"Aber..."
"Ich muss wissen, worum es geht, wenn ich Ihren Vater schützen soll! Jedenfalls ungefähr! Wenn Sie nur einen Mann brauchen, der mit einer Kanone umzugehen versteht, sollten Sie sich jemand anderen suchen!"
Bount hatte sich erhoben.
"So war das nicht gemeint", beeilte sich Geraldine. "Kann ich mich auf Ihre Diskretion verlassen?"
"So, als wenn Sie zur Beichte gehen würden." Sie schluckte.
3
Als Geraldine gegangen war und bei Miss March ihre Adresse, sowie die Adresse des Krankenhauses, in dem sich ihr Vater befand, hinterlassen hatte, wusste Bount Reiniger, dass sie ihm nicht alles gesagt hatte, was sie wusste.
Fest stand wohl, dass Larry Kostler nicht immer jener seriöse Geschäftsmann gewesen war, als der er heute auftrat. Die Tatsache allein, dass Kostler mit einem Mann wie Tony Maldini in Beziehung stand, belegte das noch nicht, denn Maldinis Unternehmen teilten sich in einen legalen und einen kriminellen Zweig - sowie alles was dazwischen denkbar war. Geraldine hatte gesagt, es sei vor vielen Jahren um ein illegales Waffengeschäft gegangen, bei dem Kostler dann ausgestiegen sei.
Und das hätte Maldini ihm nicht verzeihen können. Aus seinem Syndikat stieg man nicht so einfach aus. Kostler - er hatte damals diesen Namen noch nicht getragen - war untergetaucht und hatte unter neuer Identität von vorne angefangen. Aber jetzt - nach all den Jahren - schien Maldini auf ihn aufmerksam geworden zu sein...
Der Instinkt sagte Reiniger, dass da noch mehr war... Er konnte das nicht begründen, jedenfalls nicht logisch. Es war einfach so ein Gedanke, der ihn angeflogen hatte und sich nun hartnäckig in seinem Gehirn festsetzte.
Wie beiläufig griff Bount zum Telefon und wählte eine Nummer - eine Nummer, die er im Schlaf kannte.
"Hallo?", kam zwischen seinen Lippen hindurch, als auf der anderen Seite jemand den Hörer abnahm.
"Wer spricht dort?"
Es war eine unfreundliche, gestresste Männerstimme, die er da auf der anderen Seite hörte. Aber sie gehörte nicht dem Mann, den er jetzt sprechen wollte.
"Hier ist Bount Reiniger. Ist Captain Rogers zu sprechen?"
"Nein, Sir. Ist nicht da. Vielleicht kann ich Ihnen helfen!"
"Wann kommt Rogers zurück?"
"Keine Ahnung. Könnte länger dauern. Vielleicht am Nachmittag."
Reiniger verzog ärgerlich das Gesicht.
"Wiederhören", brummte er und legte auf. Dann erhob er sich ging hinaus zu June.
"Du kannst etwas für mich tun", meinte er. June lächelte von einem Ohr zum anderen.
"Aber immer, Bount!"
"Bring alles in Erfahrung, was sich über Larry Kostler herausbekommen lässt! Das dürfte nicht allzu schwierig sein, schließlich ist er relativ bekannt!"
"Okay, Bount. Und wohin gehst du?"
"Kleiner Ausflug", meinte er nur und grinste. Und dabei hatte er schon den Mantel gegriffen. Draußen regnete es Bindfäden.
4
Es war eine ziemlich heruntergekommene Bar. Dicke Rauchschwaden hingen über den einfachen Tischen. An der Theke saßen ein paar Damen des horizontalen Gewerbes herum und tranken mit verkaterten Gesichtern Kaffee. Es war noch zu früh am Tag. Zu früh, um zu arbeiten, zu früh für Kundschaft. Ein Stockwerk höher war das, was sich offiziell ein Hotel nannte. Dort hatten die Frauen ihre Zimmer.
Der dicke Barkeeper hinter dem Schanktisch, der höchstwahrscheinlich auch sein eigener Rausschmeißer war, hatte durchgehend geöffnet. Er konnte es sich nicht leisten, auch nur einen Cent zu verschenken, den irgendein Zecher hier vertrinken wollte.
Als Bount Reiniger den Laden betrat, glitt sein Blick schnell durch den Raum. Dann, als er zum Billardtisch sah, hatte er gefunden, was er suchte.
Ein kleiner, fast kahlköpfiger Mann versuchte sich dort in verschiedenen Kunststößen.
Er spielte allein.
Das war der Mann, den Reiniger gesucht hatte!
"Tag, Brady!", meinte der Privatdetektiv knapp, als er zu ihm an den Billardtisch ging.
Brady blickte auf und runzelte zunächst die Stirn. Dann entspannte sich sein Gesichtsausdruck ein wenig. Schließlich grinste er von einem Ohr bis zum anderen.
"Tag, Reiniger. Wie geht's?"
"Ich kann nicht klagen. Und Ihnen?"
"Die Zeiten sind hart für Leute wie mich!"
"Für Leute wie Sie gibt's doch immer ein paar Schleichwege oder irre ich mich da etwa?" Reiniger hatte damit rechnen können, Brady um diese Zeit hier anzutreffen.
Er war ein Hehler, der Geschäfte mit allem machte, was sich zu Geld machen ließ.
Roy Brady war fünf Nummern kleiner als Leute vom Schlage eines Tony Maldini, aber mit diesen hatte er gemein, dass die eine Hälfte seiner Geschäfte diesseits, die andere Hälfte jenseits der Grenze lag, die das Gesetz zog.
Brady handelte mit allem.
Auch mit Informationen und genau das war der Grund, weshalb Bount Reiniger ihn ab und zu aufsuchte.
Bount blickte sich nach den Mädchen an der Theke um, aber die kümmerten sich nicht um ihn oder Brady.
Und auch der Barkeeper machte sich - nach ein paar anfänglichen misstrauischen Blicken - an seinen Gläsern zu schaffen.
Er spülte ab und schepperte dabei so laut herum, dass das allein schon einen guten Schutz gegen unliebsame Zuhörer bedeutete.
"Ich schätze, Sie sind nicht gekommen, um mir beim Billard zuzusehen!", meinte Brady.
"Nein, das ist richtig."
"Kommen Sie! Es ist langweilig, allein zu spielen!"
"Nein, danke. Ich habe es ziemlich eilig." Brady ließ die Kugeln über den Tisch sausen, dann richtete er sich auf und stützte den Kö auf den Boden.
"Also... Zur Sache, Reiniger! Was wollen Sie wissen?"
"Tony Maldini...", murmelte Bount.
Brady pfiff durch die Zähne.
"Wie kommen Sie denn an den?"
"Meine Sache."
"Gut, aber Auskünfte über Maldini sind nicht billig, Reiniger!"
"Ich verstehe..."
Bount Reiniger griff in seine Manteltasche und holte ein paar Scheine heraus, von denen er Brady einige auf den Billardtisch legte.
Brady zählte nach und steckte das Geld weg. Aber sein hungriger Blick blieb bei den Scheinen, die Bount noch in den Händen hielt.
"Was wollen Sie über Maldini wissen?"
"Alles. Was macht er im Moment so?"
"Sie sind doch mal bei der Polizei gewesen, oder?"
"Ja..."
"Dann dürfte Ihnen der Name Maldini doch geläufig sein, Mister Reiniger!"
"Ist er mir auch. Ich möchte aber wissen, was er jetzt so treibt."
"Dasselbe wie eh und je. Aber er bemüht sich nun sehr darum, saubere Finger zu behalten. An seinen Händen klebt kein Blut, nicht einmal Dreck. Da achtet er sehr drauf. Wollen Sie genau wissen, in welchen Geschäften er im Moment drinhängt?"
"Ja, das kann nicht schaden. Hören Sie sich in der Szene um!"
"Gut,