Ein kleiner, dicker Mann saß vor einem riesigen Steak und Bount dachte sich, dass dieser Mann Arthur Dickson musste.
"Mister Dickson?"
Der Mann blickte auf, kaute seinen Bissen zu Ende und murmelte dann: "Was wollen Sie? Ich kenne Sie nicht!" Bount setzte sich zu ihm an den Tisch.
"Ich Sie auch nicht, aber die Beschreibung Ihrer Sekretärin passt auf Sie..."
Dickson verzog das Gesicht.
"So?"
"Mein Name ist Bount Reiniger. Miss Kostler hat mich engagiert wegen der Sache mit ihrem Vater." Dickson blickte auf und nahm einen Schluck aus dem Glas Rotwein, das neben seinem Teller stand. Dann wischte er sich mit der Hand den Mund ab und schob den halb abgegessenen Teller ein Stück von sich weg.
Aus irgendeinem Grund schien ihm der Appetit mit einem Mal vergangen zu sein.
"Was wollen von mir, Mister Reiniger? Ich bin ein vielbeschäftigter Mann, und wenn Sie mir schon meine Mittagspause stehlen, dann haben Sie dafür hoffentlich einen guten Grund!"
"Ich habe ein paar Fragen", erklärte Bount sachlich. "Und diese Fragen halte ich für einen guten Grund!" Dickson machte ein zweifelndes Gesicht.
"Ich habe eigentlich keine Lust, mich mit Ihnen zu unterhalten!"
"Sie haben Gelder der Larry Kostler Holding veruntreut, nicht wahr?"
Er runzelte die Stirn, dann löste er den obersten Hemdknopf, so dass sein Doppelkinn etwas mehr Platz bekam. Dickson schien sich sichtlich unwohl in seiner Haut zu fühlen und Bount konnte das durchaus nachvollziehen.
"Sie können es ruhig zugeben, Mister Dickson. Ich weiß es, die Polizei weiß es."
"Es hat mich niemand angeklagt."
"Weil niemand einen Skandal wollte."
"Sehr richtig. Mr. Kostler und ich waren uns einig, dass..."
"Was, wenn Kostler und Sie sich doch nicht so einig gewesen sind, wie Sie es allgemein glauben machen wollen und er Sie auf irgendeine Art und Weise ans Messer liefern wollte."
"Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen, Mister Reiniger. Ich habe aber nicht die Absicht, dieses Spiel mitzumachen!"
"Es ist kein Spiel, Dickson!"
Der dicke Mann zuckte mit den Schultern.
"Wie dem auch sei." Dann verengte er die Augen und fixierte Bount Reiniger mit einem ärgerlichen Blick. "Sie wollen doch nicht behaupten, dass ich in dem Wagen gesessen habe, von dem aus auf Mister Kostler geschossen wurde!"
"Sie hätten vielleicht ein Motiv!"
"Aber ich habe ein handfestes Alibi! Ich war auf einer Konferenz, als es passierte! Dafür gibt es ein halbes Dutzend Zeugen!"
"Sie könnten die Tat in Auftrag gegeben haben, Mister Dickson!"
Er wurde noch bleicher, als er ohnehin schon war. Dann bleckte er wütend die Zähne.
"Guten Tag, Mister Reiniger! Ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen!"
Reiniger erhob sich.
"Ich schätze, dass ich nicht der einzige bleiben werde, der Ihnen diese Fragen stellt!"
Dicksons Gelassenheit machte auf Reiniger einen gespielten Eindruck.
"Abwarten, Reiniger!"
"Auf Wiedersehen, Mister Dickson. Es würde mich nicht wundern, wenn wir uns in nächster Zeit noch öfter über den Weg laufen!"
Während Reiniger schon in Richtung Tür unterwegs war, knurrte Arthur Dickson noch etwas Unverständliches vor sich hin. Aber es hörte sich alles andere als freundlich an.
11
Toby Rogers war nicht gerade gelaunt, als Bount ihn auf dem Flur abpasste.
"Ah, Bount! Du hast mir heute noch gefehlt!" Er keuchte und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Du solltest langsam mal ans Abnehmen denken, Toby, dachte Bount bei sich, aber er hütete sich davor, es auch laut auszusprechen.
"Hey, Toby! Was soll denn das heißen? Ich dachte, wir sind Freunde!"
"Klar, sind wir auch! Aber wenn du hier auftauchst, dann gibt das garantiert Arbeit für mich! Und stecke schon bis über beide Ohren drin! Bis über beide Ohren, hörst du, Bount?" Rogers stemmte die Arme in die Hüften und baute sich breitbeinig auf.
Bount wollte nicht wissen, auf welche Werte der Blutdruck des Polizei-Captains in den letzten zwanzig Sekunden gestiegen war.
Rogers atmete tief durch und quetschte dann zwischen den Lippen hindurch: "Also schieß los! Worum geht's?"
"Es geht um den Mordfall Kostler."
"Larry Kostler?"
"Ja, welcher Kostler wohl sonst!"
"Ein Mann aus meinem Revier bearbeitet den Fall. Er heißt Cummings. Sieht ein bisschen merkwürdig aus, aber er soll ein ganz toller Hecht sein. So viele Belobigungen in einer Personalakte habe ich selten gesehen..."
"Ich habe mit Cummings bereits gesprochen. Die Sache ist die: Hinter dem Mord steckt wahrscheinlich Tony Maldini. Und ich möchte wissen, was der im Augenblick so treibt." Rogers pustete wie ein Walross.
"Komm mit!", meinte er. "Wozu habe ich schließlich so ein gastliches Büro?"
Wenig später saßen sie sich dann in Rogers' Büro gegenüber.
Der Captain lehnte sich zurück und kratzte sich im Genick.
"Der Name Maldini dürfte dir doch noch von früher her geläufig sein, Bount", meinte er.
Reiniger nickte.
"Ist er auch. Aber das ist schließlich schon eine ganze Weile her!"
"Aber einer wie Maldini ändert sich nicht. Der steigt entweder auf oder endet vorher als Wasserleiche im East River - mit einem schönen, runden Loch in der Stirn!"
Bount Reiniger zog die Augenbrauen in die Höhe.
"Nach allem, was man hört ist Maldini aufgestiegen!"
"Kann man wohl sagen! Früher haben wir ja immer vermutet, dass er illegal Elektronik in den Ostblock exportiert hat. Aber das ist lange her. Heute vermutet man ihn hinter Waffenschieber-und Drogenringen. Aber wir konnten dem verflixten Hund bisher nichts nachweisen. Er ist einfach zu geschickt! Strohmänner machen die Drecksarbeit für ihn und die schweigen eisern, denn jeder von ihnen weiß, dass ein toter Mann ist, sobald er singt. Sein Arm reicht bis in die Gefängnisse hinein - vielleicht sogar bis in die Polizei und die Staatsanwaltschaft."
"Dann gibt es also im Grunde genommen nichts Neues!"
"Nein. Was Maldini angeht nicht. Es ist alles nur ein paar Nummern größer geworden."
"Nichts Konkretes?"
"Bount, wenn ich etwas Konkretes hätte, würde er nicht mehr frei herumlaufen und seine unsauberen Geschäfte machen!"
"Verstehe..."
"Dann ist da allerdings noch etwas, das dich interessieren könnte."
In Bounts Augen blitzte es.
"Heraus damit, Toby!"
"In den letzten Wochen gibt es eine Art Mord-Serie. Alle begangen in der Art von professionellen Killern - so, wie es auch bei Larry Kostler der Fall zu sein scheint. Alle Opfer hatten etwas gemeinsam: Sie machten Geschäfte mit Tony Maldini!"
"Eine Säuberungsaktion?"
"Ja, so etwas in der Art muss es wohl sein."
"Ich möchte eine Liste der Opfer."
"Kannst