Michael runzelte die Stirn und ging um den Tresen herum, um sich selbst von der Meldung auf dem Bildschirm zu überzeugen. »Darf ich?« Umstandslos zog er die Tastatur zu sich heran.
»Hey, was soll das denn?« Die Stimme der Sekretärin wurde schrill. »Sie können doch nicht einfach ...«
»Nur einen Augenblick.« Michael tippte ein paar Daten ein. Wieder kein Treffer. Als er den Kopf hob, sah er Brianna auf der anderen Seite des Tresens stehen und ihn interessiert beobachten. Wieder lächelte er, diesmal in Richtung des Arztes. »Das muss ein Datenbankfehler sein.«
»Das ist natürlich möglich, aber Sie werden verstehen, dass wir dennoch einen Nachweis über Ihre Identität benötigen. Andernfalls müsste ich die Polizei verständigen.«
»Das ist nicht nötig.« Michael winkte betont lässig ab. »Wer weiß, wie lange es dauert, bis der Fehler behoben ist. Miss Wagner kann meine Identität bestätigen. Nicht wahr, Brianna?«
Brianna reagierte nicht.
»Bri?« Eindringlich sah er sie an.
»Hm? Was? Ach so. Ja, natürlich, Herr Doktor. Ich kenne diesen Mann. Das kann ich Ihnen gerne schriftlich geben.« Ihr übertrieben gezierter Tonfall reizte Michaels angespannte Nerven, doch er beherrschte sich. Sollte sie ihren Spaß haben.
»Das ist ja gut und schön.« Dr. Petersen schien die Angelegenheit immer unangenehmer zu werden. Michael sah ihm an, dass er kurz davor war, tatsächlich die Cops zu rufen. »Trotzdem brauchen wir einen Nachweis über Ihre Identität, Mr. Cavenaugh. Schon wegen der Rechnung, und überhaupt ist das rechtlich ...«
»Wie viel schulde ich dem Krankenhaus?«
Die Sekretärin räusperte sich und zog die Tastatur wieder zu sich heran, tippte etwas ein. »Dreitausendsiebenhundertfünfundsiebzig Dollar.«
Brianna stieß einen Pfiff aus.
Michael ging um den Tresen herum und nahm sie ein wenig beiseite. »Brianna!«
»Ja, Michael?« Sie sah mit einem feinen Lächeln zu ihm auf und klimperte mit den Wimpern. Sie wusste natürlich genau, um was er sie bitten wollte.
»Würdest du ...« Er senkte die Stimme ein wenig. »Ich zahle es dir so schnell wie möglich zurück.«
Sie antwortete nicht gleich, sondern tat, als müsse sie erst gründlich darüber nachdenken.
»Bri, bitte!«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Dafür schuldest du mir was, Michael.«
»Ich sagte doch, dass ich es dir zurückzahle.«
»O nein, mit Geld allein ist es da nicht getan.«
Er stieß einen ungeduldigen Seufzer aus. »Also, was willst du von mir?«
»Mal sehen.« Sie löste die Arme wieder und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen. »Wie wäre es mit einer Erklärung?«
Er nickte zögernd. »Okay.«
»Die kannst du mir bei einem gemeinsamen Dinner geben.« Sie warf ihm einen vielsagenden Blick zu.
Er gab sich sofort geschlagen. Eine andere Wahl hatte er sowieso nicht, wenn er nicht riskieren wollte, dass Dr. Petersen die Polizei rief. »Ein Dinner?«
»Für den Anfang. Dann sehen wir weiter.«
»Nicht heute.«
»Aber noch in diesem Jahr.«
»Also gut, wenn es dich glücklich macht.«
»Das muss sich erst noch herausstellen.« Sie wandte sich mit einem strahlenden Lächeln an die Sekretärin und zückte ihre Kreditkarte. »Ich zahle für den Herrn.«
Ж Ж Ж
Erleichterung breitete sich in Michael aus, als er dem Krankenhaus den Rücken zukehrte. Brianna ging schweigend neben ihm her bis zu ihrem Wagen, einer noch fast neuen dunkelroten Limousine japanischen Fabrikats mit cremefarbenen Ledersitzen.
»Schicker fahrbarer Untersatz.« Anerkennend strich er über den glänzenden Lack.
»Hab ich von einem Kunden erhalten, anstelle von Bargeld. Erstklassige Ware gegen erstklassige Ware. Ein guter Handel.«
»Was für eine Ware?«
Sie zuckte die Achseln. »Stereoanlagen hauptsächlich.«
»Hauptsächlich?«
»Ein paar Satellitentelefone und ein Flashlight-3000-Überwachungssystem waren auch dabei.«
»Dieses System wird so gut wie nur in Banken eingebaut.«
»Ich habe ja nicht behauptet, dass es einfach war daranzukommen. Für den Mehraufwand ist dieses Schätzchen herausgesprungen.« Sie schloss den Wagen auf und setzte sich hinters Steuer.
Michael quälte sich auf den Beifahrersitz und nannte ihr die Adresse seines Motels. »Danke, dass du mich fährst.«
Sie reagierte nicht darauf, sondern fädelte den Wagen in den fließenden Verkehr ein. »Irgendeine Idee, wer sich den Streich mit deinen Daten erlaubt hat?«
»Keine Ahnung, ob es ein Streich ist. Darf ich mal dein Handy benutzen?« Er nahm es einfach aus der Halterung der Ladestation und tippte die Nummer seines Vorgesetzten bei der CIA ein. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis sich die Vorzimmerdame meldete.
»Hier spricht Michael Cavenaugh. Stellen Sie mich bitte zu Jake Middleton durch.«
»Michael wer?«
»Cavenaugh. Ich muss dringend mit Middleton sprechen. Mein letzter Einsatz ist etwas aus dem Ruder gelaufen, und jemand hat ...«
»Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Sie müssen falsch verbunden sein.«
»Falsch ver... Was?« Er zog die Stirn in tiefe Falten. »Natürlich kennen Sie mich. Kommen Sie, wie oft war ich schon in Middletons Büro? Nun holen Sie ihn mir bitte ans Telefon.«
»Sie sind wirklich falsch verbunden. Hier gibt es keinen Mitarbeiter namens Middleton.«
»Natürlich gibt es den. Er ist seit sechs Jahren mein Kontaktmann und Vorgesetzter.«
»Es muss sich um eine Verwechslung handeln.«
Michaels Kehle schnürte sich zu. »Überprüfen Sie meinen Sicherheitsstatus: Alpha-Delta-1-3-6-5-1. Michael Cavenaugh. Mit C.«
Im Hintergrund hörte er eine Tastatur klappern. »Es tut mir leid, dieser Sicherheitscode existiert nicht. Auf Wiederhören.«
»Nein, nicht aufl...! Mist.« Zornig starrte Michael das Handy an, wählte die Nummer erneut. Diesmal klingelte es nicht, sondern eine Computerstimme verkündete, dass die gewählte Nummer nicht vergeben sei.
Brianna sah ihn kurz von der Seite an. »Hast du dir in Langley Feinde gemacht?«
Er klemmte das Handy zurück in die Halterung und legte ratlos den Kopf in den Nacken. »Sieht fast so aus. Ich habe allerdings keine Ahnung, womit.«
»Muss aber eine größere Sache sein, wenn sie dich anscheinend nicht mal mehr kennen.«
Brianna hatte recht. Das war kein simpler Computerfehler. Jemand schien zu versuchen, ihn auszuschalten.
Als sie das Motel erreichten, stieg er umgehend aus dem Wagen. Brianna tat es ihm gleich und wollte ihm zu seinem Zimmer folgen, doch er hielt sie zurück. »Fahr nach Hause, Bri. Ich muss erst mal herausfinden, was hier vorgeht.«
»Ich könnte dir dabei Gesellschaft leisten.«
»Nicht jetzt. Du weißt selbst, dass es