Faszination Jesus. Roland Werner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roland Werner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783765574993
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verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion: Dein Gott ist König!“29 Auch dort findet sich in der Septuaginta, der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, dieses Wort: Evangelium bringen, gute Nachricht verkündigen.

      Beide Bedeutungsstränge zusammengenommen zeigen, was ein Evangelium ist: Es ist die Botschaft Gottes, die alle angeht. Das ganze Leben Jesu ist eine einzige gute Nachricht für die Menschen. Deshalb wählten die Berichterstatter diesen Ausdruck, Evangelium, als Namen für ihre Jesusberichte.

      Die Evangelien sind zuverlässig

      Die Evangelien sind also Berichte über Jesus, die in der frühen Christenheit niedergeschrieben wurden. Keine anderen Schriften der Weltliteratur sind gründlicher untersucht worden als die Bücher des Neuen Testaments und vor allem die vier Evangelien. Und je länger sich Wissenschaftler mit ihnen befassen, umso größer wird das Vertrauen darauf, dass sie historisch zuverlässig sind. Während man vor 50 Jahren noch an vielen Orten die Glaubwürdigkeit der Evangelien stark in Zweifel zog, ist man inzwischen viel vorsichtiger in der Kritik geworden. Denn immer wieder zeigte sich, dass die Evangelien doch recht hatten. Im Anhang gehen wir etwas genauer auf ihre Entstehung ein. Deshalb soll hier nur ein kurzer Abriss gegeben werden.

      Nach einer Phase der mündlichen Weitergabe der Worte und Taten Jesu fingen schon früh Christen an, einzelne Aussprüche Jesu zusammenzustellen und einen Abriss seines Lebens zu geben. In der Antike galt allgemein die mündliche Tradition mehr als die schriftliche. Die verlässliche Weitergabe einer Aussage von Augenzeugen an zuverlässige „Tradenten“, also Überlieferungsträger, die das Gehörte auswendig lernten, war der normale Weg, Dinge für die Nachwelt zu erhalten. In Gesellschaften, die nicht so sehr vom geschriebenen und gedruckten Wort abhängig sind wie wir, ist dies heute noch üblich. Wo nicht die ständige Reizüberflutung einer fast totalen Medienversorgung herrscht, ist es ohne Weiteres möglich, auch längere Texte auswendig zu kennen. Ich selbst habe in Kairo sechsjährige Kinder gesehen, die schon den ganzen Koran auswendig wussten. Die großen Werke von Homer, Ilias und Odyssee wurden über Jahrhunderte mündlich überliefert. Auch in Afrika und Asien finden wir dies: Menschen können erstaunliche Gedächtnisleistungen vollbringen, wenn sie etwas für so wertvoll und wichtig halten, dass es überliefert wird.

      Nun handelt es sich bei den Evangelien längst nicht um so riesige Zeiträume, in denen die Informationen nur mündlich weitergegeben wurden. Man geht heute allgemein davon aus, dass Markus das früheste Evangelium ist und in der Mitte der Sechzigerjahre des 1. Jahrhunderts n. Chr. in Rom entstand. Das bedeutet, dass ein Abstand von nicht viel mehr als 30 Jahren zu den Ereignissen besteht, die berichtet werden. Viele der Augenzeugen lebten noch. Markus selbst stammte aus Jerusalem und hielt in seinem Evangelium vor allem die Erinnerungen der Urgemeinde in Jerusalem und die von Petrus fest, der zu der Zeit in Rom war und kurz darauf den Märtyrertod erlitt.

      Die Absicht des Lukas

      Lukas, der einige Jahre später schrieb, meiner Auffassung nach noch vor der Zerstörung Jerusalems (70 n. Chr.) und vor Paulus’ Tod (66 oder 64 n. Chr.), leitet sein Evangelium mit folgenden Worten ein:

      Der griechische Arzt Lukas, der Christ geworden war und als Mitarbeiter von Paulus in den frühen Gemeinden bekannt war, legt hier klare Rechenschaft ab über seine Ziele und Vorgehensweise bei der Abfassung seines Evangeliums. Er hat ein deutliches historisches Interesse. Es stimmt nicht, was oft gesagt wird, dass die Verfasser der Evangelien am wirklichen, geschichtlichen Jesus uninteressiert gewesen seien. Lukas hat genau recherchiert (im Griechischen steht hier das Wort akribôs, also „akribisch, sorgfältig“), hat die schon vorhandenen Berichte zur Kenntnis genommen und gesichtet und will jetzt „der Reihe nach“, also chronologisch von Jesus berichten. Das alles tut er, damit sein Leser, ein gewisser Theophilus, dem er sein Evangelium widmet, und dann alle anderen, die es auch lesen, die „Zuverlässigkeit“ der ihnen vermittelten christlichen Unterweisung erkennen. Hier liegt wieder die Betonung auf der Tatsächlichkeit der beschriebenen Ereignisse und dem Wunsch, so genau und exakt wie möglich zu erfahren und zu vermitteln, was Jesus gesagt und getan hat.

      Lukas hat seinem Evangelium die Apostelgeschichte als zweiten Teil seines Werkes angefügt. Auch dort zeigen sich sein geschichtliches Interesse sowie seine genaue Kenntnis der Zeitumstände. Viele Einzelheiten, besonders im Bereich der politischen Ordnung der verschiedenen Städte und Landschaften im römischen Reich, die Lukas erwähnt, sind inzwischen durch archäologische Funde bestätigt worden. Lukas wie den anderen Evangelisten, Markus, Matthäus und Johannes, ging es also um verlässliche Informationen über Jesus.

      Die Zuverlässigkeit der Evangelien-Berichte

      Und diese Informationen über Jesus sind uns zuverlässig übermittelt worden. Der Text des Neuen Testaments, wie er uns heute vorliegt, entspricht dem, was damals geschrieben worden ist. Wir sind also bei den Evangelien an der richtigen Adresse, wenn wir etwas über Jesus erfahren und verlässliche Informationen über ihn erhalten wollen. Das Bild, das die römischen und jüdischen Schriftsteller nur undeutlich zeichnen, wird hier ganz deutlich.

      1Lk 3,23

      2Vgl. Anhang 1, 2 und 5.

      3Vgl. z. B. W. W. Gasque: The Historical Value of the Book of Acts. Theologische Zeitschrift Jahrgang 28. Heft 3 Mai-Juni 1972. S. 177-196.

      4Vgl. Roland Werner: Zehn gute Gründe, Christ zu werden. Neukirchen-Vluyn 6. Auflage 2004. S. 35ff.

      5Im Anhang 5 werden die Texte ungekürzt wiedergegeben.

      6Justin, Erste Apologie 35, 7-9 und 48, 3.

      7Sueton, Vita Claudii 25, 4.