„Was verschafft mir die Ehre, lieber Achi?“
„Deine Tochter.“
Achi trug sein Anliegen vor und endete mit den Worten:
„Sei nicht so geizig, die paar Euro wirst Du ja wohl noch locker machen können. Hast schließlich nur die eine Tochter.“
„Du, das geht mir doch nicht ums Geld.“
„Sondern?“
„Die soll ihr Studium schnellstens fertig machen und dann heiraten.“
„Also erstens – wenn sie jetzt mal für ein paar Wochen mit Nephele unterwegs ist, wird das die Studienzeit wohl kaum verlängern. Und heiraten kann sie danach auch. Übrigens wusste ich gar nicht, dass sie schon einen festen Freund hat.“
„Hat sie natürlich nicht. Aber sie soll und wird Antonios Mendalis heiraten. Haben wir Väter beschlossen.“
„Was denn, diesen aufgeblasenen wichtigtuerischen Weinhändler? Den will Alexa haben?“
„Kennst Du den überhaupt?“
„Nein, aber er wurde mir so beschrieben und dass er ein in Limassol stadtbekannter Schürzenjäger ist, weißt Du hoffentlich.“
„Achi, was soll das denn nun.“
„Nun ich meine, Alexa hätte etwas Besseres verdient. Und ansonsten leben wir nicht mehr im vergangenen Jahrhundert, wo die Eltern den Ehemann bzw. die Ehefrau ausgesucht haben.“
„Mir ist das damals bestens bekommen.“
„Schön für Dich. Hast also damals das große Los gezogen. Ich habe mir meine Helena selbst gesucht. Unsere Eltern hatten auch was anderes mit uns vor. Aber was hat das alles mit der Reise der beiden Mädels zu tun?“
„Ich habe Angst, dass Alexa sich mit einem Mann einlässt. Gelegenheit macht Diebe.“
„Das ist jetzt aber nicht Dein Ernst?“
„Doch. Und Du mein Bester, solltest Dich auch mal lieber mehr um Deine Nephele sorgen.“
„Ob Du’s glaubst oder nicht: Ich sorge mich da durchaus, aber ich habe auch Vertrauen zu ihr. Und im Übrigen verdient sie ihr eigenes Geld und erwachsen ist sie auch. Da kann ich sie doch nicht wie ein Kleinkind behandeln. Und was Alexa angeht – woher weißt Du denn, ob sie nicht im Studium in Athen, irgendetwas anstellt, was Deinen 150 Jahre alten Moralvorstellungen widerspricht? Was würdest Du denn stattdessen davon halten, Deiner Tochter auch zu vertrauen? Und meinst Du nicht auch, dass zwei junge Dinger durchaus auf sich selbst aufpassen können? Oder hast Du Angst, dass sie einen flotten Dreier mit einem hinreißenden Mitteleuropäer aufs Parkett oder besser gesagt aufs Bett legen?“
„So kenn ich Dich ja gar nicht Achi.“
„Ich Dich auch nicht Ioanni. Nun los, führ Dich nicht auf wie ein alter Patriarch, der leider 200 Jahre zu spät geboren wurde. Gib Dir einen Ruck, mach das Kleingeld locker und lass unsere Kinder fahren. Lieben heißt loslassen können.“
„Na gut, obwohl ich ein beschissenes Gefühl dabei habe. Wieviel kostet denn das alles?“
„Ich zahl den Flug und dann bekommt Nephele noch 1.000 Euro zum Leben.“
„1.000 Euro!? So viel?“
„Ist’s Dir lieber, sie gehen im Amsterdamer Rotlichtviertel kellnern und lassen sich von jedem Junkie angrapschen?“
„Ok, ok, Achi. Hast gewonnen.“
„Und lass Deine Kleine den Mann heiraten, den sie will und zwing sie nicht zu was anderem. Die Zeiten sind vorbei.“
„Meinst Du.“
„Meine ich. Oder bist Du zum Islam übergetreten? Was Du da mit Alexa vorhast, das gibt’s heute doch nur noch in Ostanatolien!“
„Ist ja gut, Achi, hab’s verstanden.“
„Das freut mich aufrichtig. Bringen wir die Gören dann zusammen zum Flughafen?“
Ioannis musste nun doch recht lachen.
„Mach’s gut Achi.“
„Mach’s besser Ioanni.“
Abends berichtete Achi seiner Helena und Nephele ganz genau von dem Telefonat. Sie wollten sich ausschütten vor Lachen.
„Jetzt weiß ich auch, warum Du ein richtig guter Anwalt bist, Dad.“
„So, so. Meinst Du.“
„Meine ich“ erwiderte sie und drückte sich fest an ihren Vater mit einem Kuss auf die Wange.
„Du bist heut schlecht rasiert, das piekt ja richtig.“
„Männer pieken abends immer.“ kommentierte die Mutter. Erst als Tochter und Vater laut loslachten, merkte sie, dass ihr da etwas Zweideutiges rausgerutscht war.
„Was Ihr schon wieder im Kopf habt.“ murmelte sie leicht errötend, dabei aber schmunzelnd.
Zwei Wochen später flogen die zwei Freundinnen los. Alexa wollte 3 Wochen ‚mithalten‘, Nephele war nicht zu bewegen gewesen, den Eltern ein festes Datum für den Rückflug zu nennen, sie wollte sich nicht festlegen und einfach länger bleiben, wenn es ihr in den europäischen Ländern irgendwo besonders gut gefallen sollte. Zwar hatten ihre Mom und ihr Dad schwerste Bedenken geäußert, aber sie war hart geblieben.
Auf dem Flughafen verabschiedeten die beiden Elternpaare ihre beiden Töchter schweren Herzens. Vor allem Ioannis Papadakis hatte nach wie vor erhebliche Sorgen, eine Jungfrau auf die Reise zu schicken, die als Frau zurückkommen könnte – er sah seine Heiratspläne für die Tochter schon in weiter Ferne.
„Und bitte, bitte, haltet Euch von Jungs fern. Die wollen nämlich alle nur mit Euch rummachen.“
„Was ist ‚Rummachen‘?“
„Tu nicht so unschuldig, Alexa, Du weißt genau, was ich meine.“
„Meinst Du, was Du damals mit Mama gemacht hast?“
„Sei nicht so frech. Wir haben bis nach der Hochzeit gewartet, liebes Kind.“
„Stimmt, ich bin genau nach 6 ½ Monaten auf die Welt gekommen. War ein kleines ‚Frühchen‘, gell?“ grinste sie ihren Vater ziemlich herausfordernd an. Fand der wenigstens. „Ja.“
Die Mutter war jetzt puterrot angelaufen und es rutschte ihr – leider etwas unbesonnen – die Frage heraus:
„Woher weißt Du das?“
„Na ja, meinen Geburtstag kenn ich schließlich. Und als ich nach meinem Pass suchte, lag da auch Eure Heiratsurkunde. Und gleich am Ende des ersten, oder zu Beginn des zweiten Schuljahres hab ich mal rechnen gelernt. Ist doch nicht schlimm, dass Ihr Euch richtig geliebt habt.“
Der Vater sagte nun gar nichts, es war ihm recht unangenehm, dass er gerade geflunkert hatte.
Und um die Situation ein wenig zu entspannen, meinte Alexa noch ganz trocken:
„Ich mach es auch mal wie Ihr, erst wenn ich einen Mann gefunden habe, den ich richtig lieben kann und den ich heiraten will, mit dem würde ich dann auch zusammen sein wollen. Und dass ich über den nun gerade in Paris stolpern werde, ist eher unwahrscheinlich. Außerdem passt Nephele ja auch mich auf. Und ich auf sie.“
So ganz richtig beruhigt wirkten beide Elternpaare zwar nicht, aber sie mussten halt vertrauen. Und dass ihre Töchter sich womöglich küssen lassen könnten, fanden sie letztendlich nicht so sehr schlimm. Und dass die Beiden womöglich ‚Fummeln‘ würden, war ein Gedanke, den man besser verdrängte.
Über Athen flogen die Freundinnen nach Paris. Nephele hatte viele Abende im Internet recherchiert und jeweils nach einem kurzen Telefonat mit ihrer Freundin endlich ein sehr preiswertes Mini-Hotel ohne Frühstück erst für eine Woche in Paris,