Umwege zu R.. Ulf Häusler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ulf Häusler
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347075269
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meinte, die Präsentation könnte nur voll daneben gehen.

      „Mensch Fietje, was mach ich nur? Wie soll das denn morgen nur werden?“

      „Du machst das ganz prima. Ehrlich. Du hast alles voll drauf und denk dran – der Vorstand hat viel weniger Ahnung als Du, nämlich gar keine.“

      „Denkste. Du der Alte“ – gemeint war Prof. Dr. Ewald Mertens, der Vorstandsvorsitzende – „hat mehr Ahnung, als Du meinst.“

      „Fühlst Du Dich so schlimm?“

      „Fietje – beschissen wäre geprahlt. Was mach ich nur…“

      „Vorschlag. Du kommst heute Abend zu mir nach Hause. Dann machen wir aus dem ganzen eine schicke Power Point Präsentation und dann musst Du morgen fast nur ablesen. PC und alles, was wir brauchen, hab ich zu Hause. Must aber alles auf nen USB-Stick ziehen. 19.30 bist Du da.“

      „Das würdest Du für mich machen?“

      „Nee – nicht für Dich, sondern für uns alle, für das, was wir da monatelang auf die Beine gestellt haben.“

      „Geht doch nicht Fietje.“

      „Warum nicht, Herbie?“

      „Meine Frau meint dann sofort, ich würde fremdgehen.“

      „Machst Du das denn?“

      „Nö. Eigentlich nicht.“

      „Und uneigentlich? Aber geht mich nichts an. Doch Vorschlag zur Güte. Deine Frau bringst Du mit. Sag ihr, wir müssten noch arbeiten und ob sie uns was kochen kann. Da kann sie kaum was gegen haben.“

      „Mensch, Dir fällt aber auch immer was ein.“

      „Nicht immer. Und ‚immer öfter‘ wäre auch übertrieben. Aber manchmal.“

      „Und Du meinst, mit Power Point komm ich da durch?“

      „Glaub schon. Kennst doch auch von ganz früher diese Overhead-Projektoren. Da haben wir immer gesagt ‚Hat Du Folie, hat Du Vortrag‘. Und Power Point ist doch nur die elegantere Form davon. Es sei denn…“

      „Es sei denn…?“

      „Es sei denn, der Mertens meint Power Point sei ‚Scheiße auf Bütten‘.“

      „Keine Ahnung.“

      „Los, Herbie, jetzt beordere Deine Frau zu mir. Wenn sie keine Lust zum Kochen hat – ne Pizza tut’s auch.“

      Amelie Klause war pünktlich um 19 Uhr vor Fietjes Haus angekommen. Und weil der Anruf ihres Mannes schon am späten Nachmittag bei ihr angekommen war, hatte sie bereits bei sich zu Hause etwas für die Männer gekocht – ein superlecker schmeckendes Chili con Carne. Aber nicht mir gehaktem Fleisch, sondern sie hatte klitzekleine Rindfleischstückchen geschmort gehabt. Sie hatten erst gemeinsam am Esstisch gesessen, Fietje hatte eine Flasche Chianti spendiert, Herbie aber ein zweites Glas verweigert.

      „Herbie, wir müssen jetzt arbeiten. Und Sie Frau Klause, parken sich bitte auf dem Sofa vor der Glotze – bitte mit Kopfhörer und Ton aus, sonst werden wir gestört. Alles klar? Das Essen war übrigens super. Herbie, das machen wir jetzt immer so, wenn Überstunden angesagt sind. Sie haben nicht zufällig einen Mittagstisch für einsame Junggesellen, Frau Klause?“

      Frau Klause lachte recht geschmeichelt.

      „Brauchen Sie denn einen Mittagstisch? Ihnen kocht doch sicher Ihre Freundin immer was.“

      „Hab keine.“

      „Also, wenn ich Ihnen alles glaube, das aber nicht. Denn das Sofa – meinen Sie nicht, dass das Bände spricht?“

      „Wieso. Das ist mein Bett, zu einem Sofa umgebaut, weil für ein richtiges Sofa kein Platz ist.“

      „Und da haben Sie sich einen Sofa-Ersatz riesigen Ausmaßes zugelegt. Um darauf ganz allein zu liegen. Geht mich ja nichts an. Aber meine Mutter hätte das nicht als Sofa, sondern als Lotterpfuhl bezeichnet.“

      „Gut, ich geb’s zu. Manchmal sitzen wir auch zu zweit drauf.“

      „Ami, nun lass gut sein.“

      „Ja, ja. Haltet Ihr Männer mal schön zusammen.“

      „Ami, Schluss jetzt. Wir sind nicht hier um Fietjes Liebesleben zu durchleuchten, sondern um uns für morgen vorzubereiten.“

      „Worauf wartet Ihr?“

      „Diese Frau muss immer das letzte Wort haben.“

      Um 23 Uhr hatte Fietje die Präsentation ‚rund‘.

      „So Herbie – jetzt ziehen wir das Ding noch auf einen USB-Stick und dann kannst Du morgen früh loslegen.“

      Auf dem Heimweg meinte Amelie zu ihrem Herbie:

      „Du, der Fietje ist aber ein richtig Netter.“

      „Stimmt. Wenn doch nur morgen der Tag schon vorbei wäre.

      Ich hab immer noch Schiss vor morgen.“

      „Kannst Du den Fietje nicht mitnehmen zu der Präsentation?

      So als moralische Unterstützung?

      „Prima Idee. Danke, Ami.“

      An der roten Ampel küsste Herbie seine Ami.

      4. Kapitel

      Glück muss der Mensch haben. Nephele hatte es, denn Sie hatte tatsächlich in der größten Klinik in Paphos eine Stelle als Physiotherapeutin ergattert, wo sie ihre zwei Jahre absolvieren konnte, bevor sie ihre Approbation erhielt. Und die wollte sie unbedingt haben, weil sie nur dann mal eine eigene Praxis würde betreiben können. Der in Nicosia erworbene Grad eines Bachelor of Science in Physiotherapy war zwar gut und schön, aber sich so ganz ohne praktische Erfahrung mal später selbstständig zu machen, schien ihr doch arg gewagt. Wobei sie noch gar nicht wusste, ob sie das jemals machen wollte, aber es schien ihr gut und richtig, dafür die Voraussetzungen zu erwerben. Und der erworbene Grad ohne Approbation wäre ohnehin sinnlos.

      Anfangs war sie jeden Morgen mit ihrem Vater mitgefahren und der hatte sie abends auch immer brav wieder mit nach Hause genommen. Sie hatte zwar kurz mal daran gedacht, sich in Paphos eine kleine Wohnung zu nehmen, aber eigentlich hätte dafür ihr relativ bescheidenes Monatssalär kaum gereicht. Und ihren Dad um Unterstützung zu bitten – das ging schon mal gar nicht, es hätte ihren Stolz viel zu sehr verletzt. Außerdem hätte der Herr Papa ganz sicher wenigstens drei Mal in der Woche eine Bemerkung fallen lassen, dass sie doch besser einen Beruf erlernt hätte, der wenigstens eine Person ernähren könnte. Und schließlich fühlte sie sich zu Hause ohnehin am wohlsten, einmal wegen ihrer Familie, nämlich Mutter, Bruder und Danae, ihr geliebtes Pferd kam hinzu und quasi ‚on top‘ lebte ihre beste Freundin Alexa in Pissouri, nur wenige km von Plataniskia entfernt. Die war zwar meist nicht zu Hause, weil sie in Athen Medizin studierte, aber in den Semesterferien waren die zwei nach wie vor fast unzertrennlich.

      Vater Achilleas Mantalos litt ein wenig unter seinen Chauffeurs-Diensten, weil er morgens meist weit über eine Stunde früher losfahren musste. Bisher hatte er seinen Einsatz halbwegs willig auf sich genommen. Zumal er auf Nephele eigentlich recht stolz war, obwohl sie sich dem Jurastudium widersetzt hatte – ihm imponierte es irgendwie, dass sie sich ihm gegenüber seinerzeit mit ihrem Ausbildungswunsch durchgesetzt hatte.

      Nephele musste drei Wochen im Monat morgens um 7.30 Uhr ihren Dienst beginnen, ihr Dad war immer erst um 8 Uhr losgefahren. In einer Woche im Monat begann sie erst am Spätvormittag zu arbeiten.

      Seitdem Achi nun meist schon um ½ 8 im Büro aufkreuzte, hatte er eines Tages ziemlichen Ärger mit seiner Sekretärin bekommen. Sie war bisher in aller Regel erst um 8.15 erschienen, um als erste Amtshandlung ihrem Chef seinen Café zu servieren, wenn er um ½ 9 Uhr aufkreuzte.

      „Also Herr Doktor“, - normalerweise waren sie längst per ‚Du‘ - „das geht so nicht. Ich bin nun schon bald 60 Jahre alt. Und seit ich vor nun bald 30 Jahren zum ersten