Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Michaela Dornberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Sonnenwinkel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740969752
Скачать книгу
nicht darüber nachdenken, wie ihr Leben ohne Carlo aussähe.

      Nein!

      Alles war gut, sie wollte den Augenblick genießen, und ihre Gegenwart war ganz wunderbar. Und wenn die gut war, dann musste man sich doch auch keine Gedanken um die Zukunft machen.

      Wie sehr sie ihn doch liebte, ihren Carlo.

      Ihre Blicke trafen sich, und was da zu sehen war, das war ganz viel Liebe …

      *

      Ricky saß in ihrem Wohnzimmer und versuchte sich abzulenken, was ihr aber nicht gelingen wollte. Sie hatte versucht zu lesen, vergebens. Im Fernsehen war auch nichts Gescheites zu sehen gewesen.

      Sie sah andauernd auf ihre Uhr. Wo Fabian bloß blieb?

      Gut, er hatte seine Kollegen zu einer wichtigen Konferenz zusammengetrommelt, aber die musste doch längst vorbei sein. Auch wenn es Probleme gab, konnte man die schnell besprechen. Und ihr Fabian, der kam immer rasch auf den Punkt.

      Ricky stand auf, machte eine unruhige Wanderung durch den Raum, dann verließ sie das Wohnzimmer und lief hinauf zu den Kinderzimmern, wo die lieben Kleinen schliefen.

      Henrike Rückert, geborene Auerbach, die jeder seit jeher nur Ricky nannte, liebte ihre Kinder über alles. Sie hatte immer nur heiraten wollen und Kinder haben. Und dieser Wunsch war in Erfüllung gegangen. Eigentlich war sie ein Glückskind, einen Mann wie Fabian Rückert bekommen zu haben. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen, auf beiden Seiten, und sie hatten weder ihre Heirat noch ihre Kinder bereut. Jedes von ihnen war ein absolutes Wunschkind.

      Dass Ricky sich spontan entschlossen hatte, doch noch ein Studium zu beginnen, weil nur ein Schulabschluss nicht alles gewesen sein konnte, auch wenn es ein Abitur war, hatte Fabian voll unterstützt. Und nun war sie begeisterte Studentin. Sie studierte Deutsch und Biologie auf Lehramt. Dieses waren schon in der Schule ihre Lieblingsfächer gewesen, und dass sie Lehrerin werden wollte, das hatte eindeutig mit Fabian zu tun. Er war ein fantastischer Lehrer, und man hatte ihm nicht umsonst die Leitung des bekannten und begehrten Goethegymnasiums angeboten. Für diese Schule gab es lange Wartelisten, und seit Fabian der Direktor war, war die Warteliste noch größer geworden.

      Ricky kam an einem Spiegel vorbei, sah selbstkritisch hinein, aber sie konnte an ihrem Äußeren nichts aussetzen. Sie war sehr schlank und konnte essen, was sie wollte, ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen, und ihre Kinder sah man ihr auch nicht an. Mit ihrem Pferdeschwanz wirkte sie sehr jung und unternehmungslustig, ihr Blick war neugierig und wach. Ja, etwas störte sie. Es war ihre Haarfarbe, die so überhaupt nicht richtig zu definieren war. Sich die Haare färben zu lassen, daran hatte sie bislang noch nicht gedacht, und solange sie ihrem Fabian gefiel, war auch alles in Ordnung.

      Vorsichtig ging sie in die Räume, wo die Kinder schliefen. Sie überzeugte sich liebevoll, dass alle wohlauf waren. Mit ihren so wohlgeratenen Kindern hatte Fabian wirklich das Glückslos gezogen. Ihre Kinder und Fabian waren das Wichtigste in ihrem Leben. Ricky konnte das Glücksgefühl nicht beschreiben, das sie empfand.

      Fabian war noch immer nicht da.

      Es konnte doch nicht sein, dass eine Lehrerkonferenz am Abend so lange dauerte, da fasste man sich kurz, weil man nach Hause wollte. Ricky bekam es mit der Angst zu tun.

      Fabian war hoffentlich nichts passiert. Sie wollte einen solchen Gedanken überhaupt nicht zu Ende bringen, denn es wäre unvorstellbar für sie, ohne ihn zu leben. Er war ihr alles, ihre zweite Hälfte, und sie bekam noch heute Herzklopfen, wenn sie intensiv an ihn dachte. Daran hatte sich nichts geändert, und das würde es auch nicht. Sie hatten sich gesehen, und da war es um sie geschehen.

      Am liebsten hätte Ricky ihren Mann jetzt angerufen, aber Fabian hatte sein Handy immer ausgeschaltet, wenn er nicht gestört werden wollte.

      Nach einer Weile versuchte sie es doch, weil sie immer unruhiger wurde.

      Nichts!

      Ricky versuchte sich abzulenken, doch was immer sie auch tat, es brachte nichts, weil sie einfach zu unruhig war und ihre Gedanken durcheinanderwirbelten wie aufgescheuchte Vögel.

      Endlich hörte sie Geräusche, sie rannte zur Tür, Fabian kam zur Tür herein, Ricky fiel ihm um den Hals.

      »Das ist vielleicht ein Empfang«, sagte Fabian und drückte seine Frau an sich.

      »Endlich bist du da«, rief sie, »ich hatte solche Angst.« Er ließ sie los.

      Doktor Fabian Rückert war ein Bild von einem Mann. Er war groß und schlank, hatte kurze Haare, tiefgründige, interessante Augen, und die randlose Brille passte zu seinem schmalen Gesicht.

      »Wieso hattest du Angst, mein Liebling?«, erkundigte er sich ein wenig erstaunt. »Du wusstest doch, wo ich war.«

      Sie nickte.

      »Ja, aber eine Konferenz kann doch nicht so lange dauern«, sagte sie.

      Er zog seine Jacke aus, hängte sie an die Garderobe, dann lachte er. »Du hast recht, und wir saßen eigentlich alle schon auf heißen Kohlen, weil wir nach Hause wollten. Aber unsere neue Kollegin Frau Doktor Klinger konnte kein Ende finden. Sie hatte immer noch etwas vorzubringen, und niemand von uns wollte sie gleich am Anfang stoppen. Du weißt doch, neue Besen kehren gut. Vielleicht wollte sie uns zeigen, was sie alles drauf hat, oder an dem Gymnasium, an dem sie vorher war, konnte man kein Ende finden und sich auf das Wesentliche konzentrieren. Aber genug davon. Ich bin froh, endlich bei dir zu sein.«

      Er legte einen Arm um ihre Schulter, gemeinsam gingen sie ins Wohnzimmer, wo sie so lange auf ihn gewartet hatte. Endlich war ihr Fabian da.

      Er erkundigte sich nach den Kindern, dann wollte er wissen, wie es bei ihren Eltern gewesen war, die sie heute kurz besucht hatte.

      Das war jetzt nicht unbedingt das, worüber sie reden wollte. Aber da gab es auch noch etwas, was geklärt werden musste.

      »Ach, Fabian, das ist eine unendliche Geschichte, Papa war nicht daheim, und Mama …, um die mache ich mir ernsthafte Sorgen. Die ist nicht wiederzuerkennen. Sie kommt einfach nicht damit klar, dass ihre Jüngste nichts mehr von ihr wissen will und dass sie jetzt in Australien ist.«

      »Sie hat halt Schuldgefühle, weil sie ihr das mit der Adoption nicht erzählt haben, und damit muss sie aufhören. Es ist nun mal geschehen, kein Fluss fließt zurück.«

      Ricky nickte.

      Natürlich hatte Fabian recht, das war auch ihre Meinung.

      »Mama hat an ihrem Leben nicht nur die Freude verloren, sondern sie lässt alles auch schleifen. Ich bin ja eigentlich in den Sonnenwinkel gefahren, um mit ihr über unser Haus zu sprechen. Seit die Köhlers nach Singapur gezogen sind, steht es leer, dabei gibt es viele Interessenten, und du weißt, wie begehrt der Sonnenwinkel ist.«

      Er zuckte die Achseln.

      »Ihr steht halt der Kopf nicht danach. Vielleicht sollten wir das Haus einem Makler geben. Das haben wir ja bislang nicht gemacht, weil deine Mutter sich unbedingt kümmern wollte.«

      Ricky nickte.

      »Das denke ich auch, und dann sollten wir ihm auch sagen, dass er sich nicht um eine Vermietung, sondern um einen Verkauf kümmern soll.«

      Jetzt blickte Fabian Rückert seine Frau erstaunt an.

      »Ricky, was sind das denn jetzt für neue Töne? Ich wollte es schon immer, weil nicht davon auszugehen ist, dass wir jemals wieder in den Sonnenwinkel ziehen werden. Aber du wolltest es nicht, weil du emotional so sehr an dem Haus hingst, in dem wir unser gemeinsames Leben begonnen haben.«

      Wieder nickte sie.

      »Ich hänge immer noch daran, aber das ist reine Sentimentalität. Wenn wir es verkaufen, sind wir frei davon, uns fällt bestimmt etwas ein, was wir mit dem Verkaufserlös machen können. Wir können uns beispielsweise ein Ferienhaus in der Bretagne kaufen. Dort hat es uns allen so gut gefallen, und wie du weißt, gibt es auf Quiberon wunderschöne Häuser.«

      Er lachte.

      So