»Mr. Dolgan?« erkundigte sie sich.
»Richtig, Miß«, sagte er und wirkte dabei leicht verkniffen. Er erinnerte sich wohl der Szene, als er die Pornohefte auf den Tisch seiner kleinen Zoohandlung gelegt hatte und von Lady Simpson recht unsanft zu-sammengestaucht worden war.
»Kommen Sie mit«, sagte sie energisch, »stellen Sie keine Fragen, kommen Sie mit!«
Es war der Unterton in ihrer Stimme, der ihn daran hinderte, sich störrisch zu zeigen oder Fragen zu stel-len. Er stellte sein Bierglas hastig ab und folgte Kathy Porter, während die übrigen Gäste ihnen nachstarrten.
»Wer ist denn das?« wunderte er sich Minuten später, als er im Salonwagen sich dem Rundlichen gegen-übersah.
»Kennen Sie ihn?« fragte Kathy streng.
»Keine Ahnung, Miß, das heißt …«
»Das heißt was?«
»Das könnte Will Blossom sein«, meinte der Zoohändler. »Natürlich, das ist er mit Sicherheit. Das ist Will Blossom.«
»Und wer ist der Mann?«
»Ein Artist. Sie sehen ja seine beiden Wohnwagen. Er ist vor ein paar Monaten hier aufgekreuzt und hat sich das alte Fabrikgelände gemietet. Miß, was ist hier vorgegangen? Der Mann ist ja angeschossen worden.«
»Die Polizei wird gleich eintreffen«, sagte Kathy, »kennen Sie diesen Blossom näher?«
»Kaum«, antwortete der Zoohändler verwirrt, »ich möchte nur wissen, warum er sich so zurechtgemacht hat, wie ich aussehe. Das muß doch einen Grund haben.«
»Den werden Sie noch rechtzeitig erfahren, Mister Dolgan, verlassen Sie sich darauf! Und kennen Sie den jungen Mann dort?«
Sie führte ihn um einige umgestürzte Sessel herum und zeigte ihm den jungen Schnauzbart.
»Joe Filmore!«
»Und wer ist das nun wieder?«
»Der Sohn vom alten Filmore«, antwortete Dolgan verblüfft, »er hilft seinem Daddy manchmal in der Kneipe.«
»In der wir gerade waren?«
»In der wir gerade waren«, bestätigte der Zoohändler Dolgan und schüttelte den Kopf. »Haben Sie ihn etwa verschnürt, Miß?«
»Er wird sich wegen Mordversuch verantworten müssen«, sagte Kathy Porter ernst, »und wahrscheinlich auch noch wegen einiger anderer Delikte!«
*
»Das ist Ihr Fall, Kindchen«, stellte Lady Simpson fest. Sie befand sich zusammen mit Kathy und Butler Parker im großen Wohnraum ihres Stadthauses und machte einen leicht mißmutigen Eindruck. Sie ärgerte sich ein wenig darüber, daß sie die Täter nicht fangen und entlarven konnte.
»Nun, die Vorgeschichte ist schnell erzählt«, sagte Kathy lächelnd, »Joe Filmore war der Mann, der die Idee hatte, Blossoms Künste kriminell zu verwenden. Er wurde auf den beschäftigungslosen Artisten und Hypnotiseur aufmerksam, als Blossom Stammgast in der Keipe wurde und von seiner Artistenzeit erzählte. Joe Filmore witterte sofort eine Möglichkeit, endlich an das große Geld zu kommen.«
»Obwohl dieser Lümmel schon für Altons Glücksspielgang arbeitete, nicht wahr?«
»Diese Einkünfte reichten Filmore nicht, er wollte sich selbständig machen. Er überredete also Blossom, mitzumachen und dachte sich den Trick mit den Warenhausdiebstählen aus.«
»Eine geradezu satanische Idee«, warf der Butler ein.
»Die sich leider auch lohnte«, erzählte Kathy weiter. »Blossom suchte sich mit sicherem Instinkt die Frauen aus, die er später dann erpressen konnte. Die Warenhausdiebstähle waren für ihn gleichzeitig der Prüfstein dafür, ob die betreffenden Frauen sich leicht unter hypnotische Kontrolle bringen ließen.«
»Also keine Orgien«, warf Parker etwas anzüglich ein, wofür er einen leicht giftigen Blick von Lady Simpson erntete.
»Das möchte ich nicht sagen«, widersprach Kathy und lächelte ungeniert. »Besonders hübsche Frauen be-stellte er zu sich in den Salonwagen und lieferte sie Filmore aus. Blossom fotografierte heimlich pikante Szenen, die er später für weitere schamlose Erpressungen benutzte. Das System funktionierte perfekt. Alle Frauen zahlten ohne Ausnahme.«
»Und warum legte er sich das Aussehen des Zoohändlers Dolgan zu?« wollte Agatha Simpson wissen. Sie warf ihrem Butler einen triumphierenden Blick zu.
»Das bot sich schon allein wegen der gemeinsamen Figur an«, berichtete Kathy weiter. »Dolgan und Clay Herberts, der Blumenhändler, verkehrten in Filmores Pub. Dabei konnte Blossom, der normalerweise kahl-köpfig und schlanker ist, den Zoohändler genau studieren. Er legte sich für seine Streifzüge durch die Wa-renhäuser Dolgans Aussehen zu und stahl eines Tages sogar den Wagen von Herberts, weil er grundsätzlich nur mit Fremdwagen arbeitete, um eventuelle Spuren zu verwischen.«
»Das war sein Fehler«, freute sich die Detektivin. »Dadurch lenkte er mich auf die richtige Spur.« Lady Simpson vergaß ihren Butler zu erwähnen, aber das war schon üblich bei ihr.
»Konnten Sie in Erfahrung bringen, Miß Porter, warum Joe Filmore mir gegenüber den Begriff ›Satans-töchter‹ verwendete?« schaltete der Butler sich ein.
»Danach habe ich ihn natürlich gefragt«, gab sie zurück, »er wollte damit von etwaigen Spuren ablenken und den Eindruck erwecken, es handele sich um eine gemeine Organisation der Unterwelt. Vielleicht hatte er sogar die Absicht, Mylady und Sie auf seinen Boß Alton zu hetzen, von dem er sich ja früher oder später trennen wollte.«
»Und wie viele Frauen hat dieses Untier einfangen lassen?« wollte Lady Simpson wissen.
»Über zwei Dutzend Frauen«, antwortete Kathy Porter. »Joe Filmore bekam den Hals nicht voll genug, als er einmal Blut geleckt hatte. Blossom wehrte sich zwar dagegen, doch er konnte gegen Filmore nichts aus-richten.«
»Wollen Sie diesen Blossom etwa in Schutz nehmen?« wunderte sich die resolute Dame.
»Gewiß, Mylady«, erwiderte Kathy lächelnd. »Ihm habe ich es zu verdanken, daß ich noch lebe. Und das werde ich auch vor Gericht aussagen. Er war auf jeden Fall gegen meine Ermordung.«
»Dann sollten Sie tun, was Sie tun müssen«, stellte Lady Simpson fest.
»Gibt es Unterlagen über die Frauen, die erpreßt wurden?« fragte Parker jetzt.
Kathy Porter schüttelte den Kopf.
»Ich habe Blossom eindringlich danach gefragt«, sagte sie. »Das war noch vor dem Eintreffen der Polizei. Blossom will keine schriftlichen Unterlagen besitzen. Und man sollte ihm das abnehmen.«
»Besitzt Joe Filmore vielleicht eine Art Adressenliste, Miß Porter?«
»Er schon gar nicht, er tat nichts, als das Geld von Blossom in Empfang zu nehmen, denn Blossom mußte auch das Einkassieren der Erpressungsgelder vornehmen. Filmore blieb stets im Hintergrund.«
»Dann müssen die betreffenden Frauen auch weiterhin in Angst leben«, stellte Parker bedauernd fest.
»Sie werden sicher nicht wieder belästigt«, sagte Kathy.
»Aber sie stehen doch nach wie vor unter hypnotischem Zwang«, meinte Lady Simpson.
»Sie würden auf das Stichwort reagieren, wenn sie es zu hören bekämen, Mylady.«
»Unerträglich«, ärgerte sich die Sechzigjährige.
»Ein Zwang, der sich beenden läßt«, sagte Parker. »Man wird mit den zuständigen Behörden sprechen müssen, Mylady, wenn ich mir diesen Vorschlag erlauben darf.«
»Und weiter, Mister Parker?«
»Man könnte zu einem geeigneten Zeitpunkt zusammen mit Mr. Blossom eine private Rundfahrt unter-nehmen, Mylady. Er könnte seine früheren Opfer nacheinander