Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740963668
Скачать книгу
könnte sich durchaus um einen reinen Zufall gehandelt haben, Mylady.«

      »Nein, das war kein Zufall! Oder doch?« Lady Simpson sah ihre Gesellschafterin erwartungsvoll an. »So sagen Sie doch endlich etwas, Kindchen! Muß ich denn immer allein denken?«

      »Mylady sollten Mister Parker vielleicht sagen, warum Sie nach Crane Cottage gefahren sind.«

      »Das ist schnell erklärt.« Agatha Simpson schmunzelte ein wenig ironisch. »Meine Freundin Glaters will Teufel und Dämonen gesehen haben, was natürlich reinster Humbug ist.«

      »Dürfte ich darüber mehr erfahren, Mylady?« ließ der Butler sich vernehmen.

      »Das alte Mädchen ist ein wenig skurril«, schickte Agatha Simpson voraus, »in der vergangenen Nacht trieben sich auf der Wiese vor ihrem Schlafzimmer ein paar kleine Teufelchen herum. Das wenigstens be-hauptete sie nachdrücklich.«

      »Erstaunlich«, meinte Parker zurückhaltend.

      »Sie sollen eine Art Satansreigen aufgeführt haben«, berichtete Agatha Simpson weiter. »Das gute, alte Mädchen wurde richtig rot, als sie von den Obszönitäten sprach, die sie gesehen haben will.«

      »Wie denken Mylady darüber?« fragte Parker.

      »Sie hätte heiraten sollen«, meinte die Detektivin forsch. »Jetzt geht die erotische Phantasie mit ihr durch.«

      »Handelte es sich um mehrere Teufel und Dämonen, Mylady?«

      »Sie nehmen diesen Humbug doch hoffentlich nicht ernst, Parker.« Agatha Simpson sah ihren Butler streng an. »Bleiben wir lieber bei diesem Milchmädchen, das sich vor den Sattelschlepper warf und einige Minuten später unversehrt hinter uns auftauchte. Das ist etwas, was mich interessiert. Daraus könnte man eine tolle Geschichte machen, finden Sie nicht auch?«

      »Durchaus, Mylady«, räumte Parker höflich ein. »Konnten Mylady einige Details über dieses junge Mäd-chen in Erfahrung bringen?«

      »Sie heißt Gwen Perkins und ist die Schwester des Inhabers des bewußten Milchladens«, nannte Kathy Porter die Fakten, die sie sich hatte geben lassen. »Miß Perkins ist zweiundzwanzig Jahre alt, weder verhei-ratet noch verlobt und arbeitet bei einem Anwalt Hawkins als Sekretärin.«

      »Darf ich fragen, ob die Polizei sich eingeschaltet hat?« wollte der Butler wissen.

      »Erfreulicherweise nicht«, erklärte die Lady. »Der Fahrer des Sattelschleppers war froh, daß er sofort weiterfahren konnte.«

      »Und was geschah im Hinblick auf Myladys Umweg durch den Milchladen?«

      »Ich habe mich mit dem jungen Mann privat arrangiert«, gab die ältere Dame zurück, »er verzichtet auf eine Anzeige.«

      »Mylady hat den jungen Mann sehr großzügig abgefunden«, warf Kathy Porter ein. »Ich möchte anneh-men, daß er froh ist, diesen Besuch im Milchladen bekommen zu haben.«

      »Verlieren wir uns nicht in Einzelheiten«, raunzte Agatha Simpson dazwischen. »Wir werden diesem Rät-sel natürlich auf den Grund gehen, das ist doch klar. Hier bahnt sich ein interessanter Fall an. Mit Teufeln und Dämonen wollte ich schon immer mal verkehren!«

      *

      Ihr Wunsch sollte schnell in Erfüllung gehen.

      Agatha Simpson saß wieder mal in ihrem Arbeitszimmer vor der Schreibmaschine und versuchte, eine ge-wisse Agatha Christie auszustechen. Sie hatte sich selbstverständlich eine elektrische Schreibmaschine ange-schafft und die notwendige Basis-Literatur. Ihr Arbeitszimmer glich einer öffentlichen Bibliothek, so zahl-reich waren die Bücher, die sich mit Fragen und Erkenntnissen zur Kriminalistik befaßten. Lady Simpson konnte sich diesen Aufwand durchaus leisten, denn sie war eine mehr als reiche Frau.

      Schon seit vielen Jahren Witwe und mit dem Blut- und Geldadel der Insel verschwistert und verschwä-gert, verfügte sie über ein immenses Vermögen. Im Grunde konnte sie sich jeden Spleen leisten und dabei immer noch großzügige Spenden an begabte junge Menschen vornehmen, denen die Mittel für ein Studium fehlten. Damit befaßte sich eine Art Stiftung, die Lady Simpson eingerichtet hatte.

      Sie war schon eine recht ungewöhnliche Frau, diese Lady Agatha Simpson.

      Sie war Amateur-Detektiv aus Leidenschaft und scheute weder Kosten noch Zeit oder Mühen, Gesetzes-übertreter größeren Stils zu entlarven. Kleine Gauner interessierten sie nicht, denn sie war zusammen mit ihrem Butler und Kathy Porter hinter den Haien der Unterwelt her. Dabei entwickelte sie eine Zähigkeit und Energie, die schon fast beängstigend waren. Josuah Parker hatte stets alle Hände voll zu tun, um sie vor Schaden zu bewahren.

      Agatha Simpson saß also vor ihrer Schreibmaschine und starrte auf das eingespannte, immer noch leere und weiße Blatt. Sie rang mit dem ersten Satz ihres Kriminalromans, der ein Weltbestseller werden sollte Sie schrieb an diesem Roman schon seit vielen Monaten und war glücklich über jede Störung. Eine noch so ge-ringfügige Ablenkung war für sie Vorwand und Grund genug, schleunigst aufzustehen und echt aktiv zu werden.

      Lady Simpson schob sich plötzlich langsam zurück und ließ das unbeschriebene Blatt nicht aus den Au-gen. Es zeigte plötzlich vage Konturen, die sich langsam zu einem schmalen, ovalen Gesicht formten. Da waren der Mund, eine spitze, kräftige Nase und dann die Augen. In diesen Augen waren spöttische Lichter zu sehen, die in blanken Hohn übergingen. Der schmallippige Mund öffnete sich und zeigte ein kräftiges Gebiß. Die langen Bartkoteletten gingen über in dichtes, schwarzes Haar, das weit über der hohen Stirn tief eingebuchtet war. Und jetzt sah die Detektivin es ganz deutlich: Aus diesem schwarzen Haar heraus schau-ten zwei kurze, kräftige Bockshörner.

      Agatha Simpson fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und spürte ein Stechen in ihren pochenden Schlä-fen. Sie stand hastig auf, aber sie kam nicht auf den Gedanken, nach ihrem Butler oder nach Kathy Porter zu rufen. Sie wußte mit letzter Gewißheit, daß diese Erscheinung dann sofort wieder verschwand.

      Das Gesicht war jetzt plastisch geworden, zeigte Tiefe und Bewegung. Ein Auge zwinkerte ihr zu, die Lippen verzogen sich zu einem dünnen Lächeln. Ein Zweifel war ausgeschlossen, dieses Gesicht war existent und lebte!

      Nein, Angst hatte Lady Simpson nicht. Eine grenzenlose Neugier und Erwartung machten sich in ihr breit. Sie blieb an der Wand ihres Arbeitszimmers stehen und hielt es für selbstverständlich, daß diese satanische Erscheinung weiter Form und Gestalt annahm. Sie wand sich aus der Schreibmaschine und war zuerst nur eine kleine Nebelsäule, die sich ausweitete und dann zu einer Gestalt wurde.

      Diese Erscheinung schien aus dem Mittelalter zu kommen. Sie trug spitze Schnabelschuhe, Strümpfe und Pluderhosen, die weit ausgebuchtet waren. Das Wams war bestickt und sah kostbar aus. Die Erscheinung trug einen langen Schleppdegen und einen schmalen Dolch am reich verzierten Gürtel.

      Der Kratzfuß, den diese Erscheinung ausführte, war elegant und dennoch irgendwie herausfor-dernd-ironisch.

      »Da bin ich«, sagte die Gestalt. »Sie suchten Kontakt mit mir, ich konnte und wollte nicht widerstehen.«

      »Wer … wer sind Sie?« fragte Lady Simpson, obwohl sie es bereits ahnte.

      »Ein Diener Satans«, erwiderte die Erscheinung, »er selbst kann natürlich nicht kommen, was Sie verste-hen werden. Er hat einfach zuviel zu tun.«

      »Woher kommen Sie?« frage Lady Simpson wie selbstverständlich. Angst hatte sie immer noch nicht. Ja, eigentlich fühlte sie sich wohl wie ein Mensch, dem sich neue Welten erschließen.

      »Aus meiner Welt«, sagte der Diener Satans. »Verfügen Sie über mich!«

      Die Erscheinung löste sich blitzschnell auf, als angeklopft wurde und Parkers Stimme den Tee ankündigte.

      Agatha Simpson faßte sich an die Schläfen und sah ihren Butler aus weit geöffneten Augen an.

      »Der Tee, Mylady«, meldete Parker und stellte das Tablett auf dem kleinen Beistelltisch ab. Außer Tee hatte er selbstverständlich eine Kristallkaraffe mit dem von Lady Simpson so sehr geschätzten Kognak mit-serviert.

      »Haben