Savior hob teilnahmslos die Augenbraue. Auf dieses Gespräch würde er sich nicht einlassen.
Cassy seufzte affektiert. »Ich hätte ihm einen besseren Geschmack zugetraut. Er steht doch gar nicht auf Schwarzhaarige mit kleinen Brüsten. Aber ist ja seine Entscheidung.«
Er ließ sich immer noch zu keiner Antwort herab. Redete seine Schwester von Abby? Hatte Thug sie schon herumbekommen? Das war unerwartet. Er hätte Abby nicht für die Sorte Frau gehalten, die schnell ins Bett zu kriegen war. Aber was wusste er schon über sie? Wenn sie nach ihrer Mutter Francine schlug, sollte ihn gar nichts wundern.
»Wie dem auch sei, ich brauche Geld.«
»Wusste ich doch, dass du nicht aus Sehnsucht hergekommen bist.« Savior verschränkte die Arme vor der Brust. »Was ist mit den fünftausend passiert, die ich dir letzte Woche gegeben habe? Geht dein Verlobter nicht arbeiten? Kann der Wichser nicht mal für seine Familie sorgen?«
Auf einmal sah Cassy geknickt aus. Sie ließ die Schultern hängen und ihre Unterlippe zitterte. Jetzt ähnelte sie wieder dem Mädchen, was er großgezogen hatte.
»Kannst du mir nicht einfach das Geld geben, ohne Fragen zu stellen?«
»Das könnte ich …« Savior ging zu seiner Schwester, kniete sich vor sie und blickte ihr in die Augen. »Aber das mache ich nicht, weil mir etwas an dir liegt.«
»Würde dir etwas an mir liegen, würdest du nicht nachbohren und mir einfach das Geld geben.« Ihre Stimme zitterte.
Er wollte schon kleinbeigeben, als Thug und Abby hereinkamen. Sofort verdüsterte sich der Blick von Cassy und sie straffte die Schultern. Bloß keine Schwäche zeigen – offensichtlich hatte sie doch mehr von Savior gelernt als nur das Schießen.
»Lässt du jeden einfach so hereinspazieren?«
»Sie braucht ihre Tasche aus dem Auto«, brummte Thug und deutete mit dem Kinn auf Abby.
Diese schnappte nach Luft. »Na hör mal, ich hab gesagt, dass das Zeit hat und wir die beiden nicht stören sollten.«
»Manchmal ist es besser einfach den Mund zu halten, Süße«, antwortete Thug.
Empört kniff Abby die Augen zusammen.
»Könnt ihr euern Scheiß draußen klären?«, ging Savior dazwischen, warf Thug den Autoschlüssel zu und deutete auf die Tür.
»Ist der eigentlich immer so mies drauf?«, hörte er Abby noch fragen, bevor die Tür sich hinter den beiden schloss.
»Sie ist anders«, sagte Cassy leise.
Savior stieß ein Schnauben aus. »Das kannst du laut sagen.«
»Teilt ihr euch das Mädchen?«
»Sie ist keine Club-Matratze, Schwesterherz. Sie ist unsere neue Tätowiererin.«
»Oh.« Cassy biss sich auf die Lippe. »Dann ist sie öfter hier?«
Savior gähnte. »Jepp, sie hat ein Zimmer im zweiten Stock.«
Seine Schwester nickte. »Ich werde auch mal wieder los. Troy fragt sich bestimmt schon, wo ich bleibe.«
»Willst du mir nicht doch noch sagen, wofür das Geld ist?« Savior stand an seinem Safe und blickte auffordernd über die Schulter zu Cassy zurück.
Sie schüttelte betrübt den Kopf und lächelte traurig. »Nein.«
Er drückte ihr das Bargeld in die Hand. »Ich komme die Tage mal vorbei, okay?«
»Nicht nötig, Kilian, aber danke.« Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und verschwand so schnell, wie sie gekommen war.
Savior stutzte. Sie hatte ihn schon seit Ewigkeiten nicht mehr bei seinem Geburtsnamen genannt. Ihr musste es schlimmer gehen, als sie zugeben wollte. Ob mit dem Baby alles in Ordnung war? Wieso hatte er sie nicht danach gefragt? Wie weit war sie überhaupt?
Seine Gedanken überschlugen sich. Er musste herausfinden, was mit Cassy los war. Wenn sie mit ihm nicht reden wollte – mit wem würde sie es dann machen? Mit Hailey verstand sie sich nicht, die beiden Mädels hassten sich bis aufs Blut. Nicht nur einmal hatte er zwischen sie treten müssen, bevor diese sich wie die Hyänen aufeinander gestürzt hätten. Tara war zu emotionslos für solche Sachen. Sie konnte mit Männern umgehen und verstand etwas von Autos, aber alles, was mit Gefühlen zu tun hatte, lag ihr nicht. Blieb noch Sandy. Aber konnte er Macs Frau damit behelligen? Er würde sie einfach mal ansprechen.
Abby holte ihre Tasche aus dem Auto und warf Thug einen vorwurfsvollen Blick zu, den er gekonnt ignorierte. »Es war unhöflich die beiden zu stören.«
»Sagtest du schon.« Dann ließ er sie stehen und ging an der Seite des Clubhauses entlang. Abby wusste nicht, wohin der Weg führte.
»Mit der Zeit gewöhnt man sich an den rauen Umgang.«
Abby schrak zusammen. Hinter ihr stand die Schwangere und musterte sie.
»Ich weiß nicht, ob ich mich an so etwas gewöhnen kann«, gab sie zu und versuchte sich an einem Lächeln. »Ich bin Abby.«
Ein Funkeln trat in die Augen der anderen. »Ich weiß, wer du bist, Savior hat mir von dir erzählt.« Sie hielt sich den Bauch. Ihre Miene wurde weicher. »Du musst echt ruhiger werden da drinnen.«
»Wie weit bist du?«
»Es geht dich zwar nichts an, aber ich bin Anfang vierter Monat.« Sie warf Abby einen eisigen Blick zu. »Und, für wen hast du hier schon alles die Beine breitgemacht?«
Am liebsten hätte Abby gebrüllt: für deinen Mann, du blödes Miststück. Aber einer Schwangeren so etwas an den Kopf zu knallen, kam sicher nicht gut an. Besonders dann nicht, wenn ihr Mann der Chef der Sinners war.
Aber die Schwangere kam Abby ohnehin zuvor: »Ach weißt du was, eigentlich interessiert mich das gar nicht.«
Damit stolzierte sie an Abby vorbei und warf ihr knallrotes Haar über die Schulter. Dabei bemerkte Abby auch den Ring am Finger. Scheiße. Hatte Savior wirklich vor, so eine Tussi zu heiraten? Sie hatte ihm mehr zugetraut. Abby erschrak über ihre fiesen Gedanken. Weder kannte sie Savior noch seine Verlobte. Dann fiel ihr wieder ein, dass sie ihn beim Fremdgehen erwischt hatte. Die beiden hatten einander eindeutig verdient.
Weil bei ihrem Rundgang alles derart schnell gegangen war, hatte Abby Mühe ihr Zimmer zu finden. Sie wusste noch, dass es im zweiten Stock lag, doch dann hörte es auch schon auf. Sie wollte auch nicht in jedem Zimmer nachsehen, ob es bewohnt war.
»Kann ich dir behilflich sein?« Cutter lehnte am Türrahmen eines Zimmers, lediglich mit einer tiefsitzenden Sporthose bekleidet. Der Mann wusste nicht nur, dass er gut aussah, er wusste auch, wie er das für sich nutzen konnte. Mistkerl.
»Ich suche mein Zimmer. Savior hat es mir zwar vorhin gezeigt, aber das ging alles so schnell, dass ich es mir nicht merken konnte.« Außerdem war da auch dieser kleine Moment zwischen ihnen gewesen, bei dem sie ein klitzekleines bisschen weiche Knie bekommen hatte. Nicht, dass ihr das noch mal passieren würde, jetzt, wo sie wusste, was für ein Dreckskerl er war.
Cutter zwinkerte fröhlich. »Zufällig weiß ich, welches dein Zimmer ist. Der Boss hat dir das mit dem schönsten Ausblick zugeteilt.«
Abby folgte ihm in die entgegengesetzte Richtung.
»Das ist aber nicht das Beste an dem Zimmer«, plapperte er munter weiter und blieb vor ihrem Zimmer stehen. Jetzt erinnerte sie sich auch wieder.
»So? Wenn es nicht der Ausblick ist, was ist denn daran so toll?«
Cutter zeigte ihr ein atemberaubendes Strahlelächeln, mit dem er garantiert jede noch