„Wir haben keine Maschine. Mein Mann benutzt zwar gewöhnlich eine, aber sie steht in seinem Büro in der Firma.“ Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Entschuldigen Sie, dass ich Sie gestört habe“, erwiderte Katharina. Sie drehte sich um und hing wieder ins Wohnzimmer. Eine Viertelstunde später erschien Elisa. Sie trug ein schlichtes graues Kleid. Die Farbe passte genau zu ihren blauen Augen und den hellen schimmernden Haaren.
„Wenn Otto mich jetzt ...“
Das Läuten der Türklingel schnitt ihr das Wort ab. Sie vergaß, was sie sagen wollte und blickte Katharina schweigend an.
„Wieviel Uhr ist es?“, fragte sie.
Katharina warf einen Blick auf ihre Armbanduhr.
„Ein paar Minuten nach halb drei“, antwortete sie.
Mit gerunzelter Stirn trat sie in den Flur hinaus und ging auf die Eingangstür zu. Katharina erhob sich. Mit raschen Schritten trat Teodor Gröne in das Zimmer. Ein gezwungenes Lächeln umspielte seine Lippen.
„Ich habe hier Licht gesehen“, erklärte er entschuldigend, „und das Eingangstor stand offen. Konnten Sie schon mit Ihrem Mann sprechen?“
Elisa log, ohne rot zu werden.
„Ja“, antwortete sie. „Ich habe im Landeskriminalamt eine Tasche für ihn abgegeben. Die ganze Angelegenheit muss ein Irrtum sein.“
Nachdenklich blickte Katharina auf ihre Schuhspitzen, als sei sie tief in Gedanken versunken. Die Tasche war in Wirklichkeit nicht einmal gepackt worden. Elisa wandte sich ihr zu.
„Herr Gröne wohnt ganz in der Nähe“, sagte sie. „Er ist ein Freund des Hauses.“
„Ich bin absolut davon überzeugt, dass Dietrich unschuldig ist. Kann ich irgendetwas tun?“, fragte er hilfsbereit. Noch immer lag das gleiche unnatürliche Lächeln auf seinen Zügen.
„Die Party bei den Wuttkes ist noch in vollem Gange, aber ich bekam auf einmal entsetzliche Kopfschmerzen. Haben Sie zufällig ein Aspirin da?“
Elisa nickte.
„In der rechten Schreibtischschublade.“
Gröne warf Katharina einen neugierigen Blick zu.
„Darf ich fragen, was Sie hier machen?“, erkundigte er sich.
„Natürlich, obwohl es Sie eigentlich nichts angeht.“
„Also, ich frage Sie!“
„Ich habe Frau Colditz nach Hause gebracht.“ Katharina hielt es für überflüssig, ihm zu erzählen, das sie gar nicht vom Landeskriminalamt gekommen waren. Gröne nahm das Glas Wasser entgegen, das Elisa ihm hinhielt, und ließ zwei Tabletten hineinfallen. Dann trank er das bittere Gemisch mit säuerlichem Gesicht.
„Wie kann ich Dietrich denn helfen?“, fragte er, während er ihr das Glas zurückgab.
„Im Augenblick gar nicht“, log Elisa kaltblütig. „Er hat alles, was er braucht. Ich bin sicher, dass er bald freigelassen wird.“
„Hoffen wir das Beste“, seufzte der Ingenieur. „Ich persönlich muss ehrlich sagen, dass es wirklich eine gute Tat gewesen ist, wenn er diesen Zerban unschädlich gemacht hat.“
„Das hätte er einfacher haben können“, warf Katharina ein. „Er hätte ihn ja auch ins Gefängnis bringen können.“
Gröne maß sie mit einem eiskalten Blick.
„Ich hasse Spione, Frau Ledermacher, ganz gleichgültig, auf welches Gebiet sie spezialisiert sind.“
Ungerührt starrte sie ihm ins Gesicht, bis er die Augen niederschlug. Es war Katharina klar, dass seine unverschämte Bemerkung auf sie in ihrer Eigenschaft als Privatdetektivin gemünzt war. Aber mit Rücksicht darauf, dass er sich in einem ziemlich erregten Zustand befand, beschloss sie, die Frechheit einfach zu übergehen. Eine kleine Spitze konnte sie sich jedoch nicht verkneifen.
„Und ich hasse Mörder. Und wenn ...“
Das Läuten des Telefons schnitt ihr das Wort ab. Sie sah sich im Wohnzimmer nach dem Apparat um, den sie bisher nicht bemerkt hatte. Langsam ging Elisa auf einen Wandschrank zu.
„Wer kann denn um diese Zeit noch anrufen?“, murmelte sie überrascht. Dann öffnete sie den Schrank, nahm den Apparat heraus und hob den Hörer ab. Sie lauschte aufmerksam. Katharina konnte die Worte des anderen Teilnehmers nicht unterscheiden, obwohl sie undeutlich seine laute Stimme vernahm. Schließlich drehte sich die junge Frau zu ihr um.
„Es ist für Sie, Frau Ledermacher.“
„Bestimmt?“
Sie nickte.
„Ein gewisser Kommissar Reese.“
Katharina ging zu ihr und nahm ihr den Hörer aus der Hand.
„Hallo!“, sagte sie. „Woher wissen Sie denn, wo ich bin?“
„Ach“, gab Reese spöttisch zurück. „Das war wirklich nicht schwierig. Ich habe bei den Wuttkes angerufen, und dort hat man mir die Adresse der Frau gegeben, mit der Sie die Gesellschaft verlassen hatten. Ich habe Neuigkeiten. Wir haben die Schreibmaschine gefunden, die zum Abfassen des Berichts benutzt wurde.“
„Sind Sie sicher?“
„Ja. Ich habe extra einen Spezialisten aus dem Bett holen lassen. Seine ersten Untersuchungen sind positiv verlaufen.“
„Wo haben Sie die Maschine gefunden?“
„In einem Wagen, dank Ihrer Hinweise.“
„Ich verstehe nicht ganz.“
„Doch, es ist ganz einfach. Sie haben mir erzählt, dass Sie zu den Wuttkes gehen wollen und dass Sie dort Teodor Gröne, Frau Colditz und auch Otto Stollberg treffen würden. Das brachte mich auf den Gedanken, die Zeit nutzbringend anzuwenden und erst einmal dem Ingenieur einen Besuch abzustatten, der nicht zu der Feier eingeladen war.“
„Bente?“
„Richtig. Wir haben seine Wohnung gründlich durchsucht. Er hatte übrigens drei außergewöhnlich hübsche Frauen zu Besuch. Gelangweilt hat er sich also bestimmt nicht, der gute Mann.“
„Jeder feiert eben Weihnachten nach seinem Geschmack“, gab Katharina tolerant zurück. „Und was ist dann passiert?“
„Ja, zuerst haben wir rein gar nichts gefunden, aber dann kam einer der Männer auf die Idee, den Kofferraum von Bentes Wagen zu öffnen, den er vor dem Haus abgestellt hatte. Und dort war dann die Maschine, eine Reiseschreibmaschine. Ich habe einige Beamte zur Bewachung von Bente geschickt. Dann bin ich selbst ins Landeskriminalamt gefahren und habe einen Spezialisten angerufen. Der war ganz schön verärgert. Ich musste meine volle Überredungskunst aufwenden, um ihn zu überzeugen. Jedenfalls besteht kein Zweifel daran, dass es die Maschine ist, die wir suchen.“
„Wo sind Sie jetzt?“
„In der Wohnung von Bente. Ich bin gerade dabei, den Mann zu verfrachten.“
Reese nannte ihr die Adresse.
„Geben Sie mir bitte zwanzig Minuten, dann komme ich.“
„Den Gefallen kann ich Ihnen wohl tun. Also, bis gleich.“
Katharina legte den Hörer auf den Apparat. Dann blickte sie Gröne und Elisa Colditz an.
„Ich muss mich sofort auf den Weg machen. Kann mir einer von Ihnen seinen Wagen leihen? Oder mich wenigstens bis zum nächsten Taxistand fahren. Ich habe meinen Wagen bei den Wuttkes gelassen.“
Hastig nahm die junge Frau das Stichwort auf.
„Ich werde Sie fahren.“
„In