Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Chefarzt Dr. Norden Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740975135
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wanderte Daniel Norden im Zimmer auf und ab.

      »Ich habe Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um herauszufinden, wo Frau Endress stecken könnte. Vergeblich. Sie ist wie vom Erdboden verschwunden und geht auch nicht ans Telefon. Herrgott noch einmal!« Erbost blieb er vor der Assistenzärztin stehen und starrte sie an. »Die Patientin war mitten in einer Schmerztherapie. Was haben Sie sich nur dabei gedacht?«

      Sophie schluckte.

      »Ich weiß, dass es falsch war, so mit Frau Endress zu sprechen. Aber ich habe es Ihnen gestern schon einmal gesagt: Ich bin hoffnungslos überarbeitet. Nach der Nachtschicht war Frau Endress mit ihrer eingebildeten Krankheit einfach zu viel für mich.«

      »Noch einmal zur Erinnerung: Diese Ausrede lasse ich nicht gelten. Wenn Sie mit dem Arbeitspensum nicht klarkommen, sind Sie an einer Klinik falsch, verdammt noch mal!« Daniel staunte über sich selbst. Seit Jahren hatte er sich nicht mehr beim Fluchen erwischt.

      Händeringend suchte Sophie nach einer Ausrede.

      »Aber sie ist einfach ein Hypochon …«

      »Bei allem Verständnis für Ihre Überforderung: Ein guter Arzt darf niemals den Respekt vor seinen Patienten verlieren. Die Menschen kommen zu uns, weil sie uns vertrauen und unsere Hilfe suchen. Dieses Vertrauen haben sie mutwillig aufs Spiel gesetzt.«

      »Ja, ja, ist ja schon gut. Ich habe verstanden«, erwiderte Sophie trotzig.

      Einen Moment lang war Daniel versucht, sie an den Schultern zu packen und zu schütteln, bis sie wieder zur Vernunft kam.

      »Jeder andere Kollege bekäme eine Abmahnung«, fuhr er etwas ruhiger fort. »In Anbetracht Ihres Alters und Ihrer mangelnden Erfahrung verzichte ich dieses Mal auf so eine Maßnahme. Wenn Sie mir versprechen, dass so etwas nie mehr wieder vorkommt.« Er sah sie fragend an.

      Einen Moment lang erwiderte Sophie Petzold seinen Blick. Dann drehte sie sich um und machte Anstalten, das Büro zu verlassen.

      Ungläubig sah Daniel Norden ihr nach.

      »Augenblick! So leicht kommen Sie nun auch wieder nicht davon«, rief er ihr nach.

      Sophie blieb stehen. Sie zögerte, ehe sie sich umdrehte.

      »Da habe ich ja richtig Glück gehabt, so einen Übermenschen zum Chef bekommen zu haben. Einen Mann ohne Fehl und Tadel. Nicht nur ein halber, sondern sogar ein ganzer Gott in Weiß.«

      In diesem Augenblick hatte sich Daniel Norden nicht mehr unter Kontrolle. Er packte Sophie an den Schultern. Schwer atmend standen sie einander gegenüber. Er spürte die Hitze ihrer Wut. Ein aufregend herber Duft nach Zitrone, Zedernholz und Patchouli stieg ihm in die Nase. Schließlich ergab sich Sophie und senkte den Blick. Daniel nahm die Hände von ihren Schultern. Zutiefst verwirrt stand er da. Er sah ihr nicht nach, als sie das Zimmer verließ.

      *

      »Wir haben eine Rötung des Abdomens supraumbilical, also oberhalb des Nabels, und im Bereich der Flanken«, erklärte Dr. Lammers den beiden Frauen die Bilder auf seinem Tablet. Er klickte weiter. »Im Ultraschall sind weite Darmschlingen mit verdickter Darmwand zu sehen. Und das«, er rief ein weiteres Bild auf, »sind die Röntgenaufnahmen. Hier sehen wir eine Spiegelbildung im rechten Mittel- und Unterbauch.«

      Lisa Haimerl und Felicitas Norden hatten aufmerksam zugehört.

      »Das klingt nach einer Appendizitis«, stellte Fee überrascht fest.

      »Wie bitte?« Lisa schickte ihr einen irritierten Blick. »Eine Blinddarmentzündung in diesem Alter?«

      »Ihre Tochter ist eine kleine Wichtigtuerin«, spottete Lammers, und Fee hielt die Luft an. »Eine Appendizitis in diesem Alter ist ein sehr seltenes Krankheitsbild. In der Literatur sind unter zweihundert Fälle beschrieben«, fuhr er fort, glücklicherweise ohne weitere Beleidigungen. »Nachdem sich der Zustand der kleinen Rotznase verschlechtert, rate ich zu einer Operation.«

      Fee wollte gerade ihre Meinung dazu kundtun, als es klopfte. Ohne eine Antwort abzuwarten, kam Schwester Elena herein.

      »Tut mir leid, dass ich stören muss.«

      Ihr Atem ging schnell. »Fee, du musst unbedingt kommen. Es gibt Komplikationen beim kleinen Lohns.«

      »Aber das ist Lammers’ Patient«, widersprach Felicitas, als sie den Ausdruck in Elenas Gesicht bemerkte. »Was ist mit der Kollegin May?«

      »Die ist im OP. Unabkömmlich.«

      Wohl oder übel musste Fee einsehen, dass sie keine Wahl hatte.

      »Also gut, ich komme.«

      »Aber was ist mit Paulina?«, fragte Lisa Haimerl wie aus der Pistole geschossen.

      »Der Kollege Lammers wird sich mit der gebotenen Sorgfalt um Ihre Tochter kümmern«, versprach sie.

      Lisa war den Tränen nahe.

      »Sie haben es doch selbst gehört: Bei Severin gibt es Komplikationen. Das ist bestimmt Dr. Lammers’ Schuld«, schluchzte sie mit erstickter Stimme.

      Es kostete Fee alle Mühe, ruhig zu bleiben.

      »Das wissen wir noch gar nicht. Ich weiß nur, dass ich hier die Verantwortung trage. Ich habe ein ebenso großes Interesse daran wie Sie, dass alles gut geht.« Sie wandte sie an Volker Lammers, der lammfromm und ohne die Miene zu verziehen am Tisch stand und auf eine Entscheidung wartete.

      »Bitte fangen Sie an, Kollege Lammers. Jede Sekunde ist kostbar.« Fee nickte Lisa Haimerl zu, ehe sie ohne weitere Diskussion das Büro verließ, um Elena im Laufschritt zu folgen.

      *

      Daniel Norden saß am Schreibtisch und legte den Telefonhörer zurück auf die Gabel. Bisher war seine Suche nach Alexandra Endress erfolglos verlaufen. In seine Gedanken hinein öffnete sich die Tür, und Oskar Roeckl steckte den Kopf ins Zimmer.

      »Kann ich dich kurz sprechen?«, fragte er fast schüchtern.

      »Natürlich. Herein mit dir!« Daniel machte eine einladende Handbewegung.

      Überraschend schüchtern kam Oskar näher.

      »Ich … ich wollte … also …«

      Daniel Norden lehnte sich zurück und musterte ihn verwundert. So zurückhaltend kannte er den Charmeur alter Schule gar nicht.

      »Immer raus mit der Sprache. Wo drückt der Schuh? Oder ist dir Lenni wieder einmal auf die Füße gestiegen?«

      Verlegen trat Oskar von einem Bein auf das andere.

      »Ich brauche eine Auskunft von dir«, gestand er endlich so leise, als hätten die Wände Ohren.

      »Jetzt mach es doch nicht so spannend!« Daniel beugte sich vor. »Um was geht es denn?«

      »Um Alexandra Endress. Ich wollte sie besuchen, aber die Schwester hat mir gesagt, dass sie nicht mehr in der Klinik ist.«

      Seufzend lehnte sich Daniel zurück.

      »Das stimmt leider. Frau Endress hat heute am frühen Morgen beschlossen, dass keine weitere Behandlung mehr nötig ist.«

      »Hat die Therapie so schnell angeschlagen?«

      Daniel Norden verzog das Gesicht. Unwillkürlich musste er wieder an Sophie Petzold denken.

      »So könnte man es auch nennen.« Hoffnung keimte in ihm auf. »Sag bloß, du hast engeren Kontakt mit ihr gehabt?«

      »Schön wär’s. Ich hatte nur ein Mal kurz die Gelegenheit, mit ihr zu sprechen. Frau Endress hat versprochen, dass sie mich im Kiosk besucht. Dummerweise ist Lenni in diesem Moment aufgetaucht und hätte ihr um ein Haar die Augen ausgekratzt. Und mir dazu.«

      Trotz seiner Sorgen musste Daniel lachen.

      »Dann hätten wir ja einen möglichen Grund, warum Frau Endress es vorgezogen hat, die Klinik so schnell wie möglich zu verlassen.«

      »Du meinst, sie hatte