Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket. A. F. Morland. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: A. F. Morland
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783745212730
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später erreichten wir die Lexington Street. Milo schnaufte wie ein Rennpferd nach der letzten Runde, und mir ging es nicht besser.

      Vor der Treppe zu einer U-Bahn-Station lagen zwei Frauen am Boden. Passanten knieten neben ihnen. Einige zeigten auf die Treppe.

      Wir spurteten an den Leuten vorbei - offenbar hatte Newby die Frauen einfach umgerannt und sprangen dieTreppe hinunter.

      Menschen kamen uns gestikulierend entgegen, sie waren aufgeregt und zeigten in Richtung der Bahnsteige. Wir schienen dem Mann hart auf den Fersen zu sein.

      Unten fuhr gerade eine Bahn an. Ein Mann mit einem kahlen Schädel rannte neben ihr her und schlug mit der MPi gegen die Scheiben. Die Bahn beschleunigte, und Newby schickte ihr eine Salve hinterher.

      Die meisten Menschen auf dem Bahnsteig lagen Deckung suchend am Boden.

      »Stehen bleiben, Newby! FBI!«,brüllte Milo.

      Ein Feuerstoß aus der Uzi war die eindeutige Antwort.

      Wir warfen uns flach hin und erwiderten das Feuer.

      Doch der Kerl rannte schon wieder los und war zu weit weg, um gezielt schießen zu können.

      Wir sprangen auf. Über die am Boden liegenden Leute hinweg spurteten wir hinterher.

      Das Rauschen einer Bahn näherte sich. Aus der Gegenrichtung.

      Der Kahlkopf sprang auf die Gleise, um den gegenüberliegenden Bahnsteig zu erreichen. Auch dort lagen Menschen am Boden.

      Newbys Idee war raffiniert er wollte die heranfahrende U-Bahn zwischen sich und uns bringen.

      Wenn er sich ganz darauf konzentriert hätte, wäre er uns wahrscheinlich entkommen. Aber er hatte es sich in den Kopf gesetzt, sich mit einem Feuerstoß aus seiner Uzi von uns zu verabschieden.

      Er schoss, zwang uns auf die kalten Steinplatten, und als er das zweite Gleis überqueren wollte, stolperte er.

      Gnadenlos schob sich die abbremsende U-Bahn über ihn.

      Eine Stunde später würden alle Augenzeugen dieser Szene die Mitternachts-News einschalten. Und erfahren, dass die Bahn einem flüchtigen Mörder und Kidnapper beide Beine abgetrennt hatte.

      32

      Es wurde eine lange Nacht. In der Zentrale an der Federal Plaza schauten wir uns die Videoaufnahmen an, die wir im Hubschrauber auf dem Hoteldach sichergestellt hatten. Keiner von uns sprach viel.

      Ich sah, wie die Kiefermuskulatur unseres Chefs arbeitete. Selbst einem erfahrenen FBI-Agenten wie Jonathan D. McKee verschlug es schlicht die Sprache bei so viel Kaltblütigkeit.

      Männer und Frauen saßen da in dem japanischen Ambiente der Hotelsuite im Lexington und lieferten ihre engsten Angehörigen ans Messer. Lauter Leute aus dem Geldadel der Stadt. Und alles mit dem Ziel, horrende Versicherungssummen oder Erbschaften zu kassieren.

      Clive wühlte die ganze Zeit in einem Stapel Papier vor sich auf dem Tisch. Die Versicherungsfälle, die ihm die Juristen der Versicherungsgesellschaften überlassen hatten. Immer, wenn ein neues Gesicht auf dem Bildschirm auftauchte, zog er das zu dem Namen passende Dokument heraus und reichte es in unsere Runde.

      Die Frau des Finanzbeamten, den die Klapperschlange getötet hatte, der Bruder eines Mannes, der beim Bergsteigen abgestürzt war, der Reeder, dessen Neffe von Kampfhunden zerfleischt worden war, der Bankdirektor, dessen Frau mit dem Fesselballon abstürzte sie alle tauchten auf dem Bildschirm auf.

      Und natürlich Vanhouven. Sachlich und in tadelloser Business Manier gab er den Tod seiner Frau in Auftrag. Aus seinem Gespräch mit der Lady, die mir auf dem Hoteldach das Lebenslicht ausschalten wollte, erfuhren wir, dass seine Firma kurz vor dem Bankrott stand und seine Frau hoch versichert gewesen war.

      Auch ganz aktuelle Fälle klärten sich auf: Der plötzliche Tod eines Drehbuchautors und der Absturz eines Fallschirmspringers Anfang der Woche.

      Die Frau, die die Aufträge entgegennahm, musste über ein ganzes Heer von Spezialisten verfügen. Ihre Reibeisenstimme jagte mir schon nach einer halben Stunde jedes Mal einen kalten Schauer über den Rücken.

      Die letzte Aufnahme zeigte einen weißblond gebleichten Yuppie mit einem Goldreif im Ohr. Er wollte den Tod seines Vaters und dessen Freundin kaufen. Die Chefin dieses zynischen Dienstleistungsunternehmens sagte ihm baldige Auftragserfüllung zu.

      Dann war Schluss.

      Minutenlang blieben wir stumm. Nicht mal unsere Kaffeetassen rührten wir an.

      Irgendetwas an der letzten Aufnahme hatte meine innere Stimme geweckt. »Spul noch mal zurück, Orry.«

      Medina richtete die Fernbedienung auf den Recorder. Der junge Kerl mit der Wasserstoffsuperoxyd Frisur flimmerte noch einmal über den Schirm.

      »Das Datum«, sagte ich.

      Ein Ruck ging durch meine Kollegen. Wie elektrisiert saßen sie plötzlich kerzengerade auf ihren Stühlen und in den Sesseln.

      Das eingeblendete Datum war noch jung. Sehr jung.

      »Erst drei Tage her«, sagte Milo.

      »Greifen Sie sich den Mann, Gentlemen!« Unser Chef griff zum Telefon. »Vielleicht ist noch etwas zu retten!«

      33

      Wir teilten uns auf, Milo und ich fuhren am frühen Morgen, es war noch stockdunkel, zum Washington Square, wo der Vater des mörderischen Yuppies wohnte. Wir hielten vor der Adresse, die Mr. McKee telefonisch ausfindig gemacht hatte - ein Jugendstilschlösschen. Eines von den exotischen Bauwerken, wie sie in dem Stilmischmasch des letzten Jahrhunderts überall in New York entstanden waren. Da kupferten die Architekten der Stadt von den Baumeistern der europäischen Renaissance genauso begeistert ab, wie von den altgriechischen Tempeln oder den holländischen Hausfassaden der Romantik. Sogar Miniaturausgaben des Kölner Doms bauten sie. Und ebensolche kleinen Schlösschen.

      Hinter den gotischen Fenstern war alles dunkel. Wir drückten den Klingelknopf am gusseisernen, mannshohen Gartentor.

      Eine weibliche Stimme quäkte aus der Sprechanlage.

      »FBI«, sagte ich. »Wir müssen Mr. Cord sprechen es ist sehr dringend!«

      »Mr. Cord und seine Frau haben vor einer Stunde das Haus verlassen.«

      »Wohin?«

      »Sie sind zum Hafen. Sie wollen im Morgengrauen in See stechen.«

      Die Haushälterin nannte uns den Pier am Hudson.

      Wir sprangen in den Dienstwagen und rasten los.

      34

      Es klingelte Sturm. Silvester Cord räkelte sich ein paar Mal im Bett. Das Klingeln ärgerte ihn. Sein Digitalwecker zeigte immerhin an, dass es noch nicht mal fünf Uhr war. Aber irgendwann würde auch der hartnäckigste Störenfried aufgeben.

      An diesem Morgen nicht. Es klingelte unablässig.

      Cord rieb sich die Augen. Fluchend schob er sich aus dem Bett, ging durch den Salon seines weiträumigen Apartments und trat auf den Balkon.

      Zwölf Stockwerke unter ihm, auf der Straße, sah er etwas, das ihn schlagartig hellwach werden ließ: Ein Fahrzeug mit blinkenden Rotlichtern. Kein Streifenwagen. Also waren die beiden gestikulierenden Männer vor der Haustür sie hatten ihn auf dem Balkon entdeckt Zivilbeamte von der City Police.

      Was, zum Teufel, hatte er mit der City Police zu schaffen?

      Nichts, dachte er, also mach auf.

      Er ging zur Wohnungstür und betätigte den Türöffner.

      Vielleicht wollte man ihm den Tod seines Vaters mitteilen, schoss es ihm durch den Kopf, und eine seltsame Erregung