"Grüßen Sie ihn von mir, wenn Sie ihn sehen!"
"Ich sehe ihn öfter, als mir lieb ist!" Er atmete tief durch. "Ich schätze, Sie haben hier schon alles durchgewühlt."
"So ist das nun einmal, wenn man zu spät dran ist, Mister Cummings!"
"Wir waren in den Büroräumen."
"Habe ich mir gedacht."
"Haben Sie irgendetwas gefunden, dass für den Fall von Interesse sein könnte? Sie wissen, dass das Zurückhalten von Beweismaterial strafbar ist, nicht wahr?"
"Mister Cummings, ich schlage vor, dass wir zusammenarbeiten!"
Cummings lachte rau.
"Wie stellen Sie sich das konkret vor?"
"Ein Deal, Cummings! Sie sagen mir, was in den Büroräumen gefunden wurde, und ich sehe dann, was ich für Sie tun kann!"
"Oh, nein, Reiniger! So nicht!"
"Bitte, wie Sie wollen! Aber Sie könnten vielleicht eine Menge Zeit sparen!"
Cummings schien unsicher.
Er kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Dann nickte er.
"Gut. Erst Sie, Reiniger!"
"Nein, umgekehrt!"
"Sie sind eine harte Nuss, Reiniger!"
"Wollen Sie weiter lamentieren, oder Ihre Pflicht tun und etwas unternehmen, damit ein Mörder gefasst wird!" Cummings bleckte die Zähne. Dann seufzte er hörbar.
"Sie haben gewonnen, Reiniger! Aber wehe, wenn Sie dann am Ende nichts vorzuweisen haben!"
"Schießen Sie los!"
"Wir haben die Leute in der Firma vernommen und die Büroräume durchsucht. Die Kostler Holding hat nicht mehr als zwei Dutzend Angestellte, obwohl sie einen Umsatz von mehreren hundert Millionen Dollar im Jahr hat. Diese Firma besitzt ihrerseits wiederum erhebliche Beteiligungen an verschiedenen Firmen und bestimmt zum Teil auch deren Firmenpolitik."
"Was für Firmen?"
"Quer durch den Garten. Von der Seifenfabrik bis zur Elektronik. Offensichtlich gab es Ärger in der Firma. Larry Kostler war mit einigen Angestellten nicht zufrieden und hat offenbar daran gedacht, sie zu feuern. Und dann hat es den Anschein, dass einer der Angestellten in die eigene Tasche gewirtschaftet hat... Ein gewisser Arthur Dickson."
"Ja", meinte Geraldine plötzlich. "Das stimmt! Dad hat herausbekommen, dass er mit Firmengeldern spekuliert hat."
"Und warum hat Ihr Dad diesen Dickson nicht entlassen?"
"Um einen Skandal zu vermeiden. Die Kostler-Aktien wären sofort in den Keller gegangen, wenn etwas durchgesickert wäre. Dad wollte mit ihm ein Arrangement treffen..." Cummings machte eine unbestimmte Geste mit der Hand.
"So, Reiniger! Jetzt sind Sie dran!"
"Ein bisschen dünn, was Sie da geboten haben, finden Sie nicht auch?" Er holte den zusammengeklebten Brief aus der Tasche und reichte ihn dem Kriminalbeamten. "Hier!"
"Was ist das?"
"Sehen Sie es sich das erst einmal genau an, bevor Sie fragen. Miss Kostler hat es in einem Jackett ihres Vaters gefunden!" Bount wandte sich an Geraldine. "Sie sollten dem Herrn jetzt sagen, was Sie wissen, Geraldine. Auch von ihrem Verdacht gegen Maldini..."
"Aber..."
"Ihr Dad ist tot und selbst wenn er sich in einem früheren Leben die Hände schmutzig gemacht hat - es kann ihm nun nicht mehr schaden, wenn es irgendjemand erfährt." Cummings runzelte die Stirn.
"Habe ich da eben 'Maldini' gehört?"
"Haben Sie", nickte Bount.
"Ich bin noch nicht lange hier in New York, aber selbst in der kurzen Zeit ist mir dieser verdammte Name schon ein paarmal zu Ohren gekommen!"
Bount zuckte mit den Schultern.
"Das wäre kein Wunder!", meinte er.
Und dann machte Geraldine ihre Aussage und Cummings anschließend ein langes Gesicht.
"Üble Sache!", meinte er. Er hob den Brief in die Höhe und fuhr dann fort: "Scheint wirklich alles darauf hinzudeuten, dass Maldini dahintersteckt... Welchen Namen trug Ihr Vater, bevor er seine Identität wechselte?"
Sie errötete und musste schlucken. Aber sie behielt die Fassung.
"Paul Thorrell", sagte sie dann.
9
Wenig später brachte Geraldine Bount Reiniger zur Tür.
"Was werden Sie jetzt unternehmen, Bount?" Aber Bount gab ihr keine Antwort, sondern stellte seinerseits eine Frage.
"Wo wohnt Mr. Dickson?"
Geraldine hob die Augenbrauen.
"Wollen Sie seine Adresse?"
"Ja, ganz richtig..."
"Er hat ein Apartment in der 27.Straße. Aber im Moment dürften sie ihn in seinem Büro antreffen. Sie wissen ja, wo das ist..."
"Ja."
"Was wollen Sie von Dickson?"
"Mit ihm reden!", gab Bount lakonisch zurück.
"Maldini ist der Mann, den Sie sich vorknöpfen müssen!", gab sie ihrer Überzeugung Ausdruck. "Ich glaube nicht, dass Dickson etwas mit Dads Tod zu tun hat!"
"Er hatte aber ein Motiv!"
"Sie meinen die Veruntreuung? Ich sagte doch, dass Dad ein Übereinkommen mit ihm treffen wollte. Sein Tod konnte ihm höchstens Nachteile bringen!"
"Ich möchte mich trotzdem mit ihm unterhalten. Wer weiß, was dabei herauskommt..."
"Und ich sage Ihnen, Sie irren sich, Bount!" Bount lächelte.
"Versuchen Sie nicht, mir vorzuschreiben, wie ich meine Arbeit zu machen habe, Geraldine!"
"Die Sache ist doch klar! Kümmern Sie sich um Maldini!"
"Soll ich vielleicht in Maldinis Büro spazieren - vorausgesetzt ich komme soweit - und ihn fragen, ob er zufällig der Mörder Ihres Vaters ist? Nein, so einfach geht das nicht! Das fängt man anders an..."
"Und wie?"
"Jedenfalls nicht, indem man vorzeitig sämtliche Pferde scheu macht!"
Sie atmete tief durch. Dann begegneten sich ihre Blicke. Sie sah ihn einen Augenblick lang ruhig an und meinte dann: "Vielleicht haben Sie recht, Bount! Vielleicht sollte ich Ihnen mehr vertrauen!"
Das war auch Bounts Meinung und so nickte er.
"Ja, Geraldine, das sollten Sie! Ich verstehe meinen Job!"
"So war das nicht gemeint!"
"Das weiß ich!"
"Sie sind ein toller Kerl, Bount!"
Und dann schlang sie plötzlich ihre schlanken Arme um seinen Hals und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss. Alles ging viel zu schnell.
Bevor Bount so recht gemerkt hatte, was hier gespielt wurde und den Zungenschlag erwidern konnte, war es auch schon vorbei.
Sie hatte sich von ihm gelöst und war etwas zurückgetreten.
"Machen Sie Ihre Sache gut, Bount!"
"Das verspreche ich Ihnen hiermit", murmelte Bount der noch immer ein wenig verwirrt war.
10
Bount Reiniger traf Arthur Dickson