"Nein. Da ist noch etwas Spezielles..." Brady zog die Augenbrauen hoch.
"Raus damit, Reiniger!"
"Irgendjemand hat es auf Larry Kostler von der Larry Kostler Holding abgesehen. Gestern ist auf ihn geschossen worden, jetzt liegt er in der Intensivstation..."
"Und Sie denken, dass Maldini dahintersteckt."
"Ja."
"Das ist 'ne heikle Sache!"
"Ich weiß."
"Wenn Maldini tatsächlich dahintersteckt, macht er das so, dass niemand die Sache mit ihm in Verbindung bringen kann. Profis, Sie verstehen?"
"Natürlich. Versuchen Sie trotzdem, etwas aufzuschnappen."
"Dafür reicht das aber nicht, was Sie mir gerade gegeben haben!"
Bount Reiniger lachte und legte Brady die restlichen Scheine hin, die er noch in der Hand hielt. Dann drehte Bount sich um und ging.
5
Draußen war das Wetter immer noch hundsmiserabel. Aber immerhin war der Platzregen von einem beständigen Nieseln abgelöst worden.
Bount Reiniger schlug sich den Mantelkragen hoch und beeilte sich damit, hinter das Steuer seines 500 SL zu kommen. Eine halbe Stunde später war Bount Reiniger auf der Intensivstation jener Klinik, die Geraldine ihm angegeben hatte. Als er das rotgeweinte Gesicht der jungen Frau sah, wusste er, dass etwas geschehen war. Es war nicht schwer zu erraten, was... Bount legte ihr den Arm um die Schulter und gab ihr sein Taschentuch.
"Er ist tot", murmelte sie. "Dad ist tot! Er ist seinen Verletzungen erlegen, hat der Arzt gesagt. Sie konnten nichts mehr machen..."
"Es tut mir leid für Sie, Geraldine!"
Sie blickte auf und Bount Reiniger geradewegs in die Augen.
"Jetzt ist ein Mordfall daraus geworden, nicht wahr?" Bount nickte.
"Ja."
"Ich möchte, dass Sie den finden, der meinen Vater umgebracht hat. Geld spielt dabei keine Rolle!"
"Ich werde tun, was ich kann, Miss!"
"Tun Sie das, Bount!"
"Sind Sie mit dem Taxi gekommen, das da draußen wartet?"
"Ja."
"Soll ich Sie nach Hause bringen?"
Zwei Sekunden lang schien sie unschlüssig zu sein und zu überlegen.
Aber dann nickte sie schließlich.
"Ja."
Es machte den Eindruck, als wären ihre Gedanken weit weg. Sehr weit...
6
Sie fuhren durch den dichten Stadtverkehr und den Regen. Beide schienen innerhalb der letzten halben Stunde wieder zugenommen zu haben.
Sie sprachen kaum mehr als das Nötigste.
Geraldine wohnte in der Villa ihres Vaters, draußen auf Long Island.
Und genau dorthin ging es jetzt.
Vielleicht würde es etwas bringen, sich dort etwas umzusehen, irgendetwas - und wenn es nur eine Kleinigkeit war... Wenn es wirklich Maldini war, der hinter diesem Mord steckte, dann würde die Schwierigkeit darin bestehen, es ihm zu beweisen. Zumindest, dass er den Auftrag gegeben hatte. Den Mann, der der den Abzug der Schalldämpfer-Pistole betätigt hatte, würde man wahrscheinlich in hundert Jahren nicht in die Hände bekommen.
Der hatte sich wahrscheinlich längst abgesetzt und war über alle Berge. Und irgendwann würde er dann wieder aus dem Nichts heraus auftauchen, um einen anderen Menschen umzubringen, für einen anderen Auftraggeber...
Aber vielleicht hatten sie Glück und es handelte sich um einen Killer, der öfter für Maldini arbeitete, einen aus seinem eigenen Stall.
In dem Fall gab es vielleicht eine Fährte, die nicht schon völlig kalt war.
Und vielleicht war in Larry Kostlers Haus, in seinen Unterlagen, privaten Aufzeichnungen, irgendwo etwas zu finden, dass auf Maldini hindeutete.
Während der 500 SL über die Straße glitt, blickte Bount kurz zu Geraldine hinüber, die mit in sich gekehrtem Gesicht neben ihm auf dem Beifahrersitz saß und hinaus aus dem Fenster blickte.
Direkt in den trostlosen Regen hinein.
Und genau so sah es auch wohl in ihrem Inneren aus. Bount hatte Verständnis dafür. Aber vielleicht war es an der Zeit, sie ein wenig abzulenken.
"Hat die Polizei Sie eigentlich schon vernommen, Miss?", fragte er plötzlich und unterbrach damit das Schweigen.
"Ja, kurz. Gerade eben im Krankenhaus. Der Mann ist gegangen, bevor Sie kamen, Bount..."
"Und?"
"Der Kerl hat mir wenig Hoffnung gemacht. Er meinte, so etwas würde in New York jeden Tag passieren. Jemand wird auf offener Straße erschossen und es kommt nie heraus, wer das war und wer den geschickt hat, der es war. Bandenmorde, Amokschützen, Psychopathen, Profikiller... Er hat mir alles Mögliche erzählt."
"Wie hieß der Mann?"
"Ich glaube Cummings. Kennen Sie ihn, Bount?"
"Nein."
"Einen sehr aufgeweckten Eindruck machte der jedenfalls nicht."
"Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich in den Sachen Ihres Vaters herumstöbern würde, Miss?"
"Nein. Was hoffen Sie denn zu finden?" Er zuckte mit den Schultern.
"Vorher weiß man das nie so genau!"
7
Die Villa der Kostlers war gut gesichert, das fiel Bount sofort auf. Es war das Haus eines Mannes, der in ständiger Angst davor gelebt haben musste, dass er eines Tages unliebsamen Besuch bekommen würde.
Jedenfalls machte es ganz den Anschein.
Eine hohe Mauer umgab das Anwesen und ein Wachmann öffnete für Bount Reinigers 500 SL das Tor, nachdem Geraldine sich an einem Sprechgerät zu erkennen gegeben hatte. Ein massives, gusseisernes Tor ging zur Seite und Bount fuhr den Wagen bis vor das Haus, das von einem weiträumigen Garten umgeben wurde.
Bount blickte sich kurz um und bemerkte die Video-Anlage, die das Grundstück überwachte. Irgendwo bellte ein Hund. Es war ein aggressives Geräusch und klang ganz und gar nicht nach einem Schoßhund.
Vielleicht ein Dobermann, überlegte Bount. Irgend so etwas in der Art musste es sein!
"Kommen Sie, Bount!", meinte Geraldine und öffnete die Tür. Sie stiegen beide aus, die Türen klappten zu.
Ein paar Stufen führten zu einem großen Portal und wenig später waren sie dann drinnen.
Ein Hausmädchen empfing sie bei der Tür.
Als sie dann in das große Wohnzimmer kamen, erstarrte Geraldine plötzlich.
Auf dem Sofa lag ein Mann.
Er lag ausgestreckt da, hatte die Schuhe ausgezogen und über den Teppich verstreut. Auf dem Tisch standen ein paar Flaschen, alles Spirituosen und ein Tropfen edler als der andere.
"Brian!", entfuhr es Geraldine Kostler völlig überrascht. Bount Reiniger hob die Augenbrauen und wartete ab. Geraldine ging auf Brian zu, der sich - offenbar mit einer Mühe - aufsetzte. In der Rechten hatte er ein Glas. Er rülpste ungeniert. Anscheinend hatte er ein paar Gläser zu viel zu sich genommen.
"Tag, Geraldine", murmelte er. "Wie geht's dir?" Sie schien alles andere, als erfreut zu sein.
"Seit