Codename E.L.I.A.S. - Kaltgestellt. Mila Roth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mila Roth
Издательство: Bookwire
Серия: Codename E.L.I.A.S.
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783967110425
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Augenblick beides.«

      »Wenigstens bist du ehrlich.« Sie presste kurz die Lippen zusammen. »Auf Wiedersehen, Michael.« Sie stieg wieder ein, die Fahrertür knallte zu. Mit zu viel Gas und quietschenden Reifen fuhr sie davon.

      Michael blickte ihr nach, bis sie um eine Ecke bog. »Wunderbar.« Er rieb sich resigniert übers Gesicht. Bri hatte sich nicht verändert – und er hatte es wieder einmal in Sekundenschnelle geschafft, sie gegen sich aufzubringen. Ganz wie in alten Zeiten.

      3. Kapitel

      Am South Broadway stieg Michael aus dem Bus und ging die letzten hundert Meter zu Fuß bis zu einem gelb angestrichenen Diner, über dessen zweiflügliger Glaseingangstür in roten geschwungenen Lettern Piper’s Crazy Chicken & Slow Food zu lesen war. Der Parkplatz hinter dem Diner war zur Hälfte belegt. Auf der Veranda, die sich über zwei Seiten des Restaurants zog, saßen vereinzelt Gäste, und auch drinnen waren einige Tische besetzt. Als er eintrat, sah Michael sich eingehend um, bis er weiter hinten die Person erkannte, mit der er zum Lunch verabredet war.

      »Michael Cavenaugh, lange nicht gesehen.« Linda Montaine erhob sich, als er den Tisch erreichte, und drückte lächelnd seine Hand. Sie war eine attraktive Mittvierzigerin, stets perfekt geschminkt, den schlanken Körper ausschließlich in Designerkleider gehüllt. Ihre blonde Dauerwelle saß selbst im stärksten Sturmwind perfekt. Auf den ersten Blick konnte man auf die Idee kommen, sie sei die Ehefrau eines berühmten Hollywoodproduzenten oder eines hohen Tieres aus der Politik, die sich den lieben langen Tag im Country Club herumtrieb oder wahlweise in irgendwelchen Komitees zu derzeit angesagten Wohltätigkeitsveranstaltungen. Tatsächlich aber verbarg sich hinter der gestylten Fassade das Gehirn eines Finanzgenies. Vor über zehn Jahren hatte sie sich von ihrem treulosen Ehemann scheiden lassen und fortan ihre beiden Kinder allein aufgezogen. Inzwischen besuchten beide die besten Colleges. Das nötige Kleingeld dazu lieferten die privaten Finanzdienstleistungen, die Linda ihrer Kundschaft bot. Hauptsächlich sorgte sie dafür, dass die Finanzbehörden die größeren Geldanlagen von Lindas Klienten nicht als besteuerbares Einkommen entdeckten. Geldwäsche gehörte ebenfalls zu ihren Spezialitäten. Michael hatte sie vor Jahren während eines Einsatzes für die CIA kennen und schätzen gelernt. Seither betreute sie ein geheimes Bankkonto für ihn. Er hatte sie gestern von seinem Motelzimmer aus angerufen und das Treffen mit ihr vereinbart. Leider war sie unter seinen hiesigen Informanten die Einzige gewesen, die zugab, ihn zu kennen, oder überhaupt erreichbar war.

      Sie setzten sich einander gegenüber an den Tisch. Sogleich kam eine junge Bedienung zu ihnen und brachte die Speisekarte. »Heute kann ich Ihnen das Hähnchenfilet in Zitronenmarinade mit unserem selbst gemachten Kartoffelsalat empfehlen.« Sie musterte Michael interessiert. »Das ist unser Tagesmenü.«

      »Das nehme ich.« Linda beachtete die Speisekarte nicht einmal. »Michael, das solltest du unbedingt probieren. Pipers Zitronenmarinade ist legendär. Und erst ihr Kartoffelsalat! Danach wird man süchtig.«

      »Okay.« Michael nickte dem brünetten Mädchen freundlich zu. »Und ein Wasser bitte.«

      »Kommt sofort.« Die Bedienung eilte davon, jedoch nicht, ohne ihm zuvor ein weiteres strahlendes Lächeln zu schenken.

      Michael beachtete sie bereits nicht mehr, sondern kam gleich auf den Grund des Treffens zu sprechen. »Wie sieht es aus, Linda, kannst du ein paar Tausender von meinem angelegten Geld lockermachen? Ich sitze gerade ziemlich auf dem Trockenen.«

      »Ja, hm, also, na ja.« Linda zupfte an ihrer Frisur herum.

      »Was?« Argwöhnisch musterte er sie.

      »Da gibt es ein Problem. Keines, das ich nicht in den Griff bekommen kann«, setzte sie hastig hinzu. »Nur wird das ein wenig dauern. Es sieht aus, als habe jemand dein Konto aufgelöst.«

      »Wie das?« Seine Stirn verzog sich sorgenvoll. »Dieses Konto lief unter einem Decknamen!«

      »Ich weiß, ich weiß.« Linda war die Angelegenheit sichtlich unangenehm. »Es ist mir ein Rätsel, wie das geschehen konnte. Mein Sohn ist gerade über Weihnachten zu Besuch und überprüft bereits alle meine Sicherheitsvorkehrungen. Offenbar hat sich jemand in meine Software gehackt und dein Konto gelöscht.«

      »Also ist das Geld weg?«

      »Weg vermutlich nicht, aber es wurde nach unbekannt transferiert. Wer auch immer das war – er ist verdammt professionell vorgegangen. Ich konnte nicht nachverfolgen, von wo er angegriffen oder wohin er das Geld überwiesen hat. Keine Sorge, Michael, ich arbeite daran. Wenn du Geld brauchst, kann ich dir gerne etwas leihen, zinslos für den Anfang. Aber du weißt ja, das Geld war rabenschwarz und in einer Steueroase geparkt. Dafür könnten die Finanzbehörden uns beide bis zum Sankt Nimmerleinstag auf die rote Liste setzen ... Trotzdem kann ich dir natürlich unter die Arme greifen, immerhin war es mein unzureichendes Sicherheitssystem, das sie durchbrochen haben.«

      »Nein, danke.« Er winkte ab. »Erst mal muss ich herausfinden, was hier vorgeht.«

      Linda beugte sich ein wenig vor und senkte die Stimme. »Ich habe ein bisschen recherchiert. Du tauchst in keiner Datenbank auf. Man könnte meinen, dass du gar nicht mehr existierst.«

      »Ich weiß.« Michael wartete, bis die Kellnerin das Wasser vor ihm abgestellt und sich wieder zurückgezogen hatte, bevor er weitersprach. »In Langley tun sie momentan so, als würden sie mich nicht mehr kennen. Irgendwas läuft da, und ich muss herausfinden, was es ist.«

      »Du weißt, dass du auf meine Hilfe zählen kannst.«

      »Danke, Linda. Zuerst mal muss ich wohl sehen, dass ich an Geld komme – ohne noch weitere Aufmerksamkeit auf dich und dein Geschäft zu lenken. Wer auch immer etwas gegen mich hat, soll nicht auf die Idee kommen, dich für seine Pläne zu missbrauchen.«

      »Danke Michael, das ist sehr zuvorkommend von dir. Ehrlich gesagt hatte ich mir schon Sorgen gemacht, denn die Leute, die deinen Account gehackt haben, dürften auch Zugriff auf meine übrigen Transaktionen gehabt haben. Ich muss jetzt sämtliche Konten meiner Kunden neu anlegen und die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal verschärfen. Das ist sehr unangenehm, vor allem, weil es mich vor einigen meiner Geschäftspartner in unschöne Erklärungsnöte bringt. Aber das soll nicht deine Sorge sein. Was hast du jetzt vor?«

      »Ich brauche wohl so etwas wie einen Job. Das Problem ist, dass ich wohl kaum etwas finde, wenn ich meine Identität nicht nachweisen kann. Zumindest nichts Offizielles.«

      »Du suchst also einen Job?« Sie schmunzelte. »Vom Spion zum Tellerwäscher?«

      »Ich kann mir auch was Schöneres vorstellen.«

      »Du könntest dich mal mit Luke Tanner in Verbindung setzen. Soweit ich weiß, verdingt er sich ab und zu als Kopfgeldjäger, wenn ihm die Invalidenrente ausgeht.«

      »Luke ist in L.A.?« Erstaunt hob er den Kopf. »Ich dachte, er lebt in Florida.«

      »O nein, schon seit einer Weile nicht mehr. Vermutlich hatte er Heimweh. Zwar ist das Wetter in Miami nicht schlechter als hier, außer natürlich in der Hurrikan-Saison, doch offenbar gefällt es ihm in Kalifornien besser. Immerhin ist er hier aufgewachsen. Du bist ja anscheinend auch wieder in deiner Heimat gestrandet.«

      »Nur vorübergehend, bis ich diesen Unfug mit meinem Ausweis und meinen Konten geklärt habe.« Michael schwieg erneut, als ihnen die Hähnchenfilets serviert wurden. Vorsichtig schnupperte er an seiner Portion, dann nickte er zustimmend. »Sieht ja ganz gut aus. Wenigstens schwimmen die Kartoffeln nicht in Transfettsäuren.«

      Linda lachte. »Immer noch derselbe Gesundheitsfreak? Keine Sorge, deshalb habe ich ja dieses Diner vorgeschlagen. Hier wird alles frisch zubereitet, und Pipers Küche wird selbst jemandem wie dir zusagen.«

      »In meinem Job gehe ich täglich das Risiko ein, von einer Kugel ins Jenseits befördert zu werden. Da muss ich nicht auch noch mit ungesundem Essen nachhelfen.«

      »Wenn du es so ausdrückst, kann ich nicht widersprechen.« Linda zwinkerte ihm zu. »Und ganz sicher wird es dir deine Freundin danken. Nur von ungefähr