Faszination Jesus. Roland Werner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roland Werner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783765574993
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keine reine Einfügung ist und dennoch Josephus ihn nicht exakt in der Form verfasste, wie er uns heute vorliegt. Er folgert: „Wir können jedenfalls sagen, dass Josephus von der Existenz Jesu Zeugnis ablegt, von seiner Verwandtschaft mit Jakobus dem Gerechten, von seinem Ruf als Wundertäter, von seiner Kreuzigung unter Pontius Pilatus als Folge von Anklagen, die durch die jüdischen Führer gegen ihn vorgebracht worden waren. Ferner von seinem Anspruch, der Messias zu sein, und von seiner Wirkung als Ursprung des ‚Stammes der Christen‘“.22

      Josephus, der im Jahr 37 n. Chr. in Judäa als Sohn einer vornehmen Priesterfamilie geboren war, kannte sich in den Verhältnissen im Israel seiner Zeit bestens aus. Er wird die christlichen Gemeinden in Jerusalem und ganz Palästina zumindest aus den Berichten vieler Mitbürger gekannt haben. So verwundert es nicht, dass seine Aussagen im Kern mit denen übereinstimmen, die wir im Neuen Testament und in den frühchristlichen Schriften finden.

      Rabbinische Texte

      Eine dieser Traditionen lautet:

      Eine weitere Erwähnung Jesu findet sich in manchen rabbinischen Texten, in denen er „Jesus ben Pantera (oder Pandera)“ genannt wird. Dies könnte „Sohn des Panters“ bedeuten, was aber keinen richtigen Sinn ergibt. Wahrscheinlich ist dieser Name eine Verballhornung des griechischen Wortes parthenos „Jungfrau“, sodass eben „Jesus, Sohn der Jungfrau“ gemeint ist.

      Wir sehen also, dass die Diskussion um Jesus im 1. Jahrhundert in Palästina, in Rom und anderswo in vollem Gang war. Denn die Überlieferungen, wie sie hier im Überblick gegeben werden, stellen ja nicht mehr als die Spitze des Eisbergs da. Wären alle Schriften des Altertums bewahrt, könnten wir sicher ein noch viel vollständigeres Bild von Jesus, seinem Leben, seinem Tod und seiner Auferstehung sowie von den ersten Jüngern gewinnen. Doch was wir außerhalb des Neuen Testaments über Jesus erfahren, ist schon beachtlich. Es ist wie ein Scherenschnitt, anhand dessen wir die groben Züge von Jesus erkennen können.

      Wenn wir jedoch Jesus genauer ins Blickfeld bekommen möchten, müssen wir ins Neue Testament schauen. Dort sehen wir Jesus, wie er wirklich war.

      JESUS IN DEN EVANGELIEN

      Was wir von Jesus wissen, wissen wir durch das Neue Testament. Wer die Berichte der Evangelien vorurteilsfrei liest, wird ein immer deutlicheres Bild von der Person Jesus gewinnen. Seine Worte, seine Taten, seine Reaktionen, sein Umgang mit Menschen, all dies und viel mehr tritt so klar vor unser geistiges Auge, dass wir das Gefühl bekommen, Jesus wirklich persönlich zu kennen. Er fasziniert bis auf den heutigen Tag. Wir finden Jesus aber nicht an den Evangelien vorbei. Sie sind die einzigen durchgängigen Berichte, die wir vom Leben und Sterben Jesu haben. Zwar lassen sie vieles aus dem Leben Jesu aus. Nur zwei der Evangelien berichten etwas aus seiner Kindheit und Jugend. Die ersten Jahrzehnte seines Lebens werden kaum erwähnt. Der Fokus der Evangelien liegt auf dem öffentlichen Wirken Jesu seit seiner Taufe. Es sind nur wenige Jahre, zwei oder drei, in denen er mit seinen Jüngern durch Palästina wanderte und seine Botschaft verkündigte. Nach dem gestrafften Bericht der synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus und Lukas) scheint es gerade ein Jahr gewesen zu sein mit nur einer Reise von Galiläa nach Jerusalem, während Johannes ausführlicher von mehreren Wanderungen nach Jerusalem zu den jährlichen Festen berichtet. In jedem Fall war es nur eine kurze Zeit, in der Jesus öffentlich auftrat. Und doch veränderten diese wenigen Monate den Gang der Weltgeschichte.

      Evangelium – eine Nachricht, die alles verändert

      Davon berichten die Evangelien. Das Wort Evangelium bezeichnet eine ganz neue Literaturgattung, die es bis dahin noch nicht gegeben hatte. Die Evangelien sind ganz anders als die üblichen Biografien des Altertums. An vielen Einzelheiten des Lebens Jesu gehen sie vorüber. Sie konzentrieren sich auf eins: darzustellen, was Jesus sagte, was er tat, wie er Menschen begegnete, wie er starb und was danach geschah. In dem allen findet sich das „Evangelium“. Das Wort bedeutet genau übersetzt: „gute Nachricht, Botschaft, die Gutes bringt“. Es wurde ursprünglich im römisch-griechischen Umfeld gebraucht, wenn der Kaiser einen Erlass verkündigen ließ, zum Beispiel die Nachricht, dass Steuern erlassen wurden (was selten vorkam). Oder dass ihm ein Sohn und Thronfolger geboren wurde. Also eine gute Nachricht, die alle anging.