„Es würde nichts passieren, womit ich nicht einverstanden wäre“, sagte die Internistin.
Auch ihr wäre es lieber gewesen, sich mit einer Beschäftigung bei „Flamingo“ nicht auseinandersetzen zu müssen, aber sie sah weit und breit keine Alternative.
„Diese widerlichen Mistkerle würden sich an deinem Anblick ergötzen“, giftete Norbert. „Sie würden dich betatschen.“
„Das würde ich nicht zulassen.“
„Aber sie würden es versuchen.“ Norbert rang die Hände. „Mein Gott, Katja, muss ich dir wirklich sagen, wie Männer sind, was alles vorfallen kann, wenn der Hormonspiegel steigt?“
Katja sah ihren Mann ernst an. „Wir brauchen das Geld, Norbert. Wenn wir nicht schnell zahlen, bringen die Zinsen uns um.“
Das sah Norbert zwar ein, aber es war ihm nicht möglich, sich damit einverstanden zu erklären, dass seine Frau, die er über alles liebte, sich dafür hergab, dass fremde Männer sich gut amüsierten. „Du weißt, dass du mir vertrauen kannst“, sagte Katja mit Nachdruck. „Ich würde dich niemals betrügen. Das wäre mir einfach nicht möglich.“
Norbert sah seine Frau an. Seine Augen schwammen in Tränen. „In was für eine entsetzliche Situation habe ich uns bloß gebracht, Katja? Wieso kann ich nicht an die Folgen denken, wenn ich mich an einen Spieltisch setze? Es sind doch immer dieselben. Es läuft doch immer auf das gleiche hinaus. Ich spiele. Ich verliere. Und hinterher kommen Ernüchterung, Katzenjammer, Verzweiflung, Wut, Ratlosigkeit, Selbstvorwürfe … Die ganze bekannte Palette. Wieso lerne ich nicht aus meinen Fehlern? Wieso werde ich immer wieder rückfällig?“
„Weil du dich bisher immer geweigert hast, dich therapieren zu lassen. Ohne die Hilfe eines erfahrenen Psychotherapeuten wirst du deine Sucht aber nie besiegen. In meinen Augen ist es ein großer und wertvoller Schritt in die richtige Richtung, dass du dich nicht mehr gegen diese so wichtige und unerlässliche Therapie sträubst. Ich habe mich inzwischen in der Paracelsus-Klinik umgehört …“
Norbert Arndt erschrak. „Du hast in der Paracelsus-Klinik über unser über mein Problem gesprochen?“
„Ich habe nicht gesagt, dass mein Mann Schwierigkeiten hat“, sagte Katja. „Ich habe mich nur ganz allgemein erkundigt, wer wohl in so einem Fall am besten helfen könnte, und sowohl Dr. Härtling als auch Dr. Falk und Dr. Jordan haben unabhängig voneinander denselben Namen genannt: Dr. Georg Weißmann. Er ist auf Suchtprobleme aller Art spezialisiert. Du solltest ihn anrufen und dir einen Termin geben lassen.“
Norbert nickte deprimiert. „Ich werde ihn anrufen.“
„Ich gebe dir nachher seine Telefonnummer“, sagte Katja. „Wenn du möchtest, begleite ich dich auch zu ihm.“
„Ich bin kein kleines Kind“, sagte Norbert schroff.
„Ich dachte nur, dass es dir dann ein wenig leichter fällt …“
Norbert Arndt sah seine schöne Frau mit zusammengekniffenen Augen an. „Du möchtest dich davon überzeugen, dass ich da auch wirklich hingehe.“
„Wenn du es mir versprichst, genügt mir das.“
Norbert zog die Mundwinkel nach unten. „Was ist das Wort eines Spielers schon wert?“
„Es ist das Wort meines Mannes, auf das ich mich verlasse“, erwiderte Katja mit fester Stimme.
Norbert seufzte unglücklich. „Verzeih mir, Liebling. Du versuchst alles zu tun, um mir zu helfen, und ich bin unausstehlich.“
„Ich weiß, dass du es nicht so meinst.“ Sie streichelte zärtlich seine Wange. „Krieg’ ich einen Kuss?“
Er zog sie in seine Arme, drückte sie fest und küsste sie innig. „Ach, Katja, Katja. Du bist eine wunderbare Frau. Womit habe ich dich verdient?“
Sie lächelte sanft. „Damit, dass du ein ganz wunderbarer Ehemann bist.“
„Ist das dein Ernst?“, fragte er ungläubig.
„Mein vollster Ernst.“ Katja nahm seine Hand. „Komm, lass uns nach oben gehen.“ Sie suchten das Schlafzimmer auf und zeigten einander, wie groß ihre Liebe trotz aller Probleme, die auf ihnen lasteten, war.
Später brachte Katja das Gespräch noch einmal auf „Flamingo“. Sie bat ihren Mann, es sie wenigstens mal versuchen zu lassen, und er willigte nach einem schweren inneren Kampf schließlich wenig begeistert ein.
18
Jana Härtling war von ihrer Familie enttäuscht. Sie hatte gehofft, dass sich alle gegen einen Auftritt von ihr bei dieser Benefiz-Veranstaltung aussprechen würden, doch das Gegenteil war der Fall.
„Mutti auf ’nem Laufsteg“, sagte Tom begeistert. „Das ist cool.“
„Das muss ich sofort meinen Schulfreundinnen erzählen“, sagte Josee.
„Mutti in Kleidern von Wolf-Dietrich Bockmayer“, strahlte Dana. „Das lasse ich mir auf gar keinen Fall entgehen.“
„Du kannst es hoffentlich so einrichten, dass deine Familie einen Tisch direkt neben dem Laufsteg bekommt“, sagte Ben zu seiner enttäuschten Mutter.
Und Dr. Härtling meinte: „Es erfüllt mich mit unbeschreiblichem Stolz, dass meine Frau und meine Schwester in die Welt der Haute Couture eingeladen werden. Ihr werdet Bockmayers Kreationen mit Schönheit und Grazie adeln.“
Ja, selbst Ottilie, die ihre Meinung stets wie ein Familienmitglied zu jedem Thema kundtun durfte, sprach sich nicht dagegen aus. „Die eleganten Roben des Herrn Bockmayer werden Ihnen großartig stehen“, sagte die alte Haushälterin.
Womit sie mir also alle in den Rücken gefallen wären, dachte Jana Härtling verbittert. Eine feine Familie habe ich. Sie lässt mich, wenn’s kritisch wird, glatt im Stich. Anstatt mir zu helfen, sich wie ein Mann hinter meine ablehnende Haltung zu stellen und mir mit den entsprechenden Worten den Rücken zu stärken, drängt sie mich in dieses entsetzliche Abenteuer. Lieber Gott, gib, dass ich mich nicht bis auf die Knochen blamiere.
„Ich danke euch für eure wertvolle Meinung“, sagte Jana mit leicht ironischem Unterton. „Ihr macht es mir leicht, mich zu entscheiden.“
Tom rieb sich die Hände. „Mutti und Tante Trixi Models wie Claudia Schiffer, Cindy Crawford, Naomi Campbell, Linda Evangelista und wie sie alle heißen. Das finde ich echt megastark, einfach irre.“
Ob er das auch noch sagen wird, wenn die Show zu Ende ist?, fragte sich Jana Härtling mit einem Kopf voller düsterer Befürchtungen und unheilschwangerer Ahnungen.
19
„Sei doch nicht so schrecklich nervös“, sagte Biggi Ruprecht lächelnd zu ihrer Freundin.
Dr. Katja Arndt seufzte geplagt. „Du hast leicht reden.“ Sie trug ein hübsches mintfarbenes Sommerkleid – sehr mini, sehr sexy. Es gehörte nicht ihr, Biggi hatte es ihr geliehen. Sie war in einem allzu schlichten Leinenkostüm bei der Freundin erschienen, und Biggi hatte ihr empfohlen, sich umzuziehen und sich etwas flotter zu frisieren.
„Wovor hast du Angst?“, fragte die attraktive Frau, während der Lift, in dem sie sich befanden, zum ersten Stock hochfuhr. „Dass Gabi Hauff, die Agenturchefin, dich nicht nimmt?“
Die Ärztin lächelte gequält. „Ich befürchte eher, dass sie mich nimmt.“
„Aus diesem Grund sind wir doch hier.“
„Ja, ich weiß.“ Katja Arndt verdrehte die Augen. „Gib nichts auf das, was eine Verrückte sagt.“ Der Fahrstuhl hielt. Biggi Ruprecht öffnete die Tür und verließ die Kabine. Katja folgte ihr mit sehr gemischten Gefühlen.
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