Zwei wie Zucker und Zimt. Zurück in die süße Zukunft. Stefanie Gerstenberger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefanie Gerstenberger
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Учебная литература
Год издания: 0
isbn: 9783401805153
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so wunderschön! So wild! Früher, als kleines Mädchen, hatten meine dieselbe Farbe … Jaja, ich komme ja schon!« Sie eilte zum Nebentisch, an dem eine der Hut-Damen ungeduldig winkte.

      Erstaunt starrte Marion mich an. »Meine Freundin?«

      »Psst!« Ich legte den Zeigefinger auf meinen Mund. Mama liebte Geheimnisse, hoffentlich auch schon damals, mit fünfzehn … »Keine Freundin, aber ich brauche dringend deine Hilfe! Können wir nach oben gehen? In dein Zimmer?«

      Sie musterte mich misstrauisch: »Und die Petit Fours?! Vati macht den Biskuit immer anders als ich, also, er nimmt …«

      Oh Gott, Mama war nicht nur ein Öko-Freak, sondern auch noch begriffsstutzig. »Dazu kommen wir gleich«, unterbrach ich sie eilig. Ich wollte jetzt bestimmt nicht über Biskuitteig reden, der Marion anscheinend brennend interessierte.

      »Pfff. Na gut, wenn du mir eben noch verraten würdest, wer du bist … Zucker, du kommst mit. Wenn das Mädchen böse ist, beißt du es, okay?« Marion lachte. Ihre Zähne waren viel weißer, als sie in ein paar Jahrzehnten sein würden, doch der rechte Eckzahn hatte schon die kleine abgeschlagene Ecke. »Wir gehen außen rum, Zucker darf nicht durch die Backstube!«

      Wir gingen hinaus. Ich blieb stehen und schaute mich um. Die Metzgerei Hein gab es noch nicht, das ganze Haus fehlte.

      »Das ist so krass schön hier, das Café und die Backstube und auch draußen! Ist ja viel mehr Platz hier, da ist heute nur noch ein …« Schmaler Durchgang, hatte ich sagen wollen, doch das würde Marion nicht verstehen. Der Goetheplatz war ein kleines Rondell am Ende einer Sackgasse, abgetrennt durch ein paar Steinbänke, eingerahmt von den Vorgärten der umstehenden Häuser. Dazwischen gab es Lücken, schmale, unbebaute Grundstücke mit kleinen Wäldchen aus jungen Bäumen und Büschen. Mit offenem Mund starrte ich in den riesigen Ahornbaum, durch dessen Blätter das Sonnenlicht in kleinen Sprenkeln auf das Pflaster vor dem Café fiel. Der Killerbaum! Nach dem Sturm war er gefällt worden. Zu spät. Heute gab es von ihm nur noch einen breiten Stumpf, aus dem in jedem Frühjahr neue Triebe sprossen. Dagmar sägte sie regelmäßig mit einem Brotmesser ab.

      »Echt schön!«, murmelte ich. »Aber den Baum müsste man am besten jetzt schon fällen …«

      »Hä? Fällen? Wer würde denn auf die Idee kommen?« Marion zog die Augenbrauen hoch. »Schon mal was von Umweltschutz gehört?«

      »Nein, ich sagte, der Baum ge-fällt mir!«

      Durch den Eingang an der Seite betraten wir das Haus wieder. Die Tür knarzte laut in ihren Angeln. Wenigstens daran hatte sich in der Zukunft nichts geändert. Zucker lief voraus.

      »Sag mal, das ist doch meine Latzhose, die du da anhast«, sagte Marion, als sie hinter mir die Treppe in den ersten Stock hinaufging. »Den Fleck da kenne ich. Beim Färben ist das Gelb am Hintern nämlich etwas unregelmäßig geworden.«

      »Ja, sitzt ’n bisschen enger bei mir als bei dir … Aber was hätte ich denn sonst anziehen sollen?«, erwiderte ich, als wir auf mein Zimmer zusteuerten, das jetzt natürlich noch Mamas Zimmer war. »Was anderes habe ich in deinem Monsterschrank leider nicht gefunden! Wusste gar nicht, dass du solche Sachen angezogen hast. Voll retro!«

      »Voll was?!«

      »Vergiss es.« Ich wusste, dass meine Sätze unverständlich für sie sein mussten, doch ich war total aufgeregt, es war so krass, fünfunddreißig Jahre früher durch unser Haus zu gehen.

      Zucker war als Erster im Raum, er drehte sich ein paarmal um sich selbst, dann ließ er sich auf dem weißen Flokati-Teppich zwischen Bett und kleinem Sofa nieder und legte den Kopf zwischen die Pfoten. Marion machte die Tür hinter uns zu und stemmte die Hände in die Seiten: »Du bist hier also eingebrochen.«

      »Eingebrochen? Sag mal, tickst du jetzt total?«

      »Na ja«, Marions Stimme wurde leiser, fast drohend fuhr sie fort, »mein Zimmer und meinen Kleiderschrank kennst du offensichtlich schon!«

      Ich zog die Luft durch meine Nasenlöcher und atmete genießerisch aus, der Schokoladenduft sammelte sich selbst bei offenem Fenster ganz besonders konzentriert in diesem Raum. »Boah, das riecht hier so genial!« Ich ließ mich auf die Knie neben Zucker fallen und streichelte ihm über den Kopf, woraufhin er die Augen schloss. »Und jetzt sehe ich endlich euern tollen Hund! Wie cool ist das denn?«

      Marions Blick sagte, dass sie mich für verrückt oder Schlimmeres hielt. Ich musste langsam mit einer Erklärung herausrücken.

      »Sorry! Ich kann dir alles erklären.«

      »Das glaub ich kaum!« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Ich schaute zu ihr hoch. Jetzt siehst du aus wie Mama, hatte ich sagen wollen, doch das erschien mir nicht besonders schlau. »Stimmt. Ich kann dir gar nichts erklären, ich weiß nämlich auch nicht, wie ich hier hingeraten bin.«

      In Marions glattem Gesicht regte sich nichts, sie wartete ab. Voll wie Mama, wenn sie innerlich kochte.

      »Ich verstehe es ja selber nicht! Gestern Abend war noch alles ganz normal. Na ja, wir haben gestritten und ich bin eingeschlafen. Ach so, und morgens bin ich mal kurz aufgewacht, aber da war es noch dunkel und ich bin in die Küche gegangen und habe Wasser getrunken, und, keine Ahnung … da war nichts Besonderes. Und dann mache ich, zack, die Augen wieder auf und bin hier! Und du bist fünfzehn, so alt wie ich, und alles ist so was von strange …« Ich hob die Arme. Es klang völlig verrückt. Es war völlig verrückt. Marion runzelte die Stirn, sagte aber immer noch nichts.

      »Ich meine, ich schlafe und werde wach und noch ist alles normal und dann habe ich noch auf die Uhr geschaut … deine … Mensch, das isses: deine Uhr!«, rief ich, sprang auf und stürzte zum Fenster. Zucker sprang auch auf und bellte. »Vielleicht hat das was mit der Uhr zu tun!«, rief ich über das Hundegebell.

      »Zucker! Aus! Platz!« Zucker legte sich wieder hin, den Blick auf Marion.

      »Da unten in der Wiese muss die Uhr liegen. Also bei uns ist das nur noch ein Stück Rasen, das Dagmar immer wie eine Besessene mit dem Rasenmäher bearbeitet, und wehe, jedes einzelne Hälmchen ist nicht millimeterkurz.« Ich drehte mich zu ihr, natürlich würde sie mein Gestammel nicht verstehen. Marion streckte den Kopf vor: »Du kennst Dagmar? Wie lange beobachtest du uns denn schon?«

      Marion bewegte sich schrittweise rückwärts auf die Tür zu, ihre Hände suchten nach dem Griff.

      »Euch beobachten? Tss, mein ganzes Leben schon«, sagte ich lachend, hob dann aber beruhigend die Hände: »Ich bin wie Marty McFly, verstehst du?« Sie sah mich völlig entgeistert an. »Der aus dem Film, Mann! Der den Zeitsprung macht und seinen eigenen Eltern bei ihrem ersten Date zusieht. Zurück in die Zukunft!«

      Marion schüttelte verständnislos den Kopf. »Du heißt Marty? Und was ist ein Date?«

      Ich atmete laut aus. »O Mann, sag jetzt nicht, du kennst Zurück in die Zukunft nicht!«

      »Nein! Müsste ich?«

      »Dann ist der Film wahrscheinlich noch nicht rausgekommen …«, murmelte ich.

      »Marty? Kann es sein, dass du irgendwo abgehauen bist, dass sie dich jetzt suchen?«

      »Was? Nein! Niemand sucht mich, und ich heiße nicht Marty, sondern Charlotte, den Namen hast du übrigens ausgesucht!«

      »Ich?«

      »Ja, im Jahr 2000 gefiel der dir anscheinend sehr gut … aber du nennst mich Charles, den Namen hat Opa mir gegeben, weil meine Ohren damals, als ich noch nicht so viele Haare hatte, angeblich den abstehenden Mega-Ohren von Prince Charles ähnlich sahen … Prince Charles? Ist dir bekannt? Schon jahre-lang Thronfolger von England.«

      Marion nickte langsam und ich seufzte erleichtert. Na also, wenigstens Prince Charles gab es schon. »Er wird es aber kaum jemals werden, weil William … ach, so weit sind wir ja noch nicht.« Ich winkte ab. »Ich hole eben schnell die Uhr und dann siehst du, dass ich nicht total crazy bin.«

      »Du bist total