Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket. A. F. Morland. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: A. F. Morland
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783745212730
Скачать книгу
sie die wenigen verräterischen Papiere in einer Reisetasche verschwinden ließ auch die Festplatte ihres PCs und einen Stapel Disketten warf sie immer wieder einen prüfenden Blick auf ihren Assistenten. Er verstaute alles in den Koffer das Bargeld, die Aktien und Wertpapiere, und vor allem das halbe Dutzend Videokassetten. Ihre Verträge - sie hatte vor, mit diesen Aufnahmen noch eine Menge Geld zu machen.

      Gordoner klappte die Aluminiumkiste zu.

      »Fertig?«, fragte die Chefin.

      Er nickte.

      »Aufs Dach damit. Hier, nehmen Sie die Tasche auch mit. Ich komme gleich, nur noch ein paar Kleinigkeiten.«

      »Sie wollen verreisen, Madam?«

      »Nein, aber glauben Sie, ich lasse mein Vermögen unbeaufsichtigt in einem Helikopter davonfliegen?«

      Der Mann schluckte es und eilte zur Tür hinaus.

      Sie lauschte. Rotorenlärm näherte sich.

      Sie packte noch einige Wertsachen und Dokumente in einen kleinen Lederkoffer.

      Ein letzter prüfender Blick auf Schreibtisch, Regal und in den Tresor. Okay - nichts wie aufs Dach.

      In dem Augenblick ging die Tür auf. Ein Haufen fremder Leute stand davor, verängstigt und bleich. Zwei Frauen und vier Männer. Dahinter, bewaffnet, Marilyn und Howard.

      Mit äußerster Anspannung gelang es Modeste, den eiskalten Schrecken, der ihr in die Glieder gefahren war, zurückzudrängen. »Na endlich!«, blaffte sie. »Wo bleibt ihr denn, Kinder? Los, aufs Dach, der Helikopter wartet!«

      Marilyns angespannte Züge hellten sich auf. Der Chefin fiel auf, dass ihre Nasenflügel bebten und die Mundwinkel zuckten.

      Howard Newby dagegen bekam schmale Augen.

      Sie ließ ihm keine Zeit, seinen Verstand zu benutzen. »Beweg dich, Howard, beweg dich! Sperr diese Leute in die Sauna, los!«

      »Wir brauchen Geiseln!«, keuchte er. Weiter nichts.

      Ich krieg ihn, dachte sie befriedigt. Und sie sagte: »Zwei reichen, wir nehmen die beiden Frauen mit. Die Männer sperr ein, mach schon!«

      Er gehorchte widerspruchslos.

      Sie kannte das. Ihre Stimme, ihr Blick, ihre bloße Gegenwart reichten, um Menschen zu verunsichern. Sie hatte schon halb gewonnen.

      Howard schloss die Männer in der Sauna ein. Die Chefin und Marilyn hasteten mit den Frauen voraus zum Aufzug.

      Modestes Hirn spielte ein halbes Dutzend Modelle durch, wie sie Howard und Marilyn loswerden konnte. Noch vor dem Aufzug? Oder Howard erschießen, bevor er einstieg? Oder am Hubschrauber?

      Sie musste ihn irgendwie daran hindern, die Maschinenpistole zu benutzen. Mit Marilyn würde sie schon fertig werden.

      Sie entschied sich genau in dem Augenblick, als sich die Aufzugstüren auseinander schoben. Howard kam eben erst aus der Suite gerannt.

      Er war noch etwa zehn Schritte entfernt. Sie drängte sich an Marilyn und den beiden Geiseln vorbei und zog ihre Waffe aus der Handtasche. Sie drückte den Knopf über der 20, dann erst fuhr sie abrupt herum, riss die verblüffte Marilyn mit sich in den Aufzug, so dass sie auf den Boden stürzte und stieß die beiden Frauen gegen den herbeieilenden Howard.

      Er torkelte rückwärts gegen die Wand. Die Uzi polterte auf den Teppichboden des Hotelganges. Die Geiseln schrien entsetzt auf.

      Und die Aufzugtür schob sich vor die Szene. Schlagartig wurde es still.

      Die Chefin wirbelte herum. Doch die völlig überrumpelte Marilyn war außerstande, ihre Waffe in Anschlag zu bringen.

      Der Aufzug setzte sich in Bewegung. Modeste fixierte die junge Frau vor ihr auf dem Boden mit kaltem Blick. Das Lächeln ihrer schmalen Lippen gefror. Blitzschnell bückte sie sich und nahm Marilyn den Revolver aus der Hand. Marilyn machte nicht mal den Versuch, sich zu wehren.

      Ihre Augen weiteten sich. »Warum tun Sie das, Chefin? Wir müssen doch...« Der stechende Blick über ihr ließ sie verstummen.

      Sie setzte sich auf und schob sich in eine Ecke des Aufzugs.

      »Was wollen Sie mit mir machen?«

      Ihre Schultern zogen sich zusammen. Die Unterlippe flatterte, als würde sie nicht zu ihrem Gesicht gehören.

      »Bitte nicht!«, winselte sie. »Bitte, bitte...«

      Die Chefin hob langsam die Walther. »Du hast drei gute Jahre bei mir gehabt, stimmt’s?«

      »Ja, ja, Chefin. Gute Jahre, Mrs. Goldberg. Bitte, bitte...«

      »Drei gute Jahre sind doch besser als 30 Jahre in der Gosse, oder?« Die rauchige Stimme der Chefin klang jetzt wieder fast so wohlwollend wie sonst. Marilyn schöpfte Hoffnung.

      »Ja, genau. Sie haben Recht, Chefin, ja, ja...« Sie lachte hysterisch.

      »Na siehst du, Kind.«

      Die beiden Schüsse machten einen höllischen Lärm in dem kleinen Aufzugsraum. Es war, als hätte man zwei Handgranaten gezündet.

      30

      Von der Treppe zum Hoteleingang aus sah ich eine ganze Armada von Streifenwagen heranrasen. Ich hörte Rotorenlärm und schaute in den Nachthimmel. Über dem gegenüberliegenden Haus schwebte ein Helikopter heran.

      Milo und ich stürmten in die Eingangshalle. Flüchtig nahm ich einen Wald von Steilwänden wahr, die mit Gemälden vollgehängt waren.

      »Wo sind sie?«, brüllte Milo den Mann an der Rezeption an.

      Der deutete erschrocken auf den rechten der beiden Aufzüge. Die Digitalanzeige über der Aufzugstür zeigte eine Sechs.

      Cops stürmten in die Empfangshalle. Milo schickte einige über die Treppe in den sechsten Stock.

      »Ich fahre hoch aufs Dach!«, rief ich. Der Helikopter ging mir nicht aus dem Kopf.

      Milo kapierte sofort, worum es ging. »Aber nicht allein, mein Freund. Nimm zwei der Jungs mit. Ohne dich würde mir der Job keinen Spaß mehr machen.«

      Ich holte den linken Aufzug, Milo den rechten. »Du kannst wohl auch nur Liebeserklärungen machen, wenn’s ans Eingemachte geht, was?«

      Mein Partner grinste. »Kate ist da anderer Meinung.«

      Er verschwand mit vier Cops im Aufzug. Ich fuhr mit zwei der Kollegen aufs Dach.

      Wir pressten uns eng an die Seitenwände des Aufzugs, als sich die Etagenanzeige den oberen Knöpfen näherte. Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, dass der Beamte mir gegenüber ein Gesicht machte, als müsste er sich jeden Moment übergeben. Er war höchstens Mitte 20. Unter dem Schirm seiner Mütze glänzte ein Schweißfilm.

      Fragend sah ich seinen Kollegen an, der neben mir stand. Ein alter Hase, den ich schon bei anderen Gelegenheiten kennen gelernt hatte.

      Der zuckte mit den Schultern. »Sein erster Einsatz.«

      Auch das noch.

      »Kommen Sie klar?«, fragte ich den Jungen.

      Er nickte. Viel zu hastig, um glaubhaft zu wirken.

      Die Aufzugstür schob sich auseinander. Rotorenlärm dröhnte.

      Vor dem offenen Cockpit stand eine Frau und reichte dem Piloten Gepäckstücke herein.

      »FBI!«, brüllte ich. »Keine Bewegung!«

      Die Frau schoss ohne Vorwarnung. Sie hielt einfach drauf.

      Hinter mir hörte ich den Kollegen auf schreien. Der Junge warf sich auf das geteerte Flachdach, das von einer wallartigen Kupferbrüstung umgeben war, und drückte ebenfalls ab.

      Die