Wir feuerten uns durch begeisterte Rufe an und machten nur eine kurze Pause, bevor wir darangingen, die nächsten beiden Bäume zu fällen.
Nach einer Stunde knackten auch die und rauschten dann herunter. Das Wasser spritzte hoch auf, als sie mit ihren Ästen in den Fluss schlugen. Beide Bäume kamen gut, wie schon der zweite, quer zur Flussrichtung und bildeten jetzt schon eine Art Brücke. Aber zugleich stauten sie das Wasser an. Oberhalb der Bäume wurde der Fluss höher und drückte und drückte. Aber die Bäume hielten stand. Ein Teil der Äste wurden weggerissen. Mir war klar, dass die Äste das waren, was wir zumindest in der Mitte abschlagen mussten, um diesen Stau zu verhindern.
Ich sagte es Abe, aber er beschwor mich, es nicht zu tun, denn das Arbeiten auf dem glitschigen Stamm mitten im Fluss war mehr als lebensgefährlich.
Wir ließen es zunächst bleiben und schlugen noch zwei Bäume. Sie fielen direkt auf die anderen, und der Stau wurde noch intensiver.
„Mit den Tieren kommen wir nie hinüber! Nehmen wir doch das Notwendigste und lassen die Maultiere und das Pferd hier. Mein Gott, wenn wir das Gold haben, dann können wir doch ...“
„Das Gold alleine ist so schwer, dass wir daran schleppen wie die Ochsen. Aber das genügt nicht. Wir müssen Gewehr, Spaten und Beil mitnehmen und Proviant.“
„Was macht das denn, wenn wir ein paar Tage nichts essen“, erwiderte Abe. „Wir müssen weiter. Die Tiere können wir hierlassen. Die helfen sich selbst. Wir nehmen die Packen herunter, lassen sie frei.“
Ich zögerte erst, diesen Vorschlag anzunehmen, aber dann sagte ich mir, dass es wirklich die einzige Möglichkeit war, aus dieser Nässe, aus dem Dreck und all dem herauszukommen, in dem wir uns befanden. Denn die Baumstämme wurden so überspült, dass es unmöglich sein würde, die Maultiere und das Pferd auf die andere Seite zu bringen. Und so gab ich nach.
*
WIR BEGNÜGTEN UNS MIT dem Gold. Es war wirklich unheimlich schwer. Aber wir machten uns von den Riemen der Packlasten so etwas wie Rucksäcke, in die wir alles verstauen konnten. Und dann marschierte Abe zuerst. Ich wollte noch, dass wir uns gegenseitig mit einem Lasso verbanden, damit einer dem anderen helfen konnte, falls der abrutschte und ins Wasser stürzte. Aber Abe war dagegen.
Er marschierte auch als erster zur anderen Seite hin. Und er kam wirklich gut voran. Als er in der Mitte war, drehte er sich sogar noch um und winkte mir zu. Da sah ich sein Gesicht zum letzten mal in meinem Leben.
Das Wasser brauste über die Stämme wie an den Niagarafällen. Abe tastete sich Schritt für Schritt weiter und hielt sich an den Ästen fest. Ich, der ihm folgte, machte es ebenso. Er hatte alle Hände voll damit zu tun, nicht abzurutschen. Um meine Beine herum gurgelte und schäumte es, und die Stämme vibrierten. unter dem Druck und dem Anprall des Wassers.
Die vielen Zweige der Douglastannen stauten nicht nur das Wasser ab, sie fingen auch alles mögliche an mitgerissenem Strauchwerk und dergleichen auf, was der Fluss talwärts führte. Das blieb dann hängen und machte die Anstauung immer dichter. Gleichzeitig wuchs der Druck.
Plötzlich sah ich, wie einer der Stämme sich anhob, wie er hochkam, talwärts auf Abe zuschwenkte, und ich wollte noch schreien, wollte ihn warnen, aber mir blieben die Worte im Halse stecken.
Ich hatte Mühe, mich festzuklammern, denn unter mir geriet plötzlich alles in Bewegung. Mein rechter Fuß verlor den Halt, ich rutschte ab und sah gerade noch, wie der Baumstamm Abe gegen den Kopf fegte und Abe regelrecht von unserer Notbrücke herunterwischte, durch die Luft fegte, und wie Abe dann im gurgelnden, strudelnden Wasser verschwand.
Ich selbst blieb hängen, geriet plötzlich zwischen die Baumstämme, die mit einem Mal alle in Bewegung zu sein schienen, wurde untergetaucht, dann prallte mir etwas gegen die Schulter. Unter mir schnellte ein Baumstamm hoch und katapultierte mich regelrecht durch die Luft. Ich klatschte ins Wasser, wurde von der schweren Last, die ich auf dem Rücken trug, sofort in die Tiefe gezogen und dann streifte mir ein Ast mit benadelten Zweigen übers Gesicht.
Ich bekam keine Luft mehr, schluckte Wasser, hatte nur den einen Gedanken, wieder atmen zu können, nach oben zu gelangen und nicht ertrinken zu müssen. Mit letzter Kraft streifte ich die Riemen dieses selbstgebauten Rucksacks von meinen Schultern, um nicht weiter nach unten gezogen zu werden.
Kaum hatte ich das getan, wirbelte es mich regelrecht an die Oberfläche des Wassers, und ich bekam wieder Luft. Aber die Strömung hatte mich gepackt und riss mich mit.
Ich war unfähig, mich dagegen zu wehren; versuchte zu schwimmen, aber es konnte nur dazu dienen, mich auf der Oberfläche zu halten. Dann sah ich eine Felswand vor mir. Ich schoss darauf zu, so wie das Wasser schäumend dagegen prallte. Meine größte Furcht war, an dieser Felswand zerschmettert zu werden.
Aber da tauchte plötzlich vor mir ein Baumstamm auf mit der Krone, die wir ihm gelassen hatten. Der Baumstamm knallte gegen die Felswand, und ich wurde von der Krone, die sich mir entgegenstellte, aufgefangen. Das rettete mir das Leben.
Ich wurde abgetrieben, von der Strömung weggerissen und geriet in breiteres Wasser.
Jetzt erst spürte ich wahnsinnige Schmerzen in meiner linken Schulter. Ich konnte den linken Arm gar nicht mehr richtig bewegen. Das musste passiert sein, als mir etwas gegen den Oberarm und die Schulter geprallt war.
Zu meinem Glück wurde der Fluss noch breiter. Die Felswände flachten sich ab, und dann gab es ein richtiges Ufer mit Bäumen. Es gelang mir mit letzter Kraft, zu diesem Ufer zu schwimmen und auf allen vieren wie ein Tier an Land zu kriechen.
Da saß ich nun, hatte keinen Krümel des Goldes mehr, besaß nur das, was ich am Leib trug.
Noch immer goss es in Strömen.
Ich hatte kein Gewehr, nur meinen Revolver besaß ich noch; die Munition war unbrauchbar. So konnte ich mir nicht einmal etwas schießen, als der Hunger in meinen Eingeweiden wühlte.
*
FÜNF TAGE BRAUCHTE ich bis Gardiner. In diesen fünf Tagen fand ich nur einmal ein paar Beeren. Ansonsten kaute ich Gras wie eine Kuh. Aber es half mir. Und noch immer goss es, als ich in Gardiner ankam.
Ich war fix und fertig, aber ich lebte.
Ein ehemaliger Sergeant, den ich kannte und der in Gardiner einen Mietstall betrieb, lieh mir ein Pferd. Darauf ritt ich nach Lander. Ich war völlig mittellos. Das einzige, was ich besaß, waren die fünfzehn Dollar, die aufgeweicht noch immer in der Brieftasche steckten, die John Colfax gehört hatte. Ich gab diese fünfzehn Dollar aus, bevor ich nach Lander kam, denn der Proviant, den mir der Sergeant mitgegeben hatte, war längst alle.
Ich hatte nur die eine Hoffnung, in Lander Weber und Joshua zu treffen.
Diesmal lachte mir das Glück. Sie waren beide da. Seit Tagen weilten sie schon in Lander und hatten längst ihr Gold in Geld umgewechselt und auf der Bank deponiert. Joshua hatte jetzt eine künstliche Hand aus Holz mit einem Handschuh darüber.
Ich konnte nicht damit rechnen, dass sie mir etwas von dem abgaben, was sie besaßen. Aber sie waren auch jetzt noch gute Kameraden. Joshua und Weber tauschten nur einen Blick, als ich ihnen meine Geschichte erzählt hatte, und dann sagte Weber: „Wir werden dir eine Ausrüstung spendieren; ein Pferd, einen Sattel, Kleidung und ein Gewehr und etwas Zehrgeld. Ich hoffe, du bist zufrieden damit.“
Es war ein Geschenk des Himmels. Denn was konnte ich erwarten? Ich hätte auf Weber hören sollen. Wenn ich bei ihm geblieben wäre, könnte es mir so gut gehen wie den beiden. Ich gönnte es ihnen! Besonders Joshua hatte es verdient.
Das