»Gar sehr; aber ich hatte geglaubt, die Bayard's seyen ausnehmend neutral, wo nicht gar entschieden der andern Seite zugeneigt.«
»Oh, das ist ganz richtig bei den Meisten derselben, aber nicht bei Pris, welche schon lang eine entschiedene Whig ist. Da ist nun Tom, der ziemlich gemäßigt ist in seinen Ansichten, während Vater und Mutter ausnehmend neutral sind, wie Ihr es nennt; Pris aber ist eine Whig, beinahe so lang ich sie kenne.«
» Beinahe so lang! Also war sie auch einmal eine Tory?«
»Das kaum; obgleich allerdings ihre Ansichten eine sehr allmähliche Umwandlung erlitten haben. Wir sind Beide jung, müßt Ihr bedenken; und Mädchen, wenn sie zuerst in's Leben hinauskommen, haben gar wenig eigene Gedanken im Reden und im Handeln. Seit den letzten drei Jahren ganz gewiß, oder von ihrem siebzehnten Jahre an, ist Pris immer mehr eine Whig und immer weniger eine Tory geworden. Findet Ihr sie nicht entschieden schön, Mordaunt?«
»Ganz entschieden, und sehr gewinnend in Allem, was zu ihrem Geschlecht gehört – sanft, weiblich, feinsinnig, liebenswürdig, und durchaus eine Whig!«
»Ich wußte wohl. Du würdest sie bewundern!« rief Kate triumphirend. »Ich werde es erleben, meinen liebsten Wunsch erfüllt zu sehen.«
»Ich zweifle nicht daran, Kind; doch wird das nicht geschehen durch die Vermählung eines Mr. Littlepage mit einer Miß Bayard.«
Dieser Ausfall hatte ein Lachen und ein Erröthen von ihrer Seite zur Folge, aber durchaus kein Zeichen von Unterwerfung und Ergebung. Im Gegentheil, das eigenwillige Mädchen schüttelte den Kopf, bis alle ihre üppigen Locken sich verschoben, und sie hörte nicht auf zu lachen. Gleich darauf gesellten wir uns wieder zu unsern Begleitern, und in Folge jener Kreuzungen und Figuren, welche beim Verkehr der jungen Leute beider Geschlechter so beliebt sind, waren bald, wie wir auf den Dünen dahinwandelten, Tom an Katens Seite und ich an der Seite von Priscilla Bayard. Worüber die zwei Andern plauderten, habe ich nie erfahren, wiewohl ich denke, man könnte es errathen; die junge Lady aber, meine Begleiterin, machte wieder die Revolution zum Gegenstande des Gesprächs.
»Ihr seyd vermuthlich etwas überrascht gewesen. Major Littlepage,« begann sie, »zu hören, daß ich mich so warm zu Gunsten dieses Landes aussprach, da einige Zweige meiner Familie von der neuen Regierung hart behandelt worden sind?«
»Ihr spielt auf die Confiskationen an? Ich habe sie nie gebilligt und gerechtfertigt, und wünschte, sie wären nicht erfolgt; denn sie treffen am schwersten diejenigen, welche ganz schuldlos waren, während die Meisten unserer wirklichen Feinde mit heiler Haut entkommen sind. Aber es ist doch nicht mehr als gewöhnliches Verfahren in Bürgerkriegen, und sicherlich wäre es uns ebenso ergangen, wenn wir die unterliegende Partei gewesen wären.«
»Das hat man mir auch gesagt; aber da keine mir sehr nahestehenden Personen von einem Verluste betroffen worden sind, ist meine öffentliche Tugend im Stande gewesen, meinen Privatgefühlen zu widerstehen. Mein Bruder, wie Ihr wohl schon bemerkt habt, ist weniger ein ächter Amerikaner als ich.«
»Ich habe angenommen, er gehöre zu den äußerst Neutralen; und die, habe ich gedacht, neigen sich immer ein wenig zu der verlierenden Partei hin.«
»Ich hoffe jedoch, seine politische Vorneigung, die sehr ehrlich, obwohl sehr irrthümlich ist, werde ihm in Eurer guten Meinung nicht wesentlich schaden. Es hängt zu Viel davon ab, als daß mir dieser Gegenstand nicht am Herzen liegen sollte; und da ich allein in der ganzen Familie entschieden der Whigpartei angehöre, habe ich gedacht, ich wolle es wagen, für einen innigst geliebten Bruder zu sprechen.«
»Nun,« sagte ich bei mir selbst, »das heißt die Sache gehörig einfädeln! aber ich bin doch nicht so ganz unerfahren, daß ich mich durch eine so wenig versteckte List zum Narren haben ließe! Der Henker steckt in dem Mädchen; und doch scheint es ihr Ernst zu seyn, sie schaut mich an mit dem Vertrauen und der Einfalt einer Schwester, die noch mehr sogar fühlt als sie ausspricht, und sicherlich ist sie eines der reizendsten Geschöpfe, die mir je vor Augen gekommen. Ich darf sie nicht merken lassen, wie sehr ich auf meiner Hut bin, sondern muß der List mit List begegnen. Es müßte doch sonderbar zugehen, wenn ich, der ich eine Compagnie Continentalsoldaten mit einigem Lobe kommandirt habe, nicht fertig werden könnte mit einem Mädchen von zwanzig Jahren, wäre sie auch noch schöner und sähe noch unschuldiger aus als diese Pris Bayard, was freilich, muß ich gestehen, nicht leicht möglich ist.«
Der Leser wird verstehen, daß ich das Alles bei mir selbst sprach, und zwar war es sehr bald gesagt, denn man redet mit sich selbst erstaunlich schnell, aber was ich nach augenblicklichem Besinnen zu meiner schönen Begleiterin sagte, lautete ganz anders nach Sprache und Inhalt.
»Ich verstehe nicht, in welcher Weise meine Meinung dem Mr. Bayard etwas austragen sollte, möchte sie für oder gegen ihn seyn,« antwortete ich, mit einem ebenso unschuldigen Ausdruck, sowie ich die Sache ansah, als die junge Lady selbst in ihrem hübschen Gesichtchen gezeigt hatte, und machte hiebei, wie ich mir einbildete, meine Sache unendlich gut; »obgleich ich weit entfernt bin, irgend einen Mann hart zu beurtheilen, weil er zufällig von mir abweicht in seinem Urtheil von politischen Dingen. Die Frage war sehr kitzlicher und zarter Natur, und die redlichsten Männer sind in der Beantwortung derselben am weitesten auseinandergetreten.«
»Ihr wißt nicht, wie sehr es mich erfreut, dies von Euch zu hören, Mr. Littlepage,« erwiederte meine Begleiterin, mit einem süßen Lächeln, wie nur je von einem Weibe einem Manne gespendet wurde. »Es wird Tom ganz glücklich machen, denn ich weiß, er war sehr bange vor Euch eben wegen dieses Punktes.«
Ich antwortete nicht sogleich; denn ich beobachtete, glaube ich, die Spuren und Ausläufer dieses bezaubernden Lächelns, und suchte mich mit Vernunftgründen gegen seinen Eindruck zu wehren, mit der Hartnäckigkeit eines Mannes, der entschlossen ist, sich nicht fangen zu lassen. Dies Lächeln verfolgte mich acht Tage lang und es stand lange Zeit an, bis ich es völlig begriff. Ich entschloß mich jedoch, in Betreff Bayards und meiner Schwester sofort auf die Hauptsache loszugehen, und nicht mit indirekten Anspielungen auf den Busch zu klopfen.
»Ihr könnt doch wohl kaum meine Meinung mißverstehen, sollte ich denken!« antwortete Priscilla etwas überrascht. »Man darf nur das Paar vor uns ansehen, um zu begreifen, in wiefern Eure Meinung von dem Gentleum einen Einfluß auf ihn wenigstens üben kann.«
»Dasselbe könnte man von uns sagen, Miß Bayard, so viel mein unerfahrenes Auge zu beurtheilen vermag. Sie sind ein junges Paar, das mit einander lustwandelt; der Gentleman scheint die Lady zu bewundern und zu verehren, das will ich gern zugeben; und wir sind auch ein junges Paar, das mit einander lustwandelt, und der Gentleman scheint auch die Lady zu bewundern – oder man müßte von seinem Geschmack oder von seiner Herzensempfänglichkeit eine schlechte Meinung haben.«
»So,« sagte ich, wieder bei mir selbst: »das heißt sie ganz mit gleicher Münze bezahlen: jetzt laßt uns sehen, wie sie das nimmt!«
Priscilla nahm es sehr gut; sie lachte und erröthete gerade in hinreichendem Maße, um als das reizendste Geschöpf zu erscheinen, auf dem je mein Auge geruht hatte. Sie schüttelte den Kopf so ziemlich in derselben Art, wie meine Schwester nicht lange zuvor gethan hatte, und wies die Analogie zuerst mit ihren Geberden und dann ausdrücklich mit der Zunge ab.
»Die Fälle sind sehr verschieden, Sir,« antwortete sie. »Wir sind einander fremd, während Tom Bayard und Kate Littlepage Bekannte seit Jahren her sind. Wir lieben einander nicht im geringsten: nicht ein Bischen, obwohl wir geneigt sind, recht gut von einander zu denken wegen des Interesses, das wir an dem Paare vor uns nehmen, und weil ich die vertraute Freundin Eurer Schwester bin und Ihr der einzige Bruder meiner vertrauten Freundin. Hier jedoch,« und sie sprach jetzt mit Nachdruck, »hört unser Interesse auf, um nie über das