Der Kettenträger. James Fenimore Cooper. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: James Fenimore Cooper
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783849626334
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ist außer Zweifel, aber gewiß gibt es Merkmale der Unwürdigkeit, welche untrüglich sind und nie außer Acht gelassen werden sollten, weil sie denjenigen Mangel an Grundsätzen beurkunden, der einen ganzen Charakter verunstaltet.

      Fünftes Kapitel.

      Beatrice. Der wäre ein vortrefflicher Mann, der gerade die Mitte hielte zwischen ihm und Benedick; der Eine ist zu sehr wie eine Bildsäule und sagt gar Nichts, und der Andere, zu sehr meiner Lady ältestem Sohne gleichend, plappert immerfort.

      Viel Lärmen um Nichts.

      An dem Tag, an welchem meine Schwester und ich Satanstoe verließen, fand ein interessantes Gespräch statt zwischen meiner Großmutter und mir, welches ich wohl erzählen darf. Es fand statt in der Kühle des Morgens, ja sogar vor dem Frühstück, und ehe Eines von der übrigen Gesellschaft sich blicken ließ; Tom Bayard nämlich und seine Schwester waren wieder herübergeritten, um bei unsrer Abreise gegenwärtig zu seyn, und hatten die Nacht hier zugebracht. Meine Großmutter hatte mich gebeten, so frühe schon sie zu treffen in einer Art von Piazza, welche in Folge von neuen Verbesserungen und Erweiterungen am einen Ende der alten Gebäude angefügt worden, und wo wir uns Beide mit der größten Pünktlichkeit einfanden. Aus einer gewissen bedeutungsvollen Miene meiner guten Großmutter errieth ich, daß sie wichtige Sachen auf dem Herzen hatte, und ich nahm auf dem Stuhl, den sie mir hingestellt, mit einiger Neugier Platz, zu erfahren was nun folgen würde. Die Sessel standen neben einander, oder doch beinahe, jedoch in verschiedener Richtung, und so nahe aneinander, daß beim Sitzen beinahe die Gesichter sich berührten. Meine Großmutter hatte ihre Brille auf, und durch diese schaute sie mich ernst und nachdenklich an, indem sie die Locken auf meiner Stirne schlichtete, wie sie mir als Knaben zu thun gewohnt gewesen. Ich sah hinter den Gläsern Thränen herunterrollen, und ich besorgte, etwas gesagt oder gethan zu haben, wodurch ich das Gemüth dieser trefflichen und nachsichtigen Frau verletzt hätte. »Ums Himmels willen, Großmutter, was kann dies zu bedeuten haben?« rief ich. »Habe ich irgend einen Fehler gemacht?«

      »Nein, mein Kind, nein, sondern ganz im Gegentheil. Du bist und warest immer ein guter und pflichtgetreuer Sohn, nicht nur gegen Deine wirklichen Eltern, sondern auch gegen mich. Aber Dein Name hätte sollen Hugh seyn – dabei werde ich bleiben so lang ich lebe. Ich habe das Deinem Vater gesagt, als Du geboren wurdest, aber er war damals ganz Mordaunt-toll, wie er es in der That auch seither immer geblieben ist. Nicht als ob Mordaunt nicht ein guter Name wäre, und ein achtbarer Name, und es heißt auch, es sey ein vornehmer Name in England; aber es ist ein Familienname, und Familiennamen passen im besten Falle nicht zu Taufnamen. Hugh hätte Dein Name werden müssen, wenn es nach meinem Sinne gegangen wäre, und wenn nicht Hugh, dann Corny. Nun, dazu ist es jetzt zu spät, da Du einmal Mordaunt heißt, und als Mordaunt leben und sterben mußt. Hat Dir wohl schon Jemand gesagt, mein Kind, wie sehr, sehr ähnlich Du Deinem geehrten Großvater bist?«

      »Meine Mutter schon oft – ich habe ihr die Thränen in die Augen treten sehen, wie sie mich anschaute, und sie hat mir oft gesagt, mein Familienname sollte Mordaunt seyn, so sehr sehe ich ihrem Vater gleich.«

      »Ihrem Vater! – Nun, da setzt sich eben einmal Anneke die allerseltsamsten Dinge in den Kopf! Eine bessere, eine liebere Frau gibt es nicht auf Erden – ich liebe Deine Mutter gerade so, wie wenn sie meine leibliche Tochter wäre; aber das muß ich sagen, da bildet sie sich die allerseltsamsten Dinge ein, die je einem Sterblichen in den Kopf kommen können. Du Herman Mordaunt gleichsehen! Du bist das wahre Ebenbild Deines Großvaters Littlepage, und gleichst Herman Mordaunt so wenig als dem Könige.«

      Die Revolution war damals, und ist auch jetzt noch etwas zu Neues, als daß sie solche beständige Erinnerungen an das Königthum hätte ausschließen können, obgleich mein Großvater vom ersten Anfang des Kampfes an ein so warmer Whig gewesen war, als nur irgend einer in den Kolonien lebte. Was die besprochene Ähnlichkeit betrifft, so habe ich immer angenommen, ich sey ein gemischtes Conterfei von beiden Familien gewesen, wie dies so oft vorkommt; ein Umstand, welcher meinen Verwandten von beiden Seiten möglich macht, diejenigen Aehnlichkeiten zu finden und weiter zu verfolgen, welche ihrem Geschmack und ihren Launen am meisten zusagen. Dies war ganz bequem, und es mag, neben dem Umstand, daß ich ein einziger Sohn war, ein Grund gewesen seyn, warum ich so sehr der Liebling der weiblichen Mitglieder meiner Familie war. Meine gute alte Großmutter, damals in ihrem neunundsechzigsten Jahre stehend, war so überzeugt von meiner Aehnlichkeit mit ihrem verstorbenen Gatten, dem »alten General,« wie er jetzt genannt wurde, daß sie in ihren Eröffnungen nicht fortfahren konnte, als bis sie sich die Augen gewischt und ihren zärtlichen Gefühlen durch ein wiederholtes langes und nachdenkliches Anschauen meines Gesichts Genüge gethan hatte.

      »Oh! diese Augen!« murmelte sie; »und diese Stirne! – Und auch der Mund und die Nase, um nichts zu sagen vom Lächeln, das auch so ähnlich ist, wie eine Erbse der andern!«

      Dieß ließ für die Mordaunts sehr wenig übrig, man muß es gestehen; das Kinn und die Ohren waren so ziemlich alles, was nicht für die väterliche Linie in Anspruch genommen ward. Zwar waren meine Augen blau, und die des alten Generals waren kohlschwarz gewesen; meine Nase war griechisch und er hatte eine höchst auffallend römische gehabt; und von meinem Mund kann ich nur sagen, daß er dem von meiner Mutter so sehr ähnlich war wie es nur ein männlicher einem weiblichen seyn konnte. Dies Letztere hörte ich meinen Vater tausendmal sagen. Aber das Alles hatte nichts zu bedeuten; Alter, Zärtlichkeit und die Wünsche der Mutter ließen meiner guten Ahne die Dinge in einem andern Licht erscheinen.

      »Nun, Mordaunt,« fuhr endlich die gute alte Frau fort, »wie gefällt Dir die Wahl Deiner Schwester Kate? Mr. Bayard ist ein bezaubernder junger Mann, nicht wahr?«

      »Ist es denn eine Wahl, Großmutter? Hat sich Kate wirklich schon entschlossen?«

      »Pah!« antwortete meine Großmutter, und lächelte so schalkhaft als wäre sie selbst erst sechszehn Jahre alt gewesen – »das war schon lang eine ausgemachte Sache, und der Papa billigte es, und die Mama wünschte es sehnlich, und ich gab meine Zustimmung und Schwester Anneke war entzückt, und Alles war so glatt und eben wie die Düne am Ende des Landhalses, und man wartete nur noch auf Deine Zustimmung. ›Es wäre nicht recht von mir, Großmutter, wenn ich mich verlobte, so lange Mordaunt abwesend ist und ohne daß er auch nur den Gentleman kennt, und deßwegen will ich mein Jawort nicht geben, bis ich auch seine Zustimmung habe‹ sagte Kate. Das war sehr hübsch von ihr, nicht wahr, mein Kind? Alle Kinder Deines Vaters haben ein so richtiges Gefühl für das Schickliche!«

      »In der That, das war es, und ich werde es nicht so bald vergessen. Aber gesetzt, ich hätte ihre Wahl mißbilligt, was wäre dann wohl geschehen, Großmutter?«

      »Ihr solltet nie unangenehme Fragen an Einen thun, vorlauter Junge, aber ich glaube fast, Kate würde wenigstens Mr. Bayard gebeten haben zu warten, bis ihr Euern Sinn geändert hättet. Ihn ganz aufzugeben, davon konnte wohl nicht die Rede seyn, und es wäre unvernünftig gewesen; aber sie hätte einige Monate oder so warten können, bis Ihr andern Sinnes geworden wäret; und ich selbst würde ihr dazu gerathen haben. Aber das Alles ist unnöthig, wie die Sachen stehen; denn Ihr habt Eure Billigung ausgesprochen und Kate ist vollkommen glücklich. Der letzte Brief von Lilaksbush, den Jaap brachte, enthält die förmliche Einwilligung Eurer lieben Eltern, – und was für Eltern hast Du, mein Kind! – und so gab denn Kate gestern schriftlich ihr Jawort; und es war ein so artig geschriebenes Briefchen, als ich seit vielen Jahren keines zu Gesicht bekommen habe. Deine eigene Mutter hätte es nicht besser machen können in ihren jungen Tagen: und Anneke Mordaunt wußte doch ein Billet zu stylisiren so fein und zart als irgend ein Mädchen, das ich je gekannt habe.«

      »Ich bin froh, daß Alles sich so gut gemacht hat, und Niemand kann dem jungen Paare mehr von ganzem Herzen alles Glück wünschen als ich. Kate ist ein liebes, gutes Mädchen, und ich liebe sie so zärtlich, als ein Bruder eine Schwester lieben kann.«

      »Nicht