DAS SCHLOSS DES VAMPIRS. Eric Borna. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eric Borna
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Учебная литература
Год издания: 0
isbn: 9783749735525
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      Mahiri über ihm hatte offenbar das Trauerspiel bemerkt. Er blickte zu Tim im Korb herab und feixte. „Bisschen blass um die rote Nasenspitze, was; kotz‘ hier bloß nicht runter, ich glaub‘, da unten sind sogar irgendwelche Leute“, brüllte die Oberfleder-maus durch das Rauschen der Schläge der Flughäute und den Fahrtwind nach unten.

      So langsam ging es dort dem Reisefuchs, der sich an seine Mission erinnerte, etwas besser. Der Wind kühlte seine Nase, das Zittern der Arme und Beine ließ langsam nach und über ihm funkelten in der immer dunkler werdenden Nacht die Sternbil-der des Südhimmels wie Diamanten. Genau in Flugrichtung vor sich sah er bewundernd Sirius im Sternbild Großer Hund, einen strahlenden Brillanten, eingebettet in den dunkelblauen Samt des Himmels.

      Die Höhenangst unseres Füchsleins ließ immer weiter nach und schließlich traute er sich, seine Lage im Transportkorb zu verändern und richtete sich etwas auf. Mutig geworden, spähte er nach einem Weilchen sogar über den Korbrand in die Tiefe. Viel war da nun allerdings nicht mehr zu erkennen. Tim meinte, den Umriss eines Sees zu sehen und an dessen Ufer ein blass schimmerndes Licht.

      „Kann sein, da unten ist wirklich wer“, schrie der rotbepelzte Luftreisende zu Mahiri und Dogo hoch.

      Die nickten mit den Köpfen. Aber wer sollte sich schon hier in der Nacht in dieser Einöde herumtreiben?

      Zwei der anderen riesigen Fledermaus-Gemüsediebe, ge-meinsam ihren mit Gemüse und Früchten übervollen Transport-korb durch die Luft schleppend, dazu beide mit dem prall ge-packten Rucksack auf dem Rücken, flatterten neugierig in Rich-tung ihres Chefs.

      „Aber Mahiri, ‚Ruhe im Karton‘ ist das oberste Gebot unserer nächtlichen Flugreisen! Du selbst hast uns das oft genug vorge-betet. Und nun? Was ist das für ein höllischer Radau, den ihr drei hier veranstaltet? Gibt es Probleme? Euch kann man ja bis zum Erdboden herumbrüllen hören“, ließ sich eines der beiden Flugwesen vorwurfsvoll vernehmen.

      „Ich hab‘ ja gar nichts gesagt“, beschwerte sich von der ande-ren Seite her Dogo so leise wie möglich. „Mahiri und der deut-sche Rotfuchs quatschen sich hier lautstark durch die Nacht.“

      „Na ja, so schlimm war es nun auch wieder nicht“, antwortete jetzt der Anführer der Fledermäuse selbst. „Tim hatte anfangs große Flugangst und ich habe mich nach seinem Befinden er-kundigt. Viel mehr war nicht. Vielleicht alles einen Tick zu laut, tut mir ehrlich leid, aber ganz leise geht hier oben eh nicht. Du hast natürlich recht, Karim, wir dürfen uns auf unseren Flügen nicht durch sinnlosen Lärm verraten.“

      Der angesprochene Beschwerdeführer nahm die Erläuterun-gen seines Chefs offenbar wohlwollend entgegen. Vergnügt rich-tete er sich in der Luft auf und verlangsamte damit den Flug ein wenig. Leider bemerkte das sein Kumpel auf der anderen Seite des Henkelkorbes einen Moment zu spät. Der proppenvolle Transportbehälter schwankte plötzlich wild hin und her.

      „Vorsicht, passt bloß auf!!“, rief Mahiri noch den beiden zu.

      Aber es war schon zu spät. Lustig anzuschauen, hopsten zwei Melonen und ein kleiner runder Kürbis über den Rand des Kor-bes und verschwanden in der Tiefe. Kurze Zeit noch konnte man ihnen mit den Blicken folgen: Grünliche und orangefarbene Me-teoriten, die dem Erdboden entgegen sausten.

      „Mist“, kommentierte gefasst die Oberfledermaus das Ge-schehene. „Aber leider nicht zu ändern. Wird schon schiefge-gangen sein.“

      Mahiri blickte sich um und nahm seine Truppen fest ins Au-ge. „Abgehakt, Jungs“, ergänzte er. „Wir müssen weiter, unser Herr und Meister erwartet uns schon“.

      „Und was ist mit mir?“, rief Samanta schnippisch aus ihrer Luftgondel herüber.

      „Das gilt natürlich auch für Ladys!“ Mahiri grinste spitzzah-nig über beide Wangen. „Auf geht’s; und ich darf doch bitten, Herrschaften, niemand schmeißt mir hier mehr etwas runter! Also: Vorsicht am Zug, der Bahnsteig fährt ab.“

      Die Cheffledermaus flatterte wieder schneller und das Trio Mahiri-Dogo-Tim, zwei oben – einer unten, setzte sich an die Spitze der kleinen Luftkarawane.

      Wolken waren aufgezogen. Der Flug ging nun durch die dunkle Nacht, mittlerweile war es stockfinster geworden. Nur am Erdboden konnte man gelegentlich noch ein einsames Licht aufleuchten sehen. Und voraus auf ihrem Weg manchmal den Sirius, wenn er durch eine Wolkenlücke blinzelte.

      Immer weiter ging die Reise über die stille, dunkle Land-schaft. Der sanfte Nachtwind und die monotonen Fluggeräusche machten den Fuchs müde. Schließlich fielen ihm nach diesem anstrengenden Tag die Augen zu und er schlief ein.

      Im Traum sah er in einem finsteren Saal mit rußenden Fa-ckeln an den Wänden Lilly und Fritz als ausgesaugte Mumien in offenen Särgen liegen. Daneben saß Graf Dracula gemütlich auf seinem Thronsessel. Er rieb sich wohlig den Bauch. „Das hat wirklich gutgetan“, kamen dann die schrecklichen Worte aus seinem hässlichen Mund, gefolgt von einem schallenden, höhni-schen Gelächter.

      Tim fuhr schlagartig aus diesem Schrecken auf. Fast wäre er dabei aus seiner Gondel gestürzt. Langsam wurde ihm wieder bewusst, wo er sich befand. Niemals, niemals durfte solch ein Alptraum wahr werden, schwor sich der Fuchs. Er würde gegen das Böse kämpfen bis zum Umfallen, auch wenn es ihn das Le-ben kosten sollte. Und die Zeit für die Rettung war schrecklich knapp, das wollte er auch nie vergessen.

      Verschlafen räkelte sich der Fuchs, gähnte herzhaft, drehte den Kopf und blickte in der luftigen Höhe umher.

      „Hoffentlich sind wir bald da“, wünschte sich Tim im Stillen. So ganz hatte er seine Höhenangst nun doch nicht verloren.

      Der dichte Wolkenteppich, der die kühnen Aeronauten den größten Teil ihres Weges begleitet hatte, wurde nun wieder zu-sehends löchriger. Die Sternbilder der Südhalbkugel schimmer-ten am hohen Firmament, und der Fuchs sah hinter sich den Sirius funkeln.

      Träge ging es Tim durch den Kopf, dass da was nicht stim-men konnte.

      Mit einem Mal war er hellwach.

      „Mahiri, sag‘ doch“, rief er in den Wind nach oben zur Chef-etage. „Was macht jetzt eigentlich der Sirius hinter uns? Wenn er bisher zu sehen war, dann kursvoraus! Nun ist er aus meiner blöden Flugbox sozusagen heckwärts am Himmel zu bewun-dern. Wenn man immer geradeaus fliegt, dann gibt es so etwas doch gar nicht! Was nicht sein kann, kann nicht sein! Also bitte, wie soll ich das verstehen???“

      Der Häuptling der Riesenfledermäuse wendete erhaben sein Haupt in Richtung des störenden nächtlichen Rufers. Missmutig guckte er zu seiner Luftfracht hinunter.

      „Du quasselst ja hier schon wieder ungefragt herum. Fang‘ bloß nicht an zu nerven. Mir tun von der Schlepperei ohnehin schon langsam die Füße weh, wird Zeit, dass wir landen“, em-pörte sich Mahiri mit Blickrichtung schräg nach unten.

      „Übrigens Füchslein, Astronomie ist wohl nicht gerade deine Stärke? Aber das ist ja auch kein Wunder. Du bist noch zu jung, sowas habt ihr einfach noch nicht in der Schule durchgenom-men. Nur kurz zu deiner Information: Die Erde dreht sich von West nach Ost um ihre Achse, also gehen die Sterne, genau wie morgens die Sonne, im Osten auf und im Westen unter. Du siehst in der Nacht die Sternbilder über das Himmelszelt ziehen. Erst sind sie hier, dann sind sie da. -- Na also!“

      „Aber ganz bestimmt nicht in dieser kurzen Zeit, nicht kom-plett von vorne nach hinten!. Mahiri, sag‘ mal, willst du mir hier eigentlich einen Luftbären aufbinden? Oder wie nennt ihr hier in Südafrika so was?“, antwortete Tim nun recht vergnügt der flatt-rigen Geisterstimme über sich. „Gib’s schon zu, du alter Übeltä-ter, als es stockdunkel wurde, habt ihr in großem Bogen gewen-det und nun fliegen wir seit geraumer Zeit wieder dahin, woher wir gekommen sind.“

      Der Fuchs hörte schräg über sich ein schnaufendes Geräusch. Dann meldete sich der Fledermaus-Chef wieder zu Wort:

      „Füchslein aus old Germany, du bist gar nicht so dumm, wie du aussiehst. Ich sag jetzt hier nicht viel dazu. Ist alles nur Tak-tik. Auf Anweisung unseres geliebten Grafen Dracula müssen wir unsere Spuren, so gut es eben geht, verwischen. Niemand