»Das ist wahr, Großmutter, und Ihr dürft froh seyn, daß noch Eines von uns da ist, das Euch besuchen kann, ohne Kinder und Wärterinnen mit sich zu schleppen.«
»Ich! – ich darf froh seyn über so Etwas! Nein, wahrlich, mein Kind, es würde mir sehr leid thun, wenn ich nur einen Augenblick denken müßte, Du werdest nicht heirathen, sobald es die Klugheit räth, nunmehr der Krieg vorüber ist. Was Kinder betrifft, so sind die meine Lust; und ich habe es immer für ein Mißgeschick gehalten, daß die Littlepages so wenige gehabt haben, zumal Söhne. Dein Großvater, mein General, war ein einziger Sohn; Dein Vater war ein einziger Sohn; und Du bist ein einziger Sohn,– das heißt, soweit es sich um die Vererbung der Besitzungen an männliche Sprößlinge handelt oder handelte. Nein, Mordaunt, mein Kind, es ist der heißeste Wunsch meines Herzens, Dich schicklich verheirathet zu sehen, und die Littlepages der nächsten Generation an meine Brust zu schließen. Zwei von Euch habe ich schon in meinen Armen gewiegt, und ich werde das Leben der Gesegneten des Himmels gelebt haben, wenn ich auch noch die dritte werde begrüßen dürfen.«
»Meine liebe, gute Großmutter! – Wie soll ich das Alles verstehen?«
»Dahin, daß ich wünsche, Du heirathetest, mein Kind, nachdem jetzt der Krieg vorüber ist; daß Dein Vater wünscht, Du heirathest, daß Deine Mutter wünscht, Du heirathest, und daß Deine Schwester wünscht, Du heirathest.«
»Und Ihr Alle wünscht, daß ich dieselbe Person heirathe? Ist es nicht so?«
Meine Großmutter lächelte, aber sie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her; und sie fürchtete, so vermuthe ich, die Sache ein wenig zu rasch betrieben zu haben. Es war jedoch für eine Frau von ihrer Wahrhaftigkeit und Charaktergeradheit nicht leicht zurückzutreten, nachdem sie einmal so weit gegangen war; und sie entschloß sich klüglich, alle Zurückhaltung gegen mich, in Betreff dieser Sache, fahren zu lassen.
»Ich glaube, du hast Recht, Mordaunt,« antwortete sie nach einer kleinen Pause. »Wir wünschen wirklich Alle, daß Du Dich verliebest, sobald als nur möglich; daß Du Deinen Heirathsantrag machest, sobald Du Dich verliebt hast; und daß Du Priscilla Bayard heirathest, sobald sie eingewilligt haben wird, Dich zu nehmen.«
»Das ist ehrlich gesprochen, und ganz wie es von Euch zu erwarten ist, meine liebe Großmutter; und jetzt wissen wir Beide, um was es sich handelt, und können nun offen und geradeheraus sprechen. Erstlich, meint Ihr nicht, Eine Verbindung dieser Art zwischen zwei Familien sey gerade hinreichend? Wenn Kate den Bruder heirathet, wird man nicht mich entschuldigen, wenn ich die Vorzüge und Reize der Schwester übersehe?«
»Priscilla Bayard ist eines der liebreizendsten Mädchen in der Colonie New-York, Mordaunt Littlepage.«
»Wir nennen jetzt diesen Theil der Welt den Staat New-York, liebste Großmutter. Ich bin weit entfernt, die Wahrheit dessen, was Ihr sagt, zu bestreiten. Priscilla Bayard ist wirklich sehr liebreizend.«
»Ich weiß nicht, was Ihr mehr wünschen könnt, als ein solches Mädchen zu bekommen.«
»Ich will nicht behaupten, es werde nie eine Zeit kommen, wo ich froh wäre, die Einwilligung der jungen Lady zu erlangen, meine Gattin zu werden; aber jetzt wenigstens ist diese Zeit noch nicht. Sodann bezweifle ich auch, ob es zuträglich ist, wenn Verwandte und Freunde eine bestimmte Partie sehr wünschen, zu viel davon zu sprechen.«
Meine arme Großmutter machte ein ganz verdutztes Gesicht, wie wenn sie fühlte, daß sie unschuldiger und argloser Weise ein Unheil angerichtet habe; sie saß da, mich anstarrend, und es malte sich in ihrem ehrwürdigen Angesicht fast der Ausdruck eines reuigen Kindes.
»Aber doch, Mordaunt, trug ich sehr viel zum Zustandekommen der Verbindung zwischen Deinen beiden guten Eltern bei,« versetzte sie endlich, »und das ist eine der glücklichsten Ehen geworden, die ich je gesehen.«
Ich hatte oft Andeutungen und Anspielungen dieser Art gehört, und hatte einige Mal das ruhige Lächeln meiner Mutter beobachtet, wenn sie Zeuge davon war; ein Lächeln, das der Meinung zu widersprechen schien, die ihren Ursprung in den irrigen Begriffen meiner Großmutter von ihrem Einfluß hatte. Einmal, ich war damals noch ganz ein Knabe, erinnere ich mich, meine Mutter gefragt zu haben, wie es sich damit verhalte, und ihre Antwort war: »Ich habe Deinen Vater geheirathet durch den vermittelnden Einfluß eines Fleischersjungen,« eine Antwort, die sich auf einen sehr frühen Vorfall im Leben meiner Eltern bezog. Aber ich wußte wohl, daß weder Cornelius Littlepage noch Anneke Mordaunt die Leute waren, die sich in den Ehestand durch Andere hätten hineinführen oder hineinschwatzen lassen; und ich nahm mir auf der Stelle vor, ihr einziger Sohn solle dieselbe Unabhängigkeit an den Tag legen. Ich hätte vielleicht meiner Großmutter in diesem Sinne geantwortet, und in einer stärkeren Sprache, als meine Gewohnheit gegenüber von dieser ehrwürdigen Frau war, wären nicht die zwei Mädchen in diesem Augenblick in der Piazza erschienen und hätten unser Privatgespräch unterbrochen.
Die Wahrheit zu gestehen, Priscilla trat an diesem Morgen mir entgegen fast mit dem Glanz der aufgehenden Sonne. Beide Mädchen hatten jenes frische, anziehende Aussehen, welches vorzugsweise der Toilette der Frühaufstehenden ihres Geschlechts eignet, und das sie vermuthlich zu dieser Stunde schöner macht als zu jeder andern Tageszeit. Meine Schwester war ein sehr reizendes Mädchen, wie wohl Jedermann zugestand; ihre Freundin aber war entschieden schön. Ich gestehe, es wurde mir etwas schwer, nicht auf der Stelle einzulenken und meiner ängstlich besorgten Großmutter zuzuflüstern, ich wolle der jungen Lady alle schickliche Aufmerksamkeit widmen und zur passenden Zeit meinen Antrag machen, als sie auf uns zutrat und uns den Morgengruß bot, mit gerade so viel bequemer Sicherheit, daß es ihr vollkommen anmuthig stand, und doch mit einer Sittsamkeit und Zurückhaltung, welche unendlich gewinnend war.
»Mordaunt steht im Begriff, mich für den ganzen Sommer zu verlassen, Miß Bayard,« sagte meine Großmutter, welche nicht müßig seyn wollte, so lange noch eine Aussicht auf Erfolg sich darbot, »und ich habe ihn hier herausgenommen, um uns ein wenig zu besprechen, ehe wir scheiden. Kate werde ich hoffentlich während der angenehmen Jahreszeit oft sehen; aber von Mordaunt wird dies der letzte Besuch seyn, bis die kalte Witterung wieder eintritt.«
»Wird Mr. Littlepage Reisen machen?« fragte die junge Lady mit gerade so viel Theilnahme, als die gute Sitte erforderte, und nicht ein Tüttelchen mehr: »denn Lilaksbush ist nicht so entfernt, daß er nicht jede Woche einmal wenigstens herüberreiten könnte, um sich nach Eurem Befinden zu erkundigen.«
»Oh, er geht sehr, sehr weit fort, und an einen Ort der Welt, an welchen ich nur mit Schaudern denken kann!«
Miß Bayard schien jetzt wirklich betroffen und sehr erstaunt; und sie heftete ihre sehr schönen Augen fragend auf mich, obgleich sie mit der Zunge Nichts sagte.
»Es ist Zeit, daß ich es erkläre, damit nicht Miß Bayard meine, der Ort meiner Bestimmung sey China, wohin jetzt alle amerikanischen Abenteurer zu streben scheinen. Ich werde jedoch den Staat nicht verlassen.«
»Da der Staat einen ziemlichen Umfang hat,« erwiederte Priscilla, »kann nach der Empfindung einer Großmutter ein Enkel weit genug entfernt seyn, wenn er sich am entgegengesetzten Ende desselben befindet. Vielleicht besucht Ihr den Niagara, Major Littlepage? ich habe von einigen Gentlemen gehört, welche einen solchen Ausflug beabsichtigen; und recht freuen soll es mich, wenn die Wege in einem solchen Zustand sind, daß auch Frauen von der Partie seyn können.«
»Und hättet Ihr den Muth, von einer solchen Partie zu seyn?« fragte meine Großmutter, mit Begierde Alles, selbst das Geringste, ergreifend, was ihre Wünsche unterstützen konnte.
Pris Bayard schien zu fürchten, sie