Dieses Beziehungsverhältnis trifft auch auf das noch junge Phänomen der Influencer zu, weshalb Unterschiede zwischen Celebrity und Influencer im Grunde kosmetischer Natur sind. Beiden ist gemein, dass sie aus der breiten Masse, aus den vielen herausstechen – und beiden ist gemein, dass ihnen daraus eine Deutungshoheit erwächst, was Zeitgeist ist. Ob es sich um das Outfit bei einer Oscar-Verleihung, einer Hochzeit des britischen Königshauses oder einem selbstgedrehten YouTube-Video handelt, in jedem Fall wird ein Statement zum Lifestyle gesetzt, das großen Einfluss haben kann. Dieser Einfluss bleibt nicht auf Moden beschränkt, sondern kann ebenso die politische Meinung betreffen, die Haltung zu Klimawandel, zu Frieden oder gesunder Ernährung – zum Zeitgeist eben.
In unserer modernen Konsumgesellschaft spielt eine solche Deutungsmacht eine sehr große Rolle, lenkt und verstärkt sie doch die Bedürfnisse und Vorlieben der Menschen. Selbst wenn die roten Teppiche der Oscar-Verleihung nur noch in Teilen der Gesellschaft Bedeutung haben, während sie in anderen Teilen den humorvollen „Pranks“ der Influencer gewichen sind, so gilt doch nach wie vor, dass jede Kooperation zwischen Celebrity oder Influencer und Marken(-Unternehmen) bestimmten Erfolgsregeln folgen muss, denen wir in diesem Buch nachgehen wollen. Wir laden Sie herzlich ein, Marketing mit Celebrities und Influencern aus den verschiedenen Perspektiven und Positionen zahlreicher Meinungsmacher und Experten zu erfahren.
Da Celebrity-Marketing und Influencer-Marketing für uns als Celebrity#Influencer-Marketing zusammengehören, beginnen wir mit einer Systematik, die beide vereint, und zeigen strategische Potenziale und neue Inszenierungsmöglichkeiten auf. Jens Lönneker, Daniel Althaus und Simone Reifenberger folgen mit vertiefenden Betrachtungen zur Wirkungsweise und zum erfolgreichen Einsatz von Celebrities und Influencern. Das Für und Wider von Prominenten in Werbung und Marketing steht dann im Mittelpunkt der ausgewiesenen Experten Thomas Strerath, Stephan Rebbe, Alessandro Panella und Henner Mamane. Da in heutigen Zeiten Fußballer und Musiker zu den gefeierten Stars zählen, befassen sich Toan Nguyen und Jan Voss mit deren Besonderheiten für das Marketing. Weiter geht es zu den neuen Göttern im Olymp, den Influencern. Auf die Superstars in den sozialen Medien, die Top-Influencer, geht Mandy Sarnoch-Möller ein. Kerstin Hoffmann begibt sich zu den Mitarbeitern in Unternehmen und entdeckt die wahren Stars der Marke. Den Influencer-Schwerpunkt rundet Mark Leinemann mit der steilen These ab, ob Nano-Influencing nicht die kopernikanische Wende im Marketing bedeutet. Im Anschluss wird Recht gesprochen von Ralf Kitzberger und Christian-Oliver Moser. Die beiden Juristen erläutern, was ein Vertrag berücksichtigen sollte, um Streitigkeiten bei einer Markenkooperation zu vermeiden, und behandeln die derzeit viel diskutierte Frage nach den Grenzen der Werbeaktivitäten von Celebrities und Influencern im Hinblick auf deren Haftbarkeit. Wir freuen uns, dass mit Günther Jauch die bei den Deutschen über Jahre beliebteste Celebrity den Reigen mit seinem Nachwort versöhnlich schließt.
Viel Freude und Erkenntnis für mehr Meinungsführerschaft wünschen Ihnen ganz herzlich
Alexander Schimansky & Shamsey Oloko
A. Celebrities und Influencer – was macht sie aus und warum wirken sie?
Die Bedeutung von Celebrities und Top-Influencern für das moderne Marketing
Prof. Dr. Alexander Schimansky, Dr. Shamsey Oloko & Dr. Magdalena Bekk
Was bewegt uns an Celebrities? Eine psychologische Reise zu den neuen Meistern der „Pröffentlichkeit“
Jens Lönneker, rheingold salon, Köln
Besser für die Marke – Celebrity-Selektion mit dem Human-Brand-Ansatz
Daniel Althaus, Splendid Research, Hamburg
Mit Celebrity zum Werbeerfolg? Eine Analyse der Effie-Siegerkampagnen
Simone Reifenberger, GWA, Frankfurt am Main
Die Bedeutung von Celebrities und Top-Influencern für das moderne Marketing
Prof. Dr. Alexander Schimansky, Dr. Shamsey Oloko & Dr. Magdalena Bekk
1. Celebrity#Influencer-Marketing – ein Streiflicht zum Status quo
Wissen Sie noch, welche Marken Sie in den letzten Tagen gesehen haben? Wenn ja, haben diese Marken etwas Entscheidendes besser gemacht als alle anderen, die ebenfalls um Ihre Aufmerksamkeit und Gunst buhlten. Sie haben es geschafft, aufzufallen, aus der Masse hervorzustechen, sich merklich von der Konkurrenz zu differenzieren. Dieses Ziel ist in Zeiten von Information Overload, Attention Economy, Ad Blockern und Multi-Channeling ungleich schwerer zu erreichen als noch vor wenigen Jahren, zumal Internet, Mobile Apps und Social Media im Lebensalltag nicht nur da, sondern omnipräsent geworden sind. Umso stärker müssen Unternehmen Mittel und Wege finden, um ihre Angebote noch erfolgreich bei den Menschen zu positionieren.
Von den zahlreichen Marketinginstrumenten zählt der Einsatz prominenter Persönlichkeiten als werbende Fürsprecher von Marken zu einer der bevorzugten Maßnahmen: 2005 arbeitete jede fünfte Kampagne der 500 größten werbetreibenden Unternehmen mit einem Prominenten, 2015 war es in einer Untersuchung von TV-Spots sogar annähernd die Hälfte.1 Der Grund: Von dem hohen Aufmerksamkeits- und Sympathiefaktor einer Celebrity soll die Wahrnehmung und Differenzierungskraft der beworbenen Marke profitieren.2 Ganz gleich, ob es sich im Einzelnen um George Clooney oder Lukas Podolski, um Helene Fischer oder Kim Kardashian handelt, es wird immer zur Kenntnis genommen, mit welcher Marke das persönliche Idol auftritt – und mit welcher nicht.
Das gute Geschäft mit der Begeisterung für Stars und Sternchen wird durch zahlreiche TV-Formate belegt, die erfolgreich auf den Promi-Faktor gesetzt haben – von Reality Shows (Promi Big Brother, Promi Dschungelcamp) über Game Shows (Wer wird Millionär? Das Prominenten-Special) und Soaps (Der Bachelor, Die Geissens) bis hin zu Talent-Castingshows (Germany’s Next Topmodel, The Voice of Germany). Diese massenmedialen Laufstege für Prominente haben sicherlich ein Mehr an Präsenz und Nähe zwischen den Menschen und ihren Stars gefördert und einer breitenwirksamen Begeisterung Vorschub geleistet. Dass Promis in der Gesellschaft ein begehrtes Thema geworden sind, ist wiederum bedeutsam für Werbetreibende, denn je größer das Interesse an Stars und Sternchen, desto beliebter ist auch Werbung mit Celebrities. So finden zwei von drei Deutschen Prominente in der Werbung interessant und jedem vierten Deutschen gefällt Werbung mit Prominenten besser als normale Werbung.3
Die mediale Popularisierung des „Promitums“ hat in der jüngsten Vergangenheit zusätzlichen Schub durch den weltweiten Siegeszug des Internets erfahren. Der freie Zugang zu Twitter, YouTube, Facebook und Instagram mit schier unbegrenzten Reichweiten beschert nicht nur klassischen Stars wie Ronaldo, Jay-Z oder Heidi Klum nahezu ubiquitäre Rund-um-die-Uhr-Präsenz, sondern ermöglicht jedem Menschen quasi über Nacht ein gewisses Maß an Berühmtheit.
Das Aufblühen von Social Media in den letzten Jahren hat eine neue Art Star hervorgebracht, den (Top-)Influencer. So war Justin Bieber 2007 noch ein unbekannter kanadischer Junge von 13 Jahren und ist heute ein globales Jugendidol. Allein mit seinen 76 Millionen Fans auf Facebook bietet er werbetreibenden Unternehmen Zugangsmöglichkeiten zu jungen Menschen auf der ganzen Welt, wie es kaum ein Medienkonzern bewerkstelligen kann.4 Immer mehr Celebrities und Influencer verfügen über eigene reichweitenstarke Online-Kanäle, die wiederum von werbenden Unternehmen genutzt werden können, woraus neue Spielarten der Medienproduktion als auch der Markeninszenierung