Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Chefarzt Dr. Norden Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740975135
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denn das?«, ging Karin dazwischen. »Benehmt euch doch wie zwei Erwachsene.«

      Diese Chance nutzte Adrian.

      »Gute Idee. Ich werde vor dem Dienst noch sehr erwachsen ins Fitness-Studio gehen.« Er fasste seine Ex-Frau am Ellbogen und wollte sie zur Tür führen.

      Mit einem energischen Ruck befreite sie sich.

      »Vielen Dank. Ich kann selbst gehen.« Paola warf den Kopf in den Nacken und stolzierte hinaus in den Flur. Vor der Wohnungstür drehte sie sich noch einmal um. »Bestelle Joshua schöne Grüße von mir. Ich erwarte ihn in einer Stunde in diesem netten, kleinen Café. Es heißt ›Schöne Aussicht‹ oder so. Dort warte ich auf ihn.«

      Das, was ein Versprechen sein sollte, empfand Adrian Wiesenstein als Drohung. Er atmete auf, als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel.

      *

      »Noch irgendwelche Fragen?« Erwartungsvoll blickte Dr. Felicitas Norden in die Runde der Kollegen, die sich zur OP-Besprechung in ihrem Büro versammelt hatten. Köpfe wurden geschüttelt und Stühle gerückt. Alle waren zum Aufbruch bereit. »Gut.« Fee lächelte zufrieden. »Dann wünsche ich uns allen einen erfolgreichen Tag.«

      Raunen und Murmeln erfüllte das Zimmer, während sich die Kollegen auf den Weg machten. Felicitas kehrte an ihren Schreibtisch zurück, als sie ihren Stellvertreter Volker Lammers bemerkte, der im Büro zurückgeblieben war. Nach einem verlängerten Wochenende, das sie ihm zur Erholung verordnet hatte, war er den ersten Tag wieder in der Klinik. Trotz der freien Tage war seine Miene so düster wie eh und je.

      »Was kann ich für Sie tun?«, erkundigte sie sich betont freundlich.

      »Haben Sie bei der Besprechung nicht einen Patienten vergessen?«, fragte Lammers zurück.

      Felicitas warf einen Blick auf die Unterlagen.

      »Nicht, dass ich wüsste.«

      »Was ist mit dem kleinen Schindler?«

      Fee sah ihn von unten herauf an.

      »Was soll mit ihm sein?«

      »Ich habe ihn mir vorhin noch einmal angeschaut. Das ist ganz klar ein Appendix. Die erhöhten Entzündungswerte sprechen für sich.«

      »Ich habe ein CT angeordnet. Danach sehen wir weiter.« Felicitas dachte nicht daran, sich von ihrer Entscheidung abbringen zu lassen. »Zweifeln Sie etwa an meiner Kompetenz?«, fragte sie scharf.

      Volker Lammers lächelte liebenswürdig.

      »Ganz im Gegenteil. Ich bewundere Ihre Gelassenheit. Oder verwechsle ich sie mit Faulheit?«

      Fee lehnte sich zurück und atmete tief durch. Nur jetzt nicht provozieren lassen!

      »Jetzt weiß ich endlich, was ich in den letzten Tagen vermisst habe. Haben Sie sich meinen Rat nicht zu Herzen genommen und sich ein wenig erholt?«

      »Doch, natürlich. Wie kommen Sie darauf?«

      »Andere Menschen sind nach einer Erholungspause freundlich, gut gelaunt, entspannt … Was haben Sie denn Schönes unternommen?«

      Das Interesse seiner Chefin verwirrte Dr. Lammers. Für gewöhnlich vermieden sie es, über Privates zu sprechen.

      »Ich war am Gardasee.« Er hatte kaum ausgesprochen, als Schwester Elena in der Tür auftauchte.

      Fee winkte sie herein, um sich gleich wieder an ihren Stellvertreter zu wenden.

      »Und? War es nicht schön?«

      »Mein Privatleben geht Sie überhaupt nichts an!« Lammers hatte seine Fassung wiedergefunden und wollte an der Schwester vorbei das Zimmer verlassen.

      »Wollen Sie nicht zugeben, dass Sie an der falschen Stelle gespart und auf eine Billigreise hereingefallen sind?«, fragte Elena herausfordernd.

      Lammers presste die Lippen aufeinander und drängte sich an ihr vorbei.

      »Haben Sie keine kleine Italienerin gefunden, die Sie über Straßenlärm vor Ihrem Hotel und den überfüllten, verschmutzten Strand hinweg getröstet hat?«, fragte sie weiter.

      Wenn Blicke töten könnten, wäre sie in diesem Moment auf der Stelle tot umgefallen. Wortlos stapfte Volker Lammers aus dem Büro und warf die Tür hinter sich ins Schloss.

      Nur mit Mühe konnte sich Felicitas ein Lachen verkneifen.

      »Warum bist du denn so garstig zu unserem geschätzten Kollegen?«

      »Sagt dir der Begriff Karma etwas?«, antwortete Elena mit einer Gegenfrage. »Er bedeutet, dass jede physische oder geistige Handlung eine Folge hat«, gab sie die Antwort gleich selbst. »Der liebe Herr Dr. Lammers hat sich neulich über mich lustig gemacht, als er hörte, dass ich eine Pauschalreise an den Gardasee gebucht habe. Drei Mal darfst du raten, welchen schlecht gelaunten Mann wir vom Straßencafé aus beobachten konnten.«

      »Sag, dass das nicht wahr ist!«, kicherte Fee.

      Elena lächelte.

      »Es ist wahr. Er hat sich so laut beim Reiseleiter über die Zustände in seinem Hotel beschwert, dass wir jedes einzelne Wort verstehen konnten.« Der Flyer, den sie unter ihrem Arm geklemmt hatte, fiel zu Boden und erinnerte sie an den Grund ihres Kommens. Fee lachte noch immer, als sie sich nach dem Kuvert bückte und es ihrer Freundin reichte. »Das hier ist übrigens der Prospekt von unserem Hotel am Gardasee. Vielleicht gefällt es dir ja.« In ihre Worte hinein klingelte ihr Handy. »Ja, gut, ich komme sofort.« Sie legte auf, steckte es zurück in die Kitteltasche und zuckte bedauernd die Schultern. »Mein Typ wird verlangt. Ein Unfall vor der Ambulanz.« Elena schickte Felicitas eine Kusshand. Unter den belustigten Blicken ihrer Freundin machte sie sich auf den Weg zur Notaufnahme.

      *

      »Und das ist meine Mutter.« Joshua Wiesenstein saß auf dem Sofa im Wohnzimmer der Familie Nordens. Er hatte eine Schachtel mit alten Fotos mitgebracht.

      Seine Freundin Désirée, von allen nur Dési genannt, lümmelte neben ihm.

      »Zeig mal her!« Sie nahm ihm das Foto aus der Hand und betrachtete es eingehend. »So eine schöne Frau!« Nachdenklich wiegte sie den Kopf. »Kann es sein, dass ich sie kenne?«

      Joshua legte den Kopf auf Désis Schulter und betrachtete das Foto.

      »Paola spielt fast nur Theater. Ab und zu nimmt sie aber auch Filmrollen an.« Seine Stimme klang wehmütig. »Vielleicht hast du sie schon einmal im Fernsehen gesehen.« Er griff in die Schachtel und zog das nächste Foto heraus. »Hier waren wir im Urlaub am Züricher See.«

      Dési lachte.

      »Da bist du ja noch richtig klein.«

      »Ist ja auch schon ein paar Jahre her«, winkte Joshua ab. »Warst du mal da?«

      Nachdenklich zwirbelte Dési eine blonde Strähne zwischen den Fingern.

      »Ich glaube, ich war noch nie in der Schweiz. Wir sind höchstens mal durchgefahren auf dem Weg in den Urlaub.«

      »Es ist sehr schön da. Das würde ich dir gern zeigen. Fährst du mit mir hin?«

      »Aber nicht mit dem Roller.« Dési zwinkerte ihm zu und zog ein anderes Foto aus dem Karton. »Könnte sein, dass ich dann Ärger mit meinem Dad bekomme.«

      Sie brauchte noch nicht einmal die Augen zu schließen, um den Fahrtwind wieder zu spüren, das atemberaubende Panorama vor sich zu sehen, während es in berauschender Fahrt den Berg hinunter gegangen war.

      Doch auch der Schreck saß ihr noch in den Gliedern. Der Roller hatte gebockt und war quer über die Straße geschlingert, ehe er in Zeitlupentempo in eine Wiese gerollt und dort umgekippt war. Es war nur Joshuas Geistesgegenwart zu verdanken, dass nichts passiert war.

      »Es platzt doch nicht jedes Mal ein Reifen, wenn ich mit dir unterwegs bin. Das war ein dummer Unfall. Hast du deinem Vater das gesagt?«, fragte Joshua eine Spur beleidigt.

      »Natürlich.