Als Creator sollen hier die klassischen Influencer gelten, die in erster Linie durch Aktivitäten in Social Media bekannt geworden sind und eine mittlere bis hohe Reichweite in ihrer Fanbase erzielen. Kommt einem Creator sogar Experten- oder Vorbildstatus durch hohe Anerkennung und Wertschätzung bei vielen Followern zu, wird er auch als Key Influencer bezeichnet. In Deutschland haben die erfolgreichsten Creators Einfluss auf mehrere Millionen Follower. Als Creator sind u. a. Politiker, Sportler, Journalisten, Prominente und Schauspieler aktiv.
Wichtige Charakteristika sind der Content-Schwerpunkt, das Selbstverständnis des Creators und der Hero-Kanal. Je nach Leitmedium unterscheiden sich zum Beispiel Blogger (schriftlich) von Vloggern bzw. YouTubern (audiovisuell), was zwangsläufig das Format bei einer Markenkooperation bestimmt. Hinzu kommt die thematische Affinität zu einem bestimmten Genre wie Lifestyle, Mobilität oder Ernährung, für das ein Creator in erster Linie bekannt ist, weil sich daraus die Art des Contents ableitet, der im Falle einer Zusammenarbeit mit einem Markenunternehmen produziert wird. Denn nur relevanter Content erzeugt auch die nötige Resonanz bei der Community, um sich intensiver mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Ein Creator entfaltet mit seinem Content die größte Wirkungskraft für eine Marke, wenn Reichweite, Relevanz und Resonanz in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.12
Genauso entscheidend ist das Selbstverständnis des Creators, denn es macht einen großen Unterschied, ob ein Creator als „Reichweitenbringer“ auftritt oder als „Markenenthusiast“ begeistert für eine Marke aktiv wird (wie Mandy Sarnoch-Möller in ihrem Beitrag über Top-Influencer aufzeigt). Als reiner Multiplikator kann ein Creator Produkten zum schnellen Durchbruch verhelfen, als Enthusiast das Image eines Unternehmens und seiner Marke stärken. Ebenso wichtig für ein Unternehmen bei der Planung einer Markenkooperation ist die Klärung, ob ein Creator von seinem Rollenverständnis her eher als „Experte“ in einer Produktkategorie auftritt oder aber eher als „Kritiker“ fungiert.
Der Customer ist ein weiterer wichtiger Influencer-Typ, da Kunden oft andere Kunden beeinflussen. Zwar haben Customers nicht annähernd so eine große Reichweite wie Celebrities oder Creators, dafür wird ihnen von Konsumenten in aller Regel die größte Glaubwürdigkeit zugesprochen. Ihre Meinung wirkt gerade wegen ihrer Normalität näher am Kunden. Customer werden vor allem im Innovationsmanagement und für Word-Of-Mouth-Advertising eingesetzt. So können Customer als Co-Creator, Lead User oder Early Adopter wichtige Unterstützung bei der Entwicklung, Testung und Einführung von innovativen Markenprodukten leisten.
Auch in der werblichen Kommunikation sind Customers in vielfältiger Weise einsetzbar. Die klassische Form stellt der Testimonial-Einsatz als fiktiver oder realer Kunde dar, wie in den Werbespots von Fielmann oder wirkaufendeinauto.de. Weitergehende Möglichkeiten ergeben sich für eine Marke, wenn sich ein Customer als Nano-Influencer engagiert und andere Menschen aus seinem persönlichen Netzwerk „evangelisiert“ (wie Mark Leinemann in seinem Beitrag ausführt). Zudem sind Nano-Influencer meist von einer Marke überzeugt und begeistert, so dass es für den Wirkungserfolg von Celebrity-Werbung für die Marke bedeutsam ist, dass die Customer auch Fans der eingesetzten Celebrity sind (wie Daniel Althaus in seinem Beitrag belegt). Im schlimmsten Fall wenden sie sich als Hater der Celebrity von der Marke ab.
Dem Influencer-Typ des Colleague wurde von Unternehmen lange Zeit zu wenig Bedeutung beigemessen. Statt in den eigenen Reihen zu suchen, wurden Testimonials und Celebrities für teures Geld von außen angeheuert. Eine Ausnahme bilden Unternehmer, die als Gesicht ihrer Firma in PR und Werbung auftreten. Dabei können Mitarbeiter durch ihre Persönlichkeit, Expertenmeinung und Erfahrung die Meinungsbildung und Kaufentscheidung von Kunden wirkungsvoll beeinflussen.13 Ähnlich wie beim Customer zeichnet sich auch der Colleague durch eine geringe Reichweite aus, kann aber potenziell eine hohe Authentizität und Nähe erreichen, weshalb er auch als Peer Influencer bezeichnet wird.
Naheliegende Einsatzformate von Colleagues ergeben sich aus den Unternehmensfunktionen als Sprachrohr und Kontakter, also in Werbung, PR und Sales. So setzte die Commerzbank in ihrer Werbung lange Zeit auf Lena Kuske, eine Filialleiterin aus Hamburg, um ihre Werbebotschaften authentisch zu inszenieren. Nicht selten verfolgt das Unternehmen damit die Absicht, sich auf diese Weise als menschlich und nahbar zu präsentieren. In Zukunft sollten Mitarbeiter insbesondere in den Bereichen Rockstar, Weiser und Faces noch systematischer zu Markenbotschaftern aufgebaut werden, um gezielt starke Personenmarken, Autoritäten und gut vernetzte Persönlichkeiten im Unternehmen zu fördern (wie Kerstin Hoffmann in ihrem Beitrag fordert).
Die Kategorisierungen zeigen wesentliche Charakteristika für jeden Typus auf, die natürlich auf der Individualebene nicht trennscharf sind. So verschmilzt die „alte Welt“ der Celebrities mehr und mehr mit der „neuen Welt“ der Social-Media-Influencer – die Celebrity will Influencer werden und umgekehrt. Während es Influencern um mehr Sichtbarkeit über den Tellerrand von YouTube, Instagram & Co. hinaus geht, wollen Celebrities eigene Reichweiten aufbauen, um neben einem zweiten beruflichen Standbein höhere Gagen bei Werbekampagnen fordern zu können. Hinzu kommt, dass mit einer eigenen hohen Reichweite die Wahrscheinlichkeit steigt, als Schauspieler neue Rollen oder als Sportler bessere Gehälter zu erhalten. Denn Regisseure wie Vereinsmanager achten zunehmend darauf, in welchem Ausmaß der neue Star eine eigene vermarktungsrelevante Reichweite mitbringt, die zusätzlich den Kinobesuch oder die Trikotumsätze steigert.
Mit dieser Systematik werden vier verschiedene Typen, die das Markt- und Kommunikationsgeschehen gezielt beeinflussen können, transparent gemacht, um strategische Entscheidungen zu Art und Einsatz von Celebrities, Creators (Influencer), Customers und Colleagues zu unterstützen. Im Folgenden wollen wir aufzeigen, warum Celebrities bzw. Influencer als werbliche Fürsprecher von Marken überhaupt wirken und was es für den Wirkungserfolg zu beachten gilt.
3. Wie wirken Celebrities und Influencer? Die Wirkungsperspektive
Für Unternehmen gehört im Markenmanagement zu den zentralen Herausforderungen, die Identität der eigenen Marke mit möglichst alleinstellenden Eigenschaften auszustatten und als Image in den Köpfen und Herzen der Zielgruppe so positiv zu verankern, dass die Marke gegenüber den Wettbewerbern bevorzugt wird.14 Die hohe Austauschbarkeit der Qualitätsnachweise und funktionalen Nutzenversprechen von Produkten und Dienstleistungsangeboten erfordert künftig mehr denn je den Aufbau von starken Marken als Rettungsschirme, die eine einzigartige Persönlichkeit ausstrahlen und erstrebenswerte Glückszustände verheißen, die ihren Zielgruppen Erfüllung geben, Unverwechselbarkeit verleihen, Zugehörigkeit versichern und Wertschätzung schenken bis hin zu dem exklusiven Gefühl, mehr sein zu können.15
Der ökonomische Mehrwert von Marken beruht letztlich auf dieser psychologischen Kraft, durch die Menschen den Versprechen von Marken glauben, von ihnen fasziniert werden, sie lieben, ihnen Vertrauen schenken und über lange Zeit unverbrüchlich zu ihnen stehen. Vor diesem Hintergrund dient Celebrity#Influencer-Marketing prinzipiell dazu, die Vorteile der Marke und ihres Besitzes in der Zielgruppenwahrnehmung