungsdirektor bebte vor Zorn.

      »Unter diesen Umständen muss ich leider Dr. Norden informieren«, wandte er sich an Elfriede. »Ich könnte mir vorstellen, dass er die Operation absagen wird.«

      »Das kommt überhaupt nicht in Frage«, widersprach Elfriede energisch. »Und bitte entschuldigen Sie das unmögliche Benehmen meines Sohnes.«

      Dieter Fuchs zögerte.

      »Wie Sie wollen.« Er nickte ihr zu, schickte Lammers einen vernichtenden Blick, und rauschte aus dem Zimmer.

      »Und du kannst auch gleich verschwinden«, schleuderte Elfriede ihrem Sohn entgegen.

      Volker ballte die Hände zu Fäusten.

      »Ist das der Dank dafür, dass ich nur dein Bestes will?« Der zweite Rauswurf innerhalb von 24 Stunden brachte das Fass zum Überlaufen. »Das wird dir noch leidtun.«

      »Raus habe ich gesagt!«

      Im nächsten Moment fiel die Tür zum zweiten Mal innerhalb von Minuten krachend ins Schloss.

      *

      Der kleine Raphael lag schon im OP. Die Biopsie sollte in wenigen Augenblicken beginnen. Falls ein Schnellschnitt den Verdacht eines Tumors bestätigte, wollten die Kollegen gleich weiter operieren.

      »Was ist los?« Die Kinderärztin Carola May stand neben der Leiterin der Pädiatrie im Vorraum des OPs und wusch sich die Hände. Anders als sonst, wirkte Fee Norden unentschlossen. Das entging ihrer Kollegin nicht. »Ist alles in Ordnung?«

      Fee schaltete den Wasserhahn ab und griff nach einem Handtuch.

      »Ich weiß nicht. Irgendwie habe ich ein komisches Gefühl bei der Sache«, gestand sie. Sie musterte Carola nachdenklich. »Was, wenn wir es gar nicht mit einem Tumor zu tun haben?«

      »Der Befund ist doch eindeutig.« Im Vorfeld der Operation hatten die teilhabenden Ärzte alles ganz genau besprochen. »Es kommt keine andere Erkrankung in Frage. Weder die Blutwerte noch die bildgebenden Verfahren lassen einen anderen Schluss zu. Das hat auch Lammers bestätigt. Der ist vielleicht nicht unser Liebling, aber der beste Kinderchirurg im Haus.« Carola zwinkerte ihrer Chefin zu.

      Felicitas warf das Handtuch in den Wäscheeimer in der Ecke. Eine Schwester half ihr in den Operationskittel.

      »Der geschätzte Kollege Lammers ist wegen der Einlieferung seiner Mutter gestern nicht gerade auf der Höhe«, erwiderte sie. »Zumindest ist das mein Eindruck. Sie haben doch selbst gehört, dass er Raphael gestern Morgen am liebsten am Blinddarm operiert hätte. Gestern Nachmittag war er dann felsenfest davon überzeugt, wir hätten es mit einem Tumor zu tun.« Die Schwester band ihr die Maske um, und sie betrat den OP.

      Raphael schlief tief und fest. Das Team stand bereit, der Operationsbereich war abgedeckt. Felicitas Norden holte tief Luft. Sie streckte die Hand aus. Die Schwester legte das Skalpell hinein. Doch Fee zögerte. Ihr Blick ging ins Leere. Sie dachte über die Frage nach, die sie den Eltern am vergangenen Nachmittag hatte stellen wollen. Was war es nur gewesen? Wie schon in den Stunden zuvor rief sie sich die Bilder in Erinnerung. Eingefallen war es ihr nicht. Doch in diesem Moment war es anders. Plötzlich zog eine unsichtbare Hand den Vorhang beiseite, und Licht erhellte das Dunkel. »Ich wollte sie nach ihrem Beruf fragen.«

      »Wie bitte?«, fragte Carola verständnislos. Sie stand ihrer Chefin gegenüber am Tisch.

      Noch immer hielt Fee das Skalpell in der Hand. Mit einem Mal war sie aufgeregt.

      »Raphaels Eltern! Ich wollte sie nach ihren Berufen fragen.«

      »Was spielt denn das für eine Rolle?«, wunderte sich Dr. May.

      Doch Fee hörte sie nicht mehr. Sie ließ das Skalpell fallen, riss die Maske vom Mund und stürmte los. Durch den Operationsbereich hinaus auf den Flur. Dort blieb sie kurz stehen, um sich zu orientieren. Im nächsten Moment hetzte sie weiter. Wie erwartet fand Felicitas die Eltern in einem der Aufenthaltsräume für Angehörige.

      Als sie ins Zimmer stürzte, sprangen Josef und Rita auf.

      »Ist etwas passiert?«

      Mit wild schlagendem Herzen blieb Fee vor den beiden stehen.

      »Ich wollte Sie gestern noch etwas Wichtiges fragen. Aber dann kam mein Kollege herein und hat mich abgelenkt.« Sie musste innehalten, um Luft zu holen. »Welche Berufe üben Sie aus?«

      Es war Rita anzusehen, was sie von dieser Frage hielt. Sie schickte ihrem Mann einen fragenden Blick. Josef nickte kaum merklich.

      »Ich bin Grundschullehrerin«, gab sie zögernd Auskunft.

      Diese Information brachte Fee nicht weiter.

      »Und Sie?«, wandte sie sich an Josef.

      »Förster. Aber ich verstehe nicht, was das mit der Krankheit unseres Sohnes …«

      »Förster?«, unterbrach Felicitas ihn aufgeregt. Blitzschnell zählte sie eins und eins zusammen. Des Rätsels Lösung war nah. »Dann verbringt Raphael sicher auch viel Zeit im Wald.«

      »Er hilft regelmäßig am Wochenende mit.« Es war Josef anzusehen, dass er immer noch nicht verstand.

      Von einer plötzlichen Schwäche erfasst sank Fee auf einen der Stühle. Sie schlug die Hände vors Gesicht. Rita und Josef standen vor der Ärztin und wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten. Also schwiegen sie und warteten ab. Endlich nahm Fee die Hände vom Gesicht und lächelte.

      »Ich hatte die ganze Zeit so ein komisches Gefühl«, gestand sie. »Ihr Sohn hat keinen Tumor. Wir haben es mit einem Bandwurm zu tun. Möglicherweise einem Fuchsbandwurm.«

      »Ein Bandwurm?« Josef schüttelte den Kopf. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich habe Raphael immer gesagt, dass er keine Beeren essen soll.«

      »Inzwischen weiß man, dass eine Übertragung durch Waldfrüchte aufgrund der Wuchshöhe relativ unwahrscheinlich ist«, erklärte Felicitas. »Viel wahrscheinlicher ist es, dass sich Raphael beim Holzsammeln oder Spielen mit Tannenzapfen angesteckt hat. Bestimmt hat er dabei die Finger in den Mund gesteckt. Eine Übertragung der Wurmeier auf den Menschen findet ausschließlich über den Kontakt zum Mund statt. So wird es passiert sein.« Sie erhob sich, um in den OP zurückzukehren. Jetzt wusste sie genau, was sie zu tun hatte.

      »Aber warum konnten Sie das nicht früher feststellen?«

      »Weil sich die Infektion bei Ihrem Sohn noch in einem frühen Stadium befindet. Natürlich haben wir Raphaels Blut auch auf einen möglichen Wurmbefall untersucht, aber nichts Verdächtiges gefunden. Und auch die Röntgenbilder waren nicht eindeutig.« Noch immer konnte Fee ihr Glück nicht fassen. »Sicher, die Leberstrukturen sind verändert, aber eben nicht in für einer für eine Wurminfektionen typischen Art und Weise.« Ihr Lächeln zeugte von ihrer Erleichterung. »Hätte