Daniel strahlte sie an.
»Sie müssen lernen, an sich zu glauben, Kollegin Petzold. An sich und an Ihre Entscheidungen. Das hier sind die schönen Seiten unseres Berufs. Die sollten Sie noch einmal in aller Ausführlichkeit genießen, ehe Sie sich hinter einem langweiligen Berg Papierkram verstecken.«
Sophie Petzolds Wangen wurden krebsrot vor Scham.
»Können wir das Gespräch von vorhin einfach vergessen?«, fragte sie.
Daniel legte den Arm um die Schultern seiner Frau.
»Welches Gespräch meinen Sie? Ich kann mich nicht erinnern.«
Während Sophie noch erleichtert lachte, zog er seine Frau wieder an sich und küsste sie, diesmal vor aller Augen.
Mit diesem Liebesbeweis schien auch Fee voll und ganz zufrieden zu sein, denn sie strahlte wie die Sonne persönlich, als sie endlich Hand in Hand nach Hause gingen.
»Bist du schon ausgeschlafen?«, fragte Adrian Wiesenstein die Frau, die leicht bekleidet in seinen Armen lag.
Sie seufzte leise und schmiegte ihren Rücken an seinen Oberkörper.
»Haben wir überhaupt geschlafen?« Unverkennbar! Das war Fee Nordens Stimme an Adrians Ohr.
Er lächelte verliebt.
»Ich kann mich nicht erinnern.« Seine Lippen streichelten zärtlich ihren Nacken.
Sie lachte leise. Er konnte ihrem süßen Duft nicht länger widerstehen und drehte sie zu sich um. Sie küssten sich so leidenschaftlich, dass ihm die Sinne schwanden.
»Ist jemand zu Hause? Hallo!« Lautes Rufen ließ Adrian hochfahren. Gleichzeitig riss er die Augen auf. Sein Blick fiel auf die leere Betthälfte. Schlagartig wurde ihm klar, dass er das alles nur geträumt hatte. Er war allein. Wie immer.
»Hallo! Adrian! Wenn du da bist, mach mir bitte auf! Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.« Ein Schatten tanzte vor der Terrassentür auf und ab.
Adrian gönnte sich einen letzten Rest Bedauern, ehe ihn die Realität endgültig einholte.
»Schon gut. Ich komme ja schon!« Er zog ein T-Shirt über, zog den Vorhang zurück. Und erstarrte. »Paola! Was machst du denn hier?« Wie lange hatte er ihre Stimme nicht gehört?
Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn durch die Scheibe herausfordernd an.
»Was glaubst du denn? Blumen pflanzen?« Unwillig schnalzte sie mit der Zunge. »Ich war schon in der Klinik, aber dort sagte man mir, dass du heute Spätdienst hast. Und jetzt bin ich hier. Wenn du die Güte hättest, mir zu öffnen …«
Endlich kam Leben in Adrian Wiesenstein. Er legte den Hebel um und öffnete die Terrassentüren. Frische Luft wehte herein. Ein Windhauch blähte die weißen Stores zu beiden Seiten der Türen.
»Na endlich. Ich dachte schon, du lässt mich hier draußen übernachten.« Paola ging an ihrem Ex-Mann vorbei und sah sich neugierig im Zimmer um.
Adrian sah auf die Uhr.
»Nur zu deiner Information.: Es ist erst halb zehn.«
»Du hast auch schon mal mehr Spaß verstanden.«
»Und du warst auch schon mal witziger«, konterte er unwillig. »Warum schneist du eigentlich unangemeldet hier herein? Es hätte ja sein können, dass ich nicht allein bin.«
Paola drehte sich zu ihm um. Sie sah ihm dabei zu, wie er in eine Jogginghose schlüpfte.
»Und wenn du einen ganzen Harem hier versammelt hättest, wäre es mir egal. Auch auf die Gefahr hin, dich zu enttäuschen: Du bist nicht der Grund meines Besuchs. Ich bin wegen unseres Sohnes hier.«
»Sieh mal einer an! Du hast dich an Joshua erinnert.«
Sie verkniff sich eine schnippische Antwort und folgte ihm in die Küche. Der Tisch war gedeckt, die Kaffeemaschine durchgelaufen.
Die Luft war erfüllt von aromatischem Duft. »Auch eine Tasse?«
»Nein, danke. Du als Arzt solltest doch wissen, dass zu viel Kaffee dem Teint schadet.«
»Ach ja?« Adrian wirkte nicht sonderlich interessiert. Er schenkte sich eine Tasse ein, ehe er sich wieder an seine Ex-Frau wandte. Sie sah ihn herausfordernd an.
»Koffein verursacht eine erhöhte Ausschüttung von Stresshormonen. Die bewirken, dass sich die Blutgefäße verengen …« Ein Schlüssel drehte sich im Schloss. Paola hielt inne und lauschte. Ihr Gesicht erstrahlte. »Das ist bestimmt Joshua.« Sie wollte sich auf den Weg in den Flur machen.
»Eher nicht. Ich tippe auf meine Mutter«, rief Adrian ihr nach.
»Karin?« Paola verzog das Gesicht.
»Korrekt. Das ist ihr Name.« Er schnitt eine Grimasse.
»Sie wohnt bei euch?«
»Sie kümmert sich seit Jahren um Joshua und macht nebenbei den Haushalt. Wie du dich vielleicht erinnern kannst, muss ich Geld verdienen und habe häufig Schichtdienst. Nachdem du es vorgezogen hast, dich den Mutterpflichten zu entziehen, mussten wir sehen, wie wir über die Runden kommen.«
Sie schickte ihm einen bitterbösen Blick, als der Ruf ihrer ehemaligen Schwiegermutter durch die Altbauwohnung hallte.
»Guten Morgen, ihr beiden. Seid ihr schon wach?«
»Nicht nur das. Stell dir vor: Ich habe auch schon Besuch«, antwortete Adrian.
Neugierig steckte Karin den Kopf zur Tür herein.«
»Paola! Das ist ja eine Überraschung.« Mit ausgestreckten Händen eilte sie auf die Besucherin zu. »Meine Güte, wie lange ist das her, dass wir uns zum letzten Mal gesehen haben?«
Widerstrebend ließ sich Paola in die Arme schließen.
»Acht Jahre, nehme ich an. Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern, dass wir uns nach der Trennung noch einmal gesehen hätten.«
Karin schob sie von sich und betrachtete sie eingehend.
»In natura siehst du noch viel schöner aus als im Fernsehen. Weißt du, dass sich mir jeden Film ansehe, in dem du mitspielst? Es hat mir damals so leid getan, dass das zwischen meinem Sohn und dir auseinanderging.«
»Mama, bitte!« Adrian rollte mit den Augen.
Doch Karin winkte nur ab.
»Was denn? Die Wahrheit darf doch gesagt werden.«
»Vielen Dank.« Auch Paola war die Situation unangenehm. Sie drehte sich zu ihrem Ex-Mann um. »Wo steckt denn nun Joshua?«
»Ich weiß ja nicht, ob du dich an die Bedeutung des Wörtchens ›Ferien‹ erinnerst«, ätzte Adrian. »Soviel ich weiß, ist er bei seiner Freundin. Sie wollten zusammen frühstücken und dann an den See fahren.«
Diese Nachricht enttäuschte Paola zutiefst.
»Wann ist er zurück?«
Adrian lachte.
»Unser Sohn ist inzwischen süße sechzehn und informiert mich nicht mehr über jeden seiner Schritte.«
»Was durchaus an deiner inkonsequenten Erziehung liegen könnte«, konterte Paola.
»Falsch. Ich kämpfe immer noch gegen die Fehler an, die du in seinen ersten acht Jahren gemacht hast.« Adrian leerte die Kaffeetasse und stellte sie in die Spüle. »Abgesehen mal davon darf ich dich daran erinnern, dass dir deine Schauspielkarriere wichtiger war als der eigener Sohn. Du bist gegangen, während ich mich in all den Jahren um ihn gekümmert habe. Ich bin stolz darauf, wie Joshua und ich das hinbekommen haben.«
»Du